Über schlagloch

Er hat es sich zur Aufgabe gemacht mehrmals die Woche eine kleine Studie zu verfassen und teilt dies per Weblog „schlagloch“ einer stetig wachsenden Internetgemeinde mit. Einzelne Leser treten auf der Internetplattform mit ihm auch in eine Diskussion über das Geschriebene ein. Vom Deutschen Literaturarchiv Marbach werden ausgewählte Online-Publikationen, so auch das Blog „schlagloch“ auf der Plattform Literatur-im-Netz langzeitarchiviert. Einige „Schlaglöcher„ hat er materialisiert und zu Büchern gemacht: Zeitenwandel (2009); Die Beobachtungen (2011); Bruchstellen (2015).

sonntagsgewand

Das beliebte Ausschlafen am Sonntag während dem Arbeitsleben macht für einen Rentner wenig Sinn, dazu habe ich jetzt während der Woche Zeit. Nach dem Ausschlafen freute ich mich darauf etwas Besonderes zu unternehmen und am Sonntag gab es ein besonders schmackhaftes Essen. Das Besondere des Sonntags zieht sich durch mein ganzes Leben, wird bis zum Lebensende so bleiben. Die Erinnerungen an die Sonntage setzen mit den ersten Volksschuljahren ein. In den 60er Jahren gab es die sechs Tage Schulwoche und der Pfarrer fragte im Religionsunterreicht jeden danach, ob er am Sonntag in der Heiligen Messe war. Am Sonntag bekamen die Geschwister und ich am Bauernhof zum Frühstück nicht Milch und Polenta, sondern Kakao und Weißbrot mit Rosinen. Der Kirchgang war bei sommerlichem Wetter abenteuerlustig, bei Schnee und Kälte hat er uns herausgefordert. Wir bekamen ein sauberes und ein schöneres Gewand zum Anziehen. In der Kirche sind die Volksschüler, im Sonntagsgewand, in den vordersten Kirchenbänken gesessen und wir waren mucks Mäuschen still. Der Pfarrer hat dem Kirchenvolk den Rücken zugewandt, nur beim Verlesen des Evangeliums und der Predigt zeigte er sein Gesicht.

Das lateinische Gemurmel des Pfarrers blieb den meisten Gläubigen unverständlich. Nach dem 2. Vatikanischen Konzil, Ende der 60er Jahre, hat sich die Messliturgie grundsätzlich geändert. Die Priester verwenden die Muttersprache und sind dem Gottesvolk zugewandt. Eine Angleichung an den Frontalunterricht in der Schule. Im Altarraum der Priester, welcher um den Glauben Bescheid weiß, in den Kirchenbänken die Gläubigen, welche belehrt werden. Fragen zu den einzelnen liturgischen Handlungen, Texten oder zu den Inhalten der Predigt zu stellen, ist bis heute nicht möglich.

lebensgeschichte

Ich erinnere mich an die Aufbruchstimmung nach dem 2. Vatikanischem Konzil, wo danach die Kirchenbesucher in den Gottesdienst eingebunden waren, wo jeder sein Anliegen in den Fürbitten vorbringen konnte. Für uns Jugendliche gab es einen Jugendseelