Über dem Ehebett der Eltern hing dieses Bild. Abend für Abend bin ich davor am Holzboden gekniet, habe meine Hände gefaltet und gebetet: „Heiliger Schutzengel mein, lass mich dir empfohlen sein. In allen Nöten steh mir bei und halte mich von Sünden frei. Auch in dieser Nacht, halte bei mir treue Wacht. Amen.“
Von der Mutter wurde ich danach in die Mitte der breiten und hohen Ehebetten gelegt und roch den Duft von frischem Stroh, mit dem die Bettsäcke gefüllt waren. Der Schutzengel war für uns Kinder eine bildliche Vorstellung, der uns im Schlaf beschützte. Der Hofhund “Wächter”, der immer ein wachsames Auge auf mich hatte war der leibliche Schutzengel“. Er war auf dem Bauernhof das Kindermädchen, er trottete mir immer hinter her. Egal, ob ich mich im Freien aufhielt, in den Viehstall ging oder auf dem Tennboden spielte. Eines Tages war er fort und abends beim Einschlafen sah ich ihn als Schatten auf der Zimmerwand laufen. Es half kein Gebet zum Schutzengel, in meinen Träumen lief ich ihm hinterher und die Eltern hörten mich nach dem „Wächter“ rufen. Sie beruhigten und trösteten mich damit, dass der „Wächter“ jetzt im Himmel bei den Engeln sei. Nach einigen Tagen konnte ich wieder ruhig schlafen.
Der Hofhund war schon sehr alt und ist unheilbar krank geworden. Er wurde von einem Jäger aus der Nachbarschaft erschossen und auf dem Acker hinter dem Stall verscharrt.
Hundetreue.