handy:manie

Hätte Ötzi, ich meine den Mann im Eis, bereits ein Handy gehabt, hätte er vielleicht überlebt. Er wäre aber nicht so berühmt geworden. Berühmt zu werden, ist der Antrieb für die Selbstdarstellung in Verbindung mit den digitalen Medien. Dafür gibt es eine lange Tradition. Wir kennen alle die Porträts in den Museen von Fürstbischöfen, Kaiser und Adeligen. Seit den 90er Jahren gibt es im Fernsehen die Talkshow. In diesen Sendungen äußern sich Menschen von der Straße zu den Themen Partnerbeziehung, Seitensprung und Sex ganz offen. Zu den Vorreitern zählte RTL mit seiner Sendung der Heiße Stuhl, die Barbara Karlichshow im ORF lockt heute noch viele Zuschauer an.

Die neuen Plattformen der Selbstdarstellung, wie Weblogs, YouTube und Facebook  verbreiteten sich rasch im Internet. Auf diesen Webseiten ist es für jedermann möglich seine Meinung zu allem und jeden zu äußern. Lange Zeit war dies nur für Journalisten in den Tageszeitungen und im Fernsehen möglich. Blogs breiteten sich ab dem Jahre  2000 über die westliche Welt aus. Viele Blogger bleiben anonym und erzählen von ihren Problemen, sei es Scheidung, Missbrauch oder Geschlechtsumwandlung, so bunt wie das Leben. Von ihren Kochkünsten und Haustieren, aber auch Kommentare zum Tagesgeschehen. In ausführlicherer Form als es auf Twitter und Facebook möglich ist. In den Blogs findet eine permanente Kommunikation statt, das Werkzeug dafür ist die Kommentarfunktion. Der Blogger schlüpft oft in eine neue Identität, die sich von seinem Alltagsleben unterscheidet.

In aller Munde, genauer gesagt auf allen PC und Handys ist Facebook installiert. Wie dieses in das Leben der Benützer eindringt, Zeit und Aufmerksamkeit verlangt, kann man gut in der Aula der Alpen Adria Universität und in den Hörsälen beobachten. Ähnlich den Kettenrauchern werden am PC oder am Handy permanent die neuesten Post gelesen oder geschrieben. Wahrscheinlich verliert ein Jugendlicher, teilweise auch die Senioren an Image, wenn sie nicht so und so viele Facebookfreunde haben? Viele Schnappschüsse, die eine persönliche Ausnahmesituation zeigen, werden auf Facebook und YouTube hochgeladen.

Mit der Verbreitung der digitalen Medien wurde ein neues Zeitverständnis notwendig, eine neue Art der Zeitplanung. Hatte man früher Termine und Verabredungen auf Wochen oder Tage voraus geplant, so heißt es heute: „Wir telefonieren noch  miteinander“. Man trennt sich ohne einen konkreten Termin zu vereinbaren, weil man ja jederzeit telefonisch erreichbar ist. Dies macht eine Tagesplanung äußert  anstrengend und wird auch seine Folgen in der Lebensplanung haben. Bei einer Lehrveranstaltung wurde für die Arbeitsgruppe ein Facebookforum eingerichtet. Über dieses sollten die Beiträge und die Terminplanung abgewickelt werden. Um einen gemeinsamen Termin vor der Uni-Bibliothek zu organisieren hat es fünfunddreißig Post auf Facebook gebraucht. Dabei bestand die Möglichkeit am Ende der Vorlesung diesen Termin persönlich auszumachen.

Lebe leichter

 

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