dauerpatienten

Ein Phantom wird behandelt.

Für die Behörden wird es ein Kostenvorteil sein, dass viele Ansuchen, Förderungen und Eingaben von den Bürgern digital erledigt werden.  Dies bringt eine Entlastung für die Bürokratie, damit verschiebt der Staat die Arbeit  an die Staatsbürger. Die Menschen werden für die Staatsbeamten zu einem Phantom. Das Ansuchen um die Ausstellung eines Reisepasses oder deren Verlängerung lässt sich heute online erledigen. Früher betrat ich die Bezirkshauptmannschaft und holte mir beim Schalter für das Meldewesen eine Zählnummer, dann nahm ich auf einen der Stühle, welche im Flur standen, Platz. Bei ein wenig Glück entdeckte ich eine befreundete Person unter den Wartenden und beim Plaudern verging die Zeit im nu. Die Beamtin hatte beim Abgeben  des ausgefüllten Formulars Blickkontakt zu dem Antragsteller, ein echtes Menschenleben vor sich. Bedauerlich ist, dass heute die Geburtsurkunde oder ein Gewerbeschein, ein formloser Word Ausdruck auf einem A4 Blatt mit 80 Gramm, das gewöhnliche Kopierpapier, ist. Mein Gewerbeschein aus den siebziger Jahren weist teilweise verschnörkelte Buchstaben auf. Eine Urkunde wie wir sie heute in Museen bewundern, ausgefertigt in einer wunderschönen Handschrift. Bei der Abmeldung des Gewerbes wurde ich gefragt, ob ich die Originale behalten will oder der Bezirkshauptmannschaft zurückgebe, ich habe sie an das Landesarchiv weitergegeben.

Auch in der Medizin hat die Digitalisierung  Eingang gefunden, so werden Medikamente von der Ordination Assistentin bei Telefonanruf  auf die eCard gebucht.  Dies führt dazu, dass der Arzt den Patienten monateweise, wenn nicht länger nicht zu Gesicht bekommt. Inzwischen können sich die Beschwerden verändert haben oder sie sind verschwunden, werden aber weiter angefordert. Die erkrankte Person kennt der Arzt nur mehr  aus meinen Erzählungen, nur aus meinen Beschreibungen nimmt sie Gestalt an. Ein Phantom wird behandelt und bekommt Medikamente verordnet. Wie soll es so möglich sein die Wirkung,  den Erfolg oder den Misserfolg der Medizin zu überprüfen. Wichtig ist der vierteljährlich mit der eCard einzuchecken. Dauerpatienten scheuen oft den Weg zum Arzt, wichtig sind ihnen die Medikamente als Lebensstütze. Bei der Überweisung an einen Facharzt oder die Einweisung in eine Krankenanstalt genügt zumeist die Vorsprache bei der Assistentin. Die leibliche Anwesenheit des Patienten würde an den Einweisungsgründen nichts ändern, es genügen die im Computer gespeicherten Befunde.

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