Als leidenschaftlicher Zugfahrer verfolge ich aufmerksam was sich im Waggon auf den Nebensitzen oder Nebentischen abspielt. Es gibt immer weniger Aktion live, weil von den meisten Mitreisenden, kaum haben sie sich hingesetzt, fieberhaft das Handy gezückt wird. Außer den üblichen Fingerbewegungen am Smartphone ist nichts auszumachen. Anderseits gibt es die Telefonate am Smartphone, wobei man einiges über das Familienleben der unmittelbaren Nachbarn erfährt. Tagsüber stehen zumeist berufliche Themen auf der Telefonliste, abends in den Pendlerzügen zumeist private Telefonate. Was man für den Abend plant oder wie man gedenkt das Wochenende zu verbringen. Fast auf jedem Sitzplatz findet sich beim Verlassen der Waggons die in allen Bahnhöfen aufliegenden Gratiszeitungen von Heute bis Österreich. Mit diesen Gratiszeitungen wird Politik und Meinungsbildung gemacht, weil der Müßiggang beim Zugfahren zum Lesen animiert.
Durch das monotone Dahinschwingen der Waggons wird einem das Gelesene langsam infiltriert. Plötzlich ist man von seiner ursprünglichen Meinung oder Überzeugung weit entfernt. Mit dem Aufliegen dieser Gratiszeitungen in den Bahnhofshallen, bei den Auf- und Abgängen der Rolltreppen, fördert die ÖBB diesen Infiltrierungsprozess. In diesem Fall als Verbreiter des Nürnberger Trichter. Von diesen Medien wurde der Vorwurf in Umlauf gebracht, die Bahn hat sich als Flüchtlingsschlepper eingesetzt. Auch sogenannte Qualitätsmedien, gesehen beim Sitznachbar, können mit einer Schlagzeile auf der Titelseite überraschen. Vor allem jene, welche öfters mit dem Zug unterwegs sind und sich bis jetzt nirgendwo so sicher und gut aufgehoben empfunden haben, als in den Zugsgarnituren der ÖBB. In den Salzburger Nachrichten war Ende Dezember in der Titelschlagzeile zu lesen, dass es im Jahr 2016 bereits 142 Übergriffe auf ÖBB Zugbegleiter gegeben hat. Ist es ein Zufall, wenn sich die Übergriffe, ein Jahr nach der Flüchtlingskrise, gehäuft haben? Ich hoffe, dass der Spruch der ÖBB, kreiert bereits vor Jahrzehnten, noch immer seine Gültigkeit hat: „Nimm Urlaub vom Auto, Nerven sparen, Bahn fahren“.
“Nürnberger Trichter” ist gut! Gerade rechtzeitig, bevor dieser Begriff in Vergessenheit gerät.
Die Zeiten wandeln sich. Was wirklich los ist und sich geändert hat: Die Zeitungen erzählen uns das gewiss nicht.
Hallo Gerhard!
In meiner Jugend hörte ich den Ausdruck “Nürnberger Trichter” sehr oft. Davon erhofften sich lernschwache Schüler ein Wunder. Diese sind immer rar gesät.
Gruss schlagloch.