01.11.2003 MODE . KATZ
Mit dem Herbst wechseln wir die Kleider. Von der Sommerbekleidung schlüpfen wir in die Herbstgarderobe und bereiten die Winterkleider vor. Von der Badehose in den Schianzug. Der schnelle Temperaturumschwung macht dies notwendig. Wir kaufen uns um gutes Geld neue Bekleidung, um sie nach kurzer Zeit wieder zu entsorgen, weil unmodern. Seit unserer Vertreibung aus dem Paradies sind wir gezwungen Kleider zu tragen. Um vieles einfacher haben es die Tiere, als Beispiel die Hauskatzen. Im Frühjahr verlieren sie viele Haare, sie erhalten dadurch eine leichte Sommergarderobe und im Herbst wachsen ihnen die Haare wieder verstärkt nach, sie erhalten einen Winterpelz. Sie haben immer die passende Garderobe, nicht zu kalt und nicht zu warm. Ihr Fell ist immer sauber und gepflegt, sie sind zu jedem Anlass modisch angezogen.
Die Modeschöpfer brauchen die Mode.
Kommentare:
S. am 1. November 2003 um 21:20
Manchmal wäre es gut, ein Tier zu sein.
10.11.2003 ECHT . ZEIT
Wir haben heute den ganzen Tag Nachrichten non Stop, wir sind Echtzeitmenschen. Alles passiert für uns gleichzeitig, die Bearbeitung einer Rechnung, der Terroranschlag in Saudiarabien und die Geburt einer Nichte. Wir sind durch die modernen Kommunikations-mittel überall live dabei. Alles kommt zur selben Zeit in unseren Kopf. Unser Gehirn kennt kein gestern und kein morgen, kein Vergessen und kein Erinnern. Es ist voll-gestopft mit dem Augenblick. Wir sind Bewegungs-Menschen, wir sind immer in Aktion. Es ist eine Zeit, wo wir von den Terminen erdrückt werden. Ein Mensch ohne Terminkalender wird für einen Faulpelz gehalten. Wenn einem persönlich die Termine ausgehen, dann gibt es Einladungen von den Verwandten, verschiedene Termine aus dem Rundfunk und dem Veranstaltungs-kalender. Wer im Urlaub ohne Termine nicht sein kann, der landet in den Händen der Animateure. Muss man beim Postschalter länger als eine Minute auf die Abfertigung warten, so erscheint uns dies wie eine Ewigkeit. Auf die Frage, ob jemand eine Minute Zeit hat, wird man eine abschlägige Antwort bekommen.
Verschenke eine Minute.
12.11.2003 STUMM . REDEN
Im Schwimmbad von Portoroz gibt es in der Badelandschaft ein großes Aquarium mit verschiedenen Meeresfischen. Die Badegäste können die Fische beim Schwimmen beobachten und die Fische können den Badegästen beim Schwimmen zusehen. Es kommt zwischen den Menschen und den Fischen zu einem Wettstreit wer die besseren Schwimmer sind. Von Zeit zu Zeit kommen die Fische an die Glaswand des Aquarium und machen den Mund auf und zu. Es ist, als ob sie zu den Menschen sprechen wollen, sozusagen von Kollege zu Kollege. Wir können ihre Worte nicht verstehen, für uns sind die Fische stumme Wesen. Wie sollen wir die Tiere verstehen, wenn wir oft unsere Mitmenschen nicht verstehen. Es gibt das Sprichwort : „Dieser Mensch ist stumm wie ein Fisch.” Zu recht wird Franz von Assisi als Heiliger verehrt, weil er redetet mit den Tieren und den Menschen.
Wir reden viel und sind stumm wie ein Fisch.
Kommentare:
Z. am 12. November 2003 um 14:42
Ich glaube wohl eher das die Fische die Menschen insgeheim auslachen, weil die Menschen versuchen sie nachzuahmen, nur die Menschen wissen das nicht weil die Fische schließlich stumm sind.
schlagloch am 16. November 2003 um 21:32
Vielleicht lachen Fische und Menschen einmal gemeinsam.
