1984

Die neue Welt wie sie George Orwell im Roman 1984 beschrieben hat zeigt sich heute auch dabei, wie sich Omas und Opas mit den Enkelkindern unterhalten. Das Skypen war einige Jahre das plus Ultra, mit dem Sohn, der Tochter und den Enkeln.  Von Kärnten aus kann man sich bildlich mit den Nachkommen im südlichen Italien unterhalten. Bei einem runden Geburtstag melden sich die weitschichtigen Verwanden aus Australien per Videoschaltung. Seit der Einführung von WhatsApp telefonieren Kleinkinder ab zwei Jahren eigenständig mit den Großeltern und winken der Oma am Bildschirm zu. Sei es, wenn es mit der Mamma im Park spielt, aus einem Einkaufscentrum oder von der Schaukel, welche hin und her schwingt. Ganz tolle ist es, wenn Papa von der Wasserrutsche für den Opa live überträgt.

Um die Entfernung von etwa 700 km zwischen Oma und Opa in Kärnten und dem Enkelkind in Mannheim zu überwinden, zeigt sich eine Familie aus dem Bekanntenkreis sehr kreativ. Die Tochter lebt mit dem Schwiegersohn und dem vierjährigen Enkel in der Nähe von Mannheim. Für den Enkel ist ein wenig zuwinken per WhatsApp zu wenig, gegenseitige Besuche sind selten, weil zeitintensiv und aufwendig. Jungen Familien, wo beide Eltern berufstätig sind, verlassen sich gerne darauf, dass die Großeltern die Aufsicht des Enkelkindes übernehmen. Mit ihm Spazierengehen, den Spielplatz besuchen oder ihn zu Hause zu unterhalten. Wie und durch was kann man dies ersetzen, wenn man siebenhundert Kilometer entfernt wohnt?

Die findigen Großeltern haben zuhause im Wohnzimmer eine Spielecke eingerichtet, mit Bagger, Traktor, Legobausteine, Motorsäge, Tankstelle und Match Box Autos. Per Videokamera werden Oma und Enkel miteinander verbunden. Sie können am Fernsehbildschirm gegenseitig beobachten wer mit den Legobausteinen das schönere Haus oder einen Elefanten baut. Wer ist der Sieger und weiß die Oma welches Auto wieviel Liter Benzin tanken kann? Der Enkel entscheidet, was die Oma besser machen könnte. Die Oma erfüllt ihre Omapflichten virtuell und der Schwiegersohn hat ein paar ruhige Stunden für das Homeoffice. Die Zukunft des Vierjährigen wird wahrscheinlich mehr virtuell als analog verlaufen. Auf die Gutenachtgeschichte braucht der Enkel nicht zu verzichten. Der Opa liest in St. Jakob im Rosental abends solange aus dem Märchenbuch vor, bis er auf der Couch einnickt. Aufgeweckt wird er von einem Polster, welchen Oma nach ihm wirft. Für den Enkel findet zeitgleich eine Polsterschlacht mit den Eltern im etwa siebenhundert Kilometer entfernten Mannheim statt.  

3 Gedanken zu „1984

  1. Da habe ich ja noch Glück, dass meine Enkelkinder “nur” 70 km entfernt wohnen. Da sehe ich sie sehr regelmäßig. Die virtuelle Welt. Eher Fluch oder Segen?
    Die telefoniererei geht mir auf die Nerven, besonders in der Bahn. Aber natürlich sind kurze Nachrichten oder auch unsere Großfamiliengruppe (rund 35 Verwandte: Kinder, Neffen, Geschwister, Schwägerinnen, Großnichten, Oma usw. ) etwas tolles. Man hört mehr voneinander, nimmt mehr am Leben der anderen Teil.
    Die Enkel (7/6/4) kennen sich schon jetzt besser mit meinem Smartphone aus als ich. Obwohl sie das von mir nicht zum Spielen bekommen.
    Liebe Grüße 🖐😎

  2. Hallo Schlafmütze!
    Ich bin auch bei einer WhatsApp Gruppe “Verwandtschaft”. Eine Zeitlang wurde eifrig gepostet, von wenigen, jetzt ist es ziemlich ruhig geworden…

    Gruss schlagloch

  3. Nach der Warnung vor Smartphones im ORF, TV, scheint es mir logisch, auszubedingen, daß uns keine Nachrichten per Smartphone mehr geschickt werden sollen. O mein Jesus, verzeih uns unsere Sünden, bewahre uns vor dem Feuer der Hölle.

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