In einem Alt Wiener Caféhaus sehe ich auf einem Plakat die Ankündigung für ein Theaterstück, Orgien im Gemeindebau. Dies dürfte ein Volksstück, ein Schwank sein? Als Nichtwiener denke ich an die Fernsehserie, Ein echter Wiener geht nicht unter. In der zweiten Hälfte der 70er Jahre waren die Folgen mit dem Mundl als Hauptdarsteller ein Aufreger, inzwischen hat die TV-Serie Kultstatus erlangt. Bei der Erstausstrahlung habe ich mich über die deftigen Ausdrücke schon ein wenig gewundert. Ob dies daherkam, dass wir in Kärnten zur Provinz zählten und für uns die Wiener die Gscherten oder Goscherten waren? So hat man sich gegenseitig mit Kosenamen verwöhnt. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden die Highlights der Serie öfters wiederholt. Die Folge, Jahreswende, gehört zu den Fixpunkten im österreichischen Silvesterprogramm.
Wie es damals der Fall war wurden die Männer, um den Hausfrauen in der Küche nicht im Wege zu stehen, am Silvestertag zum Friseur oder in ein Gemischtwarengeschäft geschickt. Zumeist gab es eine kleine Besorgung zu erledigen. So konnten die Frauen ungestört mit den Vorbereitungen für das Festessen beginnen. Dies war auch in den Landgemeinden üblich. Während des Vormittags waren in der Stadt und auch im Dorf vor allem Männer unterwegs. Im Friseursalon wurde den Herrn ein Glas Sekt oder ein Schnaps angeboten, es gab einen Grund zu feiern, Jahreswechsel. Auf offener Straße begegnete man seinen besten Freund und ging gemeinsam in eines der Gasthäuser oder zu einer Silvesterpunschhütte und stieß auf das neue Jahr an. Derweil bereitete die gute Seele von einer Ehefrau das Silvestermenü vor. Am späten Nachmittag meldete sich bei den meisten Ehemännern das schlechte Gewissen und mit einer Packung Leuchtraketen steuerte man, leicht schwankend, das Zuhause an. Angeheitert trafen sie in der Wohnung ein und ernteten einen strafenden Blick der Ehefrau. Es erschien nicht nur der Christbaum in einem schiefen Licht, auch der Haussegen geriet in Schieflage.
Bei der Fernsehserie kommt Herr Sackbauer, Mundl, am späten Nachmittag vom Friseur nach Hause, wo schon die ersten geladenen Gäste eintrudeln. Frau Sackbauer weiß nicht was sie zuerst tun soll, sich um den angeheiterten Ehemann kümmern, die Gäste begrüßen oder in der Küche weiter das Menü zubereiten. Zudem gibt es Turbulenzen bei den Kindern und Schwiegerkindern. Dramatisch wird es, als Mundl kurz vor Mitternacht seine Feuerwerkskörper vom Balkon aus abschießt. Diese zertrümmern die Fensterscheibe der gegenüberliegenden Wohnung und explodieren dort im Wohnzimmer. Polizei, Feuerwehr und Seitensprünge, bis das Geläute der Pummerin alle versöhnt.
Goldregen.