Während der vierzig tägigen Fastenzeit wird von den Kirchenkanzeln viel über die Buße und das Fasten gepredigt. Wobei diese Botschaften nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung erreichen. Denke ich an den durchschnittlichen Kirchenbesuch, sonntags in Völkendorf, dann sind es etwa siebzig Menschen. Bei einer Bevölkerungszahl von etwa siebentausend, in den Stadtteilen Völkendorf, Judendorf und Warmbad, dann sind dies gerade ein Prozent der Einwohner. Mehr Gläubige finden sich zu den hohen kirchlichen Feiertagen wie Weihnachten und Ostern in der Pfarrkirche ein. Gut besucht sind auch die Vorstellungsrunden der Erstkommunion- und der Firmungskinder. Zum überwiegenden Teil wohl deshalb, weil es für die Kinder und die Eltern Pflicht ist, daran teilzunehmen.
Den verlässlichen Kern der Kirchenbesucher bilden die Älteren, ich würde sagen die Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Heute denkt man beim Fasten nicht nur an den Verzicht bzw. die Reduktion von Speisen, man schließt auch den Verzicht auf Fernsehen, Internet und das Auto ein. Dafür gibt es neuerdings eigene Schlagworte wie, Autofasten oder Offline zu sein. Andere versuchen vierzig Tage lang keinen Alkohol zu trinken, den Kaffeegenuss zu reduzieren oder auf das Coca Cola zu verzichten. Naschkatzen probieren es mit weniger Süßigkeiten und Mehlspeisen. Auf der Gegenseite sollte man in dieser Zeit besonders spenden freudig und hilfsbereit gegenüber ärmeren Mitmenschen sein. Dies alles und noch mehr wird in den Sonntagspredigten zur Sprache gebracht. Wie weit man sich einschränken will und zu welcher Zeit, sollte jedem selbst überlassen-sein.
In den letzten Jahren haben sich diese Ermahnungen und Aufrufe gebetsmühlenartig wiederholt. Etwas wurde bei den Sonntagsapellen, bewusst oder unbewusst, ver-schwiegen. Vom kirchlichen Gebot des Fastens sind Kinder, Kranke und Menschen über sechzig Jahre befreit. Diese Personengruppe macht den größten Teil der Messebesucher aus, nur der Prediger hat dies all die Jahre nicht erwähnt. Für die Unterstützer eines Missionsprojektes in Indien gab es in Villach einen Dankgottesdienst von einem indischen Priester. Er strahlte eine herzliche Fröhlichkeit aus und für mich überraschend verwies er in seiner Predigt darauf, dass vom Fastengebot oben genannte Personen ausgenommen sind. Dass man in der Fastenzeit auf Sex verzichten soll, habe ich von der Kanzel noch nie gehört. Vielleicht traut man den Senioren, den häufigsten Kirchenbesuchern, diesen nicht mehr zu und hält Sex im Alter für ein geschlossenes Buch.
Schaltjahr