16.11.2003 AUF . SCHWUNG
Kommt morgen oder mit Beginn des Jahres 2004 der wirtschaftliche Aufschwung? Die Politiker und die Wirtschaftsforscher versuchen diesen Aufschwung herbeizureden wie früher die Medizinmänner versucht haben den Regen herbeizubeschwören. Die Medizin-Männer hatten dabei sicher öfter Erfolg als die heutigen Politiker. Die Wetterlage ändert sich öfter und schneller als die Wirtschaftslage. Gibt es den Aufschwung für alle ? Der Staat hat sich aus der Verantwortung verabschiedet für eine gerechte Verteilung von Arbeit und Einkommen zu sorgen. Gibt es den Aufschwung für eine kleine Gruppe von Aktionären? Zuwachsraten von drei Prozent im Tourismus oder im Handel bedeuten für den Kleinbetrieb nichts. Auch eine Prognose, das im diesjährigem Weihnachtsgeschäft für den Spielzeugkauf um fünf Prozent mehr Geld ausgegeben wird, ist für einen kleinen Spielzeugladen in einer Vorstadt ohne Bedeutung. Dieser Händler hat sich von Umsatz-Zuwächsen schon lange verabschiedet. Die Umsatz-Zuwächse gehören den großen Hotel- und Handels-Ketten. Die kleinen Tourismus- und Handelsbetriebe erfüllen die vielgelobte, aber unterbezahlte Funktion der Nahversorger. Sie sind die Landschaftspfleger für die Innenstädte.
Null Prozente für die Politik.
Kommentare:
W. am 16. November 2003 um 21:14
Hi Schlagloch, ich stimme Dir in fast allem zu bis auf einen Punkt: Die großen Handelsketten sind diejenigen, die derzeit von der Rezession und das ist hier doch eine oder nicht, kaum noch profitieren. Die kleinen Händler haben aber derzeit tatsächlich Umsatzzuwächse, wenn natürlich im bescheidenen Rahmen. Die großen Ketten haben jede Menge Personalkosten und andere fixe Kosten, die einfach weiterlaufen, aber der Umsatz steht dazu oft in keinem Verhältnis. Das beste Beispiel sind hier die großen Buchhandelsketten, die haben wirklich ein Problem: viel Fläche, hohe Mieten in den Innenstädten und jede Menge Personal “am Hals”, das sie nicht so schnell loswerden.
schlagloch am 30. November 2003 um 15:54
Einspruch: a) Das Wachstum der großen Handelsketten beruhte auf der Verdrängung der kleineren Handelsbetriebe. b) Jetzt machen sie sich gegenseitig Konkurrenz. c) Die “Verstorbenen”, gemeint die kleinen Handelsbetriebe werden dadurch auch nicht mehr lebendig.
19.11.2003 ZEIT . FALLE
Wer sich an seine Kindheit zurückerinnern kann, die zwanzig, dreißig oder mehr Jahre zurückliegt weiß, dass man damals als Kind viel Zeit zur Verfügung hatte. Es war eine sorglose Zeit in welcher man ohne Uhr und Terminkalender ausgekommen ist. Meinen Schulweg von vier Kilometer legte ich zu Fuß zurück. Dabei hatte ich Zeit für das Beobachten von Käfern und den Arbeitern beim Hausbau zuzusehen. Eine beliebte Beschäftigung von uns Schulkindern war die Waggerl der Material-Seilbahn zu zählen. Die Materialseilbahn beförderte das Magnesit vom Bergbau in Radenthein zum Heraklithwerk nach Ferndorf. Die Waggerl tauchten bei der Ortschaft Rudersdorf auf und verschwanden am Insberg. Wir zählten die Waggerl und vergasen dabei auf das Nachhausegehen. Zu Hause erwarteten mich keine Termine. Die Zeit war damals für uns Kinder kein Begriff, schon gar nicht etwas kostbares.
Heute schickt man die Kinder in die Zeitfalle. Man vereinbart für sie zusätzlich zum Schulalltag Termine bei einem Sportverein, Musikschule oder Tanzgruppe. Die Hektik der Erwachsenen überträgt sich auf die Kinder und sie werden zu Zeitfetischisten. Durch die Handys sind sie überall erreichbar und abrufbar.
Das Kapital braucht den gestressten Menschen
24.11.2003 GEDANKEN . HIMMEL
Zu Allerheiligen hat es in St. Paul während der Gräber-Segnung so intensiv geregnet, dass der Pfarrer das Ab-schreiten des Friedhofes auf den Hauptweg beschränkte, um den Besuchern das Ausharren im strömendem Regen abzukürzen. Auch wenn die Gedenktage an die Ver-storbenen, Allerheiligen und Allerseelen vorbei sind, so beschäftigt mich noch immer die Frage, wo die Gedanken, Vorstellungen und Gefühle der Verstorbenen heute sind. Bleiben die Gedanken hier auf der Erde, in den Werken, die sie zu Lebzeiten erbracht haben? Ist es egal ob diese Arbeit Öffentlichkeitsstatus erreicht hat oder ob sie im Familienkreis für den Partner und die Kinder gearbeitet haben? Übernehmen die Verwandten und die Bekannten die Gedanken der Verstorbenen? Geben die Verstorbenen im Augenblick ihres Todes ihre Gedanken, Gefühle und Vorstellungen an ihre Umwelt weiter? Bekommen die Gedanken einen Platz im Himmel und wer braucht im Himmel diese Gedanken?
Im Himmel einen neuen Körper und neue Gedanken.
27.11.2003 ADVENT . ZEIT
Nach einem Spaziergang auf dem Klagenfurter Christkindlmarkt, der seine Tore schon vor dem erstem Adventsonntag geöffnet hat, sitze ich im „Cafe am Platz”. Davor konnte ich am Markt einer Gruppe älterer Leute zuhören, wie sie sich über die laute und moderne Musik am Christkindlmarkt beschwerten. Überhaupt beginnt heutzutage der Weihnachtsrummel schon Anfang November. Das Cafe wird hauptsächlich von jungen Leuten besucht. Es tut gut unter jungen Leuten zu sitzen, die nicht über das Alter oder von den Krankheiten sprechen. Die jungen Leute sitzen meistens zu zweit an den kleinen Tischen, sind verliebt und haben strahlende Augen. Sie haben den größeren Teil ihres Lebens noch vor sich. Wahrscheinlich sehen wir Erwachsene die Zukunft voller Ungewissheit und Probleme. Die Weih-nachtszeit feiert die Jugend heute fröhlicher, nicht mehr so bedrückend besinnlich. Diese Fröhlichkeit ist ansteckend. Mit Einbruch der Dunkelheit wird es am Christkindlmarkt noch bunter und lustiger. Wir Erwachsenen haben oftmals nicht mehr die Energie am Abend noch einmal durchzustarten. Man sollte sich als Erwachsener einmal in der Woche die Unbeschwertheit der Jugend gönnen.
Wirksamer als Medikamente, ohne Nebenwirkungen.
Kommentare:
P. am 28. November 2003 um 13:01
Bedrückend besinnlich muss ja nicht sein. Aber wann sind denn junge Leute sonst überhaupt mal besinnlich? Natürlich nicht alle, aber oftmals werden aufkommende Gefühle doch durch ne “coole” Bemerkung unterdrückt. Meine Tante meinte, wieso vor Totensonntag Discos erlaubt seien, es wäre pietätlos. Die Antwort, die Toten wollen keine traurige Jugend trifft es nicht ganz, denke ich.. Einmal im Jahr sollte es besinnlich sein. Zur Weihnachtszeit nicht in Melancholie ausartend ok, aber nachdenklicher als gewöhnlich find ich schön.
30.11.2003 FÜNFZEHN . GRAD
Bei Temperaturen von plus fünfzehn Grad im November, bei frischem grünem Gras auf der Wiese und wenn die Blumenzwiebeln im Garten wieder austreiben, denkt man an den heißen Sommer dieses Jahres zurück. Man fragt sich, gibt es statt eines Winters einen zweiten Sommer? Fällt bei uns in den Alpen der Winter in das Wetterschlagloch. Von verwurzelten Alpenbewohner wird behauptet, dass ein Winter ohne Schnee und ohne minus Temperaturen für die Menschen und die Natur ungesund wäre. Dann wäre im Mittelmeerraum, wo es keinen Winter in dieser Art gibt, alles krank und ungesund. Das Gegenteil ist der Fall, die Mittelmeer-Bewohner sind die gesünderen Menschen und die Natur ist viel üppiger als bei uns in den Alpenländer.
Sonne und Wärme als Naturheilmittel.