sehn:sucht II

An der Küste von Istrien fallen die Berge aus unterschiedlichen Höhen steil zum Meer ab. Die neuerbauten Autobahnen durchschneiden das Gestein und sind wie eine Felsrinne im freien Fall. Das Ucka Gebirge schützt die Kvarner Bucht vor den Wettereinflüssen aus dem Hinterland und driftet schroff zum Ufer ab. Aus dem Strand ragen größere und kleinere Felsformationen. Die Fundamente für die Häuser und Hotels mussten aus dem Felsen freigesprengt werden. Von Südkärnten kommt man hier nach einer kurzen Autofahrt an und wird mit einem bizarren Gewirr aus kleinen Buchten, gegenüberliegenden Inseln, meist kahl und unbewohnt, belohnt. Verblüffend ist der Blick, die Küste Istriens entlang, auf das Adriatische Meer. Der Horizont, wo sich die Wasseroberfläche zu wölben beginnt, ist mit freiem Auge gut zu erkennen. Kreuzfahrtschiffe, welche im Hafen von Amsterdam oder Genua wie überdimensionierte Wohnanlagen wirken, sehen von Opatija aus den Modellschiffen ähnlich. Sie bewegen sich am Rand der Wasseroberfläche als würden sie auf Schienen fahren, um ein Abstürzen zu verhindern. Frachtschiffe, welche aus dem Hafen von Rijeka auslaufen treiben immer weiter dem offenen Meer zu, sie werden immer kleiner. Zu guter Letzt ragt nur mehr der Schornstein über die Wasseroberfläche, bis auch dieser untergeht.

Die Wellen am Fuße des Lungomare schlagen im Herzrhythmus an das Felsgestein, schon lange bevor diese, über zehn Kilometer lange Promenade angelegt wurde. Der Himmel über der Bucht präsentiert sein schönstes Blau, ein wenig intensiver als das Himmelblau über dem Villacherbecken. Auf einer, einen halben Kilometer langen Baustelle am Lungomare, wird am Vormittag vom 24. Dezember noch fleißig gearbeitet. Das Areal wird mit fünf aufeinanderfolgenden Kränen abgedeckt, es stehen die ersten Kellermauern. Wird hier eine Hotelanlage errichtet?  Aus den Grundmauern ist dies noch nicht ersichtlich. Mit Hilfe von Google findet man bereits die offizielle Webseite der neuen Hotelanlage, ein Familienressort. Versehen mit einem Animationsbild  können  hier schon Buchungen  für einen Aufenthalt ab Juni durchgeführt werden. Die ersten Urlauber werden hier in sechs Monaten einziehen. Im Süden gibt es auf den Baustellen keine wetter bedingte Winterpause.

Tagebuch…

Ein Gedanke zu „sehn:sucht II

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert