02.09.2004 WEGWEISER . EVENT
Die sommerliche Eventkultur treibt seltsame Blüten. Anlässlich eines Straßenfestes wurde in Möselstein als Festauftakt ein Wegweiser eingeweiht. Unter den Klängen einer Musikkapelle und im Beisein einer Abordnung von Mädchen und Burschen in Gailtaler Tracht wurde in feierlicher Form ein Wegweiser enthüllt und seiner Be-stimmung übergeben. Ein Pfeil zeigt die Richtung zum Steinbruch an und der andere Pfeil die Richtung zum Kreuzweg. Wenn es sich hier um ein Wegkreuz oder um einen Brunnen gehandelt hätte, dann wäre dieser Festakt angebracht gewesen. Bestimmt wird die nächste neu installierte Straßenampel auch feierlich ihrer Bestimmung übergeben. Jedem Ort sein passendes Event.
Ampel frei.
08.09.2004 HARLEY . INVASION
Wer sich dieses Jahr beim Harley Davidson Treffen am Faakersee Anfang September 2004 nach der neuen Herbstmode kleidete, der trug einen schwarzen Leder-Anzug mit orange Streifen. Auch einige Motorräder hatten orange lackierte Teile. Die meisten Harleyfahrer trugen schwarze oder schwarzrote Motorradanzüge. Eine Woche lang dröhnte es auf- und abschwellend in Möselstein, als würde der Ort ständig von einer Flugzeugstaffel angegriffen werden, nur die Flieger-Bomben blieben aus. Es waren friedliche Motorrad-Staffeln welche durch den Ort düsten. Viele Motorrad-Fahrer trugen Helme in der Form von Wehrmacht-Helmen. Wer eine Harley Davidson besitzt will fahren und gesehen werden.
Alles fährt.
W. am 8. September 2004 um 17:03
Mir gefallen die Harley Davidsons auch wirklich supergut! Nur die Helme in Form von Wehrmachtshelmen finde ich eher verstörend. Motorradfahren finde ich immer noch toll, aber nicht in großen Städten wie München oder Wien oder Hamburg .
10.09.2004 STEIN . HAUS
Der Radweg R2 rund um den Ossiachersee ist ohne größere Anstrengungen zu befahren. Der Radweg verläuft immer in der Nähe des Seeufers . Selbst Anfang September wird noch im See gebadet. Die schönsten Blumen wachsen auf natürliche Weise entlang der Bahnstrecke in den Farben gelb, blau, violett und rosarot. Diese natürlich wachsenden Blumen übertreffen den künstlichen Blumenschmuck auf den öffentlichen Plätzen und auf den Balkonen der Hotels. Bei Steindorf fährt man am „Steinhaus” vorbei, welches sich der Architekt Günther Domenig als Lebenskunstwerk errichtet. Das Haus liegt am Ufer des Ossiachersee, als hätte ein Riese vom Gipfel der Gerlitzen einige Steinblöcke und Stein-Quader zum See geschleudert und sie hier aufgetürmt. Heute sieht es danach aus, als sei das Gebilde aus Beton, Glas und Stahl unbewohnt. Eine ganz andere Atmosphäre erlebt man im Steinhaus, wenn darin ein Konzert stattfindet. Der Platz vor dem Eingang ist aufge-brochen und unter den hochgehobenen Steinblöcken quellen Seeschlangen in Chrom hervor. Ein Steg führt von den Wohnbunkern auf den Strand zu. Auf der Wiese neben dem Steinhaus hat eine Riesenspinne aus der Urzeit Rost angesetzt.
Gedanken in Stein.
13.09.2004 BERG . STURZ
Das letzte Erdbeben im Raum Villach am 12. Juli 2004 liegt jetzt zwei Monat zurück und ich denke noch oft an einen besonderen Zufall. Unter der Bevölkerung haben die Erdstösse viel Aufregung verursacht, da sich in vielen Wohnungen die Gläser und Lampenschirme bewegt haben. An den Gebäuden sind in Kärnten keine Schäden aufgetreten. Ein paar Tage später bemerkten wir im Wohnzimmer, dass eines der Bilder schief an der Wand hängt. Es ist dies ein Druck von Cornelius Kolig. Das Bild zeigt den Dobratsch mit seinem Absturzgebiet „Steinernes Meer„. Dieses Foto wurde von C. Kolig be-arbeitet und übermalt. Der Dobratsch wurde teilweise mit der Farbe orange übermalt und auf die Steine der Blockhalde wurden rosa Blüten gemalt. Ist es ein Zufall, dass sich gerade dieses Bild durch die Erdstösse ver-schoben hat, welches den Bergsturz des Dobratsch durch ein Erdbeben im Jahre 1348 als Motiv hat? Der Auslöser für den Bergsturz am 25. Jänner 1348 war ein schweres Erdbeben, mit der Stärke 7 bis 8 auf der 12-teiligen EMS-Skala, mit dem Epizentrum in Friaul.
Wurzel des Zufall.
15.09.2004 BUCH . ZUKUNFT
Was in anderen Handelssparten wie Eisenwaren, Farben-Handel oder Schuhhandel schon passiert ist, geschieht jetzt auch im Buchhandel. Die Fachgeschäfte ver-schwinden aus den Ortschaften und sind auch in den Städten kaum noch zu finden. Eine gutgeführte Buch-Handlung in Villach mit viel Atmosphäre hat in diesem Jahr, trotz schöner und feiner Buchauswahl, ihren Betrieb geschlossen. Die Buchhändlerin hat sich für die Lese-Förderung und die Verbreitung des Buches durch die Teilnahme an der Buchwoche und durch Lesungen an den Schulen stark eingesetzt. Die Konkurrenz durch die Buchkette A. war wohl zu groß. Das privat geführte Buchhandlungen unter dem Druck der Buchketten zusperren müssen bedeutet das Ende für das anspruchsvolle Buch und die Versorgung von Land-Gemeinden mit Büchern. Viele Verlage werden nur mehr solche Bücher drucken, die dem breitem Geschmack der Leser entsprechen und von denen sie annehmen können, dass diese Titel von Amazon oder Amadeus in ihr Sortiment aufgenommen werden. Viele interessante Bücher werden wegen zu kleiner Leserschaft nicht mehr gedruckt werden.
Wal Mart Verhältnisse im Buchhandel.
Kommentare:
W. am 15. September 2004 um 20:34
Lieber Schlagloch, es ist leider wahr, was du schreibst. Es herrscht Kampf im Buchmarkt und in Deutschland ist das nicht besser. Selbst sog. Großflächenbuchhandlungen haben Probleme und müssen Leute entlassen. Die Leute lesen weniger, diese Entwicklung zeichnet sich schon länger ab. Hinzu kommt, dass doch etliche Leute auf andere Freizeitaktivitäten umgestiegen sind, das sind z. B. Computer. Nicht zu vergessen die Konkurrenz von Amazon, dem Onlinebuchhandel. Das haben viele Buchhandlungen lange Zeit nicht ernst genommen. Statt selber ins Internet zu gehen haben sie sich konservativ wie sie nun einmal sind, ausschließlich auf den stationären Buchhandel verlassen, tja und jetzt sind sie verlassen. Vom Buchhandel ließ es sich immer schlecht leben, jetzt kann man überhaupt nicht mehr davon leben. In Zukunft wird es sicher noch mehr arbeitslose Buchhändlerinnen geben, die Verlage dürften sich auf Allerweltsprodukte beschränken. Da ist es ja nicht schwer den literarischen Niedergang zu prophezeien, traurig das Ganze!
schlagloch am 17. September 2004 um 19:55
Mit der Befürchtung “Wal Mart Verhältnisse” im Buchhandel habe ich die “Allerweltsprodukte” gemeint. Wal Mart ist eine große Handelskette in den USA und viele Fabriken erzeugen nur mehr solche Artikel, die eine Chance haben in das Sortiment von Wal Mart aufgenommen zu werden. Für mich ist auch schlimm, dass in den Landgemeinden die Vielfalt in der Handelsstruktur verloren geht. Man sieht nur noch Supermarktläden wie Spar, Billa oder Lidl und diese Läden sehen überall gleich aus.
17.09.2004 CHINA . WÄRME
Ein Bekannter feierte seinen 70. Geburtstag. Da es mir nicht möglich war bei seiner Feier in Ulm dabei zusein, weil es die Arbeit nicht erlaubte, wurde er von mir am frühen Morgen angerufen. Ich wünschte ihm zu seinem 70. Geburtstag alles Gute und Gesundheit. Gesundheit im Sinne von Dr. Manfred Lütz: „Gesund ist man, wenn man seine wesentlichen Aufgaben im Leben erledigen kann”. Ich erkundigte mich bei ihm ob er in China Bescheid gegeben hat, dass heute seine Geburtstagsfeier im Gemeinschaftsraum stattfindet. Es könnte ansonsten sein, dass der Raum nicht geheizt ist. Diese Frage hat ihn völlig überrascht. Ich habe vor kurzem in der Zeitschrift „Der Stern” einen Artikel über die Wirtschaftsmacht China gelesen. Darin wurde berichtet, das die Heizung und die Klimaanlage von der Uni Ulm von einer chinesischen Firma errichtet worden ist und auch von China aus elektronisch gesteuert wird. Diese Fern-Steuerung kommt um vieles billiger, als würde dies eine deutsche Firma durchführen. Wenn er seine Geburtstags-Feier nicht nach China gemeldet hat, dann könnte es sein, dass der Gemeinschaftsraum nicht geheizt ist. Ich habe ihm empfohlen einfach beim „Chef” in China anzurufen und seine Geburtstagsfeier anzumelden.
China heizt uns ein.
21.09.2004 GEIST . MATERIE
Nach dem ich mein Fahrrad im Kofferraum meines Autos transportiert hatte, funktionierte beim Fahrrad der Tacho nicht mehr. Sosehr ich mich auch bemühte, die Kontakte einmal in die Eine und dann in die andere Richtung verschob, es brachte alles keinen Erfolg. Dieser Vorfall liegt schon einige Wochen zurück. Ich hatte meine Bemühungen den Tacho in Gang zu bringen schon aufgegeben. Am Wochenende bin ich mit dem Fahrrad losgefahren, es gab keine Anzeige, wie auch sonst. Während des Fahrens kam mir der Gedanke, dass ein bekannter Elektriker sich einmal meinen Tachometer ansehen könnte. Kaum hatte ich dies gedacht sah ich, dass die Geschwindigkeitsmessung wieder funktionierte. Über einen Monat hatte der Tacho trotz meiner Bemühungen nicht funktioniert. Warum gerade jetzt, wo ich daran gedacht habe Hilfe in Anspruch zu nehmen? Habe ich mit meinen Gedanken und mit meinem Geist die Materie in Schwung bringen können?
Schwung in der Materie.
24.09.2004 FERN . WEH
Es ist fünf Minuten nach vierzehn Uhr, wenn der Euro City Zug EC31 von Villach kommend, größtenteils hinter Gebüsch und Stauden verborgen heranbraust und elegant die Kurve bei Neuhaus in leichter Schräglage durchfährt, um sich dann wieder aufzurichten, bis er in der nächsten Kurve vor Pöckau verschwindet. Mit dem Auftauchen der kirschroten Lock und den hellgrauen Waggons kommt auch mein Fernweh und meine Sehn-Sucht nach einer Zugreise in den Süden. Zwischen den grünen Blättern sieht man jetzt schon die gelben, braunen und orange Blätter hervorleuchten. Sie kündigen den Herbst in Kärnten an. Noch kann man sich an den bunten Farben der Pflanzen und Sträucher neben der Bahnstrecke und der milden Herbstsonne erfreuen, aber die warmen Tage sind gezählt. Meine Gedanken fahren mit nach Venedig wo jetzt Spätsommer ist. Humbert Fink hat in einem Roman sehr anschaulich die Sehnsucht zweier junger Burschen geschildert, die an jedem Samstag zu eben diesem Zug auf den Villacher Hauptbahnhof gegangen sind, um diesen Zug ankommen und abfahren zu sehen. Ihr sehnlichster Wunsch war mit diesem Zug Villach zu verlassen. Mir kommt vor, dass die Jugend und das Alter etwas gemeinsames haben, man hat Zeit zum Träumen und plötzlich gibt es eine Zukunft.
Zukunft Fernweh.
30.09.2004 CREATIV . MESSE
Auf der Creativmesse in Salzburg findet man eine große Ansammlung von Importen aus aller Welt für die Bereiche Wohnkultur, Bastel- und Floristenbedarf, Tischkultur, Trafikanten- und Esoterikartikel. Bei einem Spaziergang durch die Creativmesse hat man den Eindruck, dass die Kreativität darin besteht, wer eine Ware am billigsten aus dem Fernen Osten importiert. Die vielen Hallen übertreffen die Größe eines Einkaufs-zentrum. Der Stromverbrauch für einen einzelnen Messestand während der Messe wird höher sein, als einer Landfamilie im Fernen Osten für ein Jahr zur Verfügung steht. In den Hallen stehen die Verkäufer beim Eingang der Messestände und begrüßen die Kunden mit Euro-Freundlichkeit. Inmitten dieser vielen Import- und Konsumartikel konnte man die Scherenschnittkünstlerin Brigitte Prommegger bei ihrer Arbeit beobachten. Die Herstellung von Scherenschnitten ist eine Kunst aus der Biedermeierzeit und hat sich bis heute erhalten. Sie arbeitet an individuellen Billetts mit Scherenschnitt-Motive, die man zu den gleichen Preisen erwerben kann als die Fabrikware. Sie zeigte auch Papierobjekte in Verbindung mit Steinen. Die meiste Energie ist ihre Zeit, welche sie in die Herstellung der Papierstengel verwendet, die sie dann zu Objekten formte.
Papier und Stein.