Haben Kinder ein Interesse an den Notizbüchern der Eltern? Das Interesse dürfte nicht groß sein, da sie die Eltern direkt erleben. Größer wird die Neugier an den Aufzeichnungen in der dritten Generation, zwischen Urgroßeltern und Urenkeln, sowie noch weiter zurück sein. Zwischen damals und heute gab es viele Veränderungen in der Technik, im Essen, in den Umgangsformen, in unzähligen Alltagsdingen. Ein Alltag, von dem die Urenkelgeneration vieles nicht weis: Wie funktionierte die Kommunikation ohne Handy, Fahrkarten konnten nur beim Schalter am Bahnhof gekauft werden. Vor siebzig Jahren gab es keine Selbstbedienung in den Lebensmittelgeschäften.
Die Aussicht gelesen zu werden besteht dann, wenn die Tagesnotizen zeitlich, sachlich oder geografisch verortet sind. Einträge zu einer Region, ihren Menschen und ihrer Befindlichkeit vorhanden sind. Dadurch geschieht eine Zuordnung, die Notizen schweben nicht im geografisch unbekannten Raum herum. Als Tagebuchschreiber nütze ich heute auch der digitalen Möglichkeiten. Es ist beschämend, was auf Facebook gepostet wird, wie sich die User im eigenen Sud wälzen. Vielleicht erleben die schriftlichen Tagebücher eine neue Wertschätzung, wenn es keine Notizhefte und Bleistifte mehr geben wird. Das Schreibzeug zu einem Museumsstück wird.
Eine seltene Begegnungen mit einem Kollegen, er machte Notizen in einem Tagebuch, hatte ich vor kurzem in einer Villacher Kaffeerösterei. In einer Ecke saß der Organist von der Stadtpfarrkirche und machte in seinem Diarium Eintragungen. Immer wieder setzte er den Bleistift an, um ein paar Zeilen einzutragen. Auf seine Schreiberei habe ich ihn angesprochen, da ich dieser Leidenschaft fröne. Für ihn bietet das Tagebuch schreiben die Möglichkeit seine Gedanken zu ordnen. So verhindert er, dass sie außer Kontrolle geraten und den Kopf in die Luft sprengen. In diesem Sinne hat er sich geäußert…
Kolbenfüllhalter