IRGENDWO . HIN
Aus der großen, weißen Plastiktragtasche schaut ein Gummistiefel hervor. „Wir gehen zu Samonig”, steht auf der Einkaufstasche die als Reisetasche für die Schuhe verwendet wird. Auf dem Bahnsteig in Villach läuft ein junges Mädchen von einer Bank zu nächsten, während die jungen Eltern sich voneinander verabschieden und sich dabei immer fester umklammern. Der Mann ist seinen Handbewegungen nach nicht der Vater und das Mädchen versucht sich dazwischen zu drängen. Sie verlangt von der Mutter immer wieder, dass sie ihr eine Rolle Kekse aus dem Süßwarenautomat besorgt. Die Mutter weigert sich dafür einen Euro auszugeben. Kurz vor der Ankunft des Zuges nimmt sie eine Rolle Keks aus ihrer Handtasche und gibt sie ihrer Tochter. |
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BE . WEGLICHKEIT
Am Himmel sind dunkle und helle Wolken in verschiedenen Größen und Formen. Ovale, sechseckige und übereinandergeschichtete Wolken. Für kurze Zeit scheint am Morgen die Sonne, dann wird sie von einer Wolke verdeckt. Der Junghase bleibt in der Mitte vom Fahrradweg stehen und verschwindet beim nächstem Pedaltritt mit einem Sprung in der Wiese. Dann sind die spitzen Ohren zwischen den Grashalmen zu sehen. Zwischen den Nadelbäumen blitzen verschiedene Farben auf, blau, orange, silber, hellgrün, rot das ganze Spektrum der Farben und verschwinden wieder. Zurück bleibt ein gleichmäßiges Rauschen, einmal drückt es auf das Ohr, ein andermal betäubt es den Kopf. Für einige Flügelschläge ist es ruhig und das Plätschern der Gail ist zu hören. Niemand hört ihr zu. |
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NACH . MITTAG
Im Montafon kehrt der Bauer, bekleidet mit einer Lederbundhose, von der Arbeit in das Haus zurück. Er geht durch den Garten, wo jetzt, Mitte August, die Preiselbeeren reifen. Er blickt auf die kurz gemähten Bergwiesen neben dem Stall. Dort sind die Sommergäste beim Golfspielen. Auf der anderen Seite der Silvretta Hochalpenstraße grasen weiße und braune Pferde. Der weiße Hengst ist beim Brunzen und hat seinen Schwanz in voller Länge und Größe ausgefahren. Die Damen, welche vor dem Golfclubhaus bei einer Tasse Kaffee sitzen, blicken mit Bewunderung zum Hengst. Die Bäuerin öffnet die Stalltür und treibt sechs Ziegen auf die Weide. |
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TODT – ARBEITER
Auf einer Schautafel im Park des Schlosses Duino steht, dass die Stollen im Schlosspark von Todt – Arbeiter gebaut wurden. Gemeint sind Zwangsarbeiter während des 2. Weltkrieges. Das Wort Todt – Arbeiter trifft das Los der Zwangsarbeiter genau. Das die Sichtweise über die Zeit des Nationalsozialismus ganz unterschiedlich ist, kann man erfahren, wenn man mit Menschen der Kriegsgeneration in das Gespräch kommt. Wir, die Nachkriegsgeneration, würden viel zu schnell urteilen und verurteilen, ohne selbst diese Zeit erlebt zu haben. „Man muss die dreißiger Jahre erlebt haben, um urteilen zu können, meinte ein Zeitzeuge. Es zogen viele Zigeuner, Bettler und Musikanten durch die Ortschaften des Unteren Gailtales. Sie spielten vor den Häusern für ein Stück Brot oder zehn Groschen. Es herrschte soviel Armut und Arbeitslosigkeit. Nach dem Einmarsch Hitlers in Österreich haben alle Arbeit bekommen, ein wirtschaftlicher Aufschwung hat eingesetzt. Die Bettler und die Zigeuner sind von der Straße verschwunden. Man sollte diese schönen Seiten von der NS-Zeit sehen und nicht sofort vom Krieg und von der Judenverfolgung sprechen”. |
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SPRACH . LOS
Lese ich andere Blog dann sehe ich, dass man oft zu aktuellen Tagesereignissen Stellung nimmt. Verbunden wird der Beitag mit einem Link zu einer Tageszeitung oder Zeitschrift. Dabei kommen mir meine Einträge weltfremd, fern dem aktuellen Geschehen vor. Ich wäre überfordert zu jeder Spitzenmeldung des Tages einen Kommentar zu schreiben. Zum Bestechungsskandal bei der Polizei, zum Bankenskandal bei der Bawag und Hypobank, zum Krieg im Nahen Osten oder zu den Terroranschlägen. In den meisten Blog wird dazu etwas geschrieben, was schon bekannt ist. Manche Ereignisse sind für mich zu weit entfernt. Wir werden davon nicht berührt, obwohl man vom globalem Dorf spricht. |
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FERRA . GOSTA
In Italien werden die Tage in der Augustmitte als Ferragosta bezeichnet, viele Firmen haben in dieser Zeit geschlossen. Der 15. August wird als Höhepunkt des Sommers überall mit Festessen, Tanzveranstaltungen und als Abschluss des Tages mit einem Feuerwerk gefeiert. Wer am 15. August in Venedig die Promenade am Meer in der Nähe des Markusplatz entlang spaziert wird feststellen, dass alle Anlegeplätze besetzt sind. Man sieht einfache Ruderboote genauso wie Luxusjachten. Überall wird gekocht, getanzt, und gesungen. Alle warten mit Spannung auf das große Feuerwerk am Abend zwischen dem Markusplatz und dem Lido. |
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SISSI
Seit Anita vor achtzehn Jahren in das Haus an der Fernstraße eingezogen war, hat der Autoverkehr stark zugenommen. Ein kleiner Vorgarten und eine hüfthohe Hecke trennen das Haus von der Fahrbahn. Immer weniger Sträucher werden im Frühjahr grün und sie verlieren bereits im Sommer die Blätter. Zurück bleibt eine Hecke aus dürren Ästen. Der Fahrtwind schleudert den Split und die Sägespäne auf den Rasen im Vorgarten. Auf den Fensterbänken ihrer Wohnung im Erdgeschoss liegt ein Gemisch aus Öl, Rußpartikel und Staub. Wenn es schneit, ist der Schnee nach wenigen Tagen grauschwarz. Beim Kochen spürt sie hinter dem Küchenstore die Blicke der Fernfahrer auf ihrem Gesicht. Fährt ein LKW knapp an der Hecke vorbei, tritt sie instinktiv ein paar Schritte zurück. Die Gespräche mit ihrem Freund Bruno beim Mittagessen werden oft durch die Geräusche der Sattelschlepper unterbrochen. Er zieht sich auf die Bank hinter dem Haus zurück. Das Haus gehört seiner Mutter, die im Obergeschoss wohnt. Die überladenen LkW bringen den Boden zum Zittern. Die Erschütterungen spürt man in der Wohnung beim Sitzen, beim Liegen im Bett und sie lassen sie abends lange nicht einschlafen. In ihren Träumen kehrt eine Situation immer wieder: Ein LKW kommt in das Schleudern, fährt auf das Küchenfenster zu, durchbricht die Hausmauer und landet in der Küche. Sie ist zwischen Motorblock und Wohnzimmerwand eingeklemmt, der Fahrer beugt sich aus dem Autofenster und verlangt von ihr einen Kaffee. |
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SCHLAGLOCH . SUCHE
Oft erzählt jemand, dass er auf der Suche nach sich selbst ist. Man weis nicht, wer man ist und wohin man will. Der Zweifel an sich selbst gehört zum menschlichem Leben. Nicht immer ist die Suche nach der eigenen Persönlichkeit abgeschlossen, es gibt Menschen die beenden das Leben als Suchende. Diese sind im Menschsein weitergekommen als diejenigen, welche die Suche frühzeitig abgebrochen haben, weil sie glauben, sich selbst gefunden zu haben. |
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EIN . PARKEN
Es gibt keine Pflanze, kein Tier, dass ohne Intelligenz auskommt. Egal ob dies eine Blume, ein Baum, eine Schlange oder Katze ist. Uns selbst sprechen wir die größte Intelligenz zu. Zu den größten Fortschritten der menschlichen Entwicklung gehören die Sprache und die Schrift. Sich in der Natur zu behaupten, sein Leben zu verteidigen und die notwendige Nahrung zu beschaffen, machen auch Pflanzen und Tiere. Die Verständigung mit Artgenossen durch Stimmen und ein soziales Netz findet sich bei vielen Lebewesen, ebenso das Weitergeben von Erfahrungen an die nächste Generation. Aber Informationen und Erfahrungen aufzuzeichnen über Jahrhunderte bzw. Jahrtausende ist nur dem Menschen möglich. |
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BUCHS . BAUM
Immer öfter sieht man in größeren Blumentrögen oder in Gartenanlagen kunstvoll zugeschnittene Buchsbäume, als Herz, als Kugel, als Reh oder auch als Schwan. In der Kindheit stand ein großer Immergrünstrauch im Hof unseres Anwesen. Der Strauch wurde von allen gemieden. Der Immergrünstrauch hatte Bereitschaftsdienst unter den Sträuchern. Gab es einen Todesfall, egal ob im Sommer oder Winter, wurden vom Immergrünstrauch Zweige abgebrochen und damit das Aufbahrungszimmer im Haus geschmückt. Damals wurden die Toten im Sterbehaus aufgebahrt. Am Fuße des Sarges stand eine Schüssel mit Weihwasser und darin ein Zweig Immergrün, mit dem man die Toten beim Ankommen besprengte. Der Immergrünstrauch war resistent gegen den kleinen Tod, den die übrigen Sträucher im Winter erfahren. |
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