Nachdem einige Lebensjahrzehnte hinter mir liegen erkenne ich, wie viel Sorgen und Leid die Zeit verursacht. Diese Einsicht habe ich heute, im letzten Drittel des Lebens, zurückblicken war früher kein Thema. Im ersten Drittel des Lebens, die ersten dreißig Jahre, gab es kein Zeitproblem. Im Vergleich zu heute wurde vieles in der halben Zeit erledigt. Ich orientierte mich an Dingen, die mir Spass gemacht haben und dafür war keine Zeit zu kostbar und es gab keinen ungünstigen Zeitpunkt. Ist es um Unterhaltung gegangen, dann war jede Tages- und Nachtzeit recht. Die Zeit für die dringenden Arbeiten sah ich in der nahen Zukunft, nicht in der Gegenwart.
Den größten Ärger mit der Zeit gab es im zweiten Drittel des Lebens. Dort ging es um den Erwerb, den Aufbau, ich hatte das Gefühl anderen hinterherzuhinken. Ich dachte an Dinge die ich auf keinen Fall versäumen wollte, dies hat zu Zeitproblemen geführt. Einige berufliche und menschliche Wünsche waren in meiner voraussichtlichen Lebenszeit nicht mehr unterzubringen. Für manche Wünsche gab es biologische Grenzen, andere Vorhaben können im Alter rein körperlich nicht mehr durchgeführt werden. Dieser Lebensabschnitt hatte auch seine gesundheitlichen Tücken, dabei konnte ich zuschauen, wie die Zeit den Berg hinab rinnt.
Wo vieles geglückt ist, ist der Moment gekommen, mit der Zeit Frieden zu schließen. Über manches, was ich erreicht habe staune ich, ich habe nicht mehr damit gerechnet. Heute betrachte ich jeden Tag als Geschenk, der nicht ungenützt verstreichen soll, aber ich will keine Forderungen stellen. Zum bisherigen Erlebten das Eine und das Andere neu dazu fügen. Meine Einstellung zur Zeit hat sich verändert. Ich denke daran, dass sich einige Dinge durch die Zeit selbst erledigen, aber auch von mir verschiedene Handlungen und Entscheidungen verlangt werden. Ich führe keinen Streit mehr mit der Zeit, kein Hadern, einmal hat die Zeit für mich ein Ende.
Alles hat seine Zeit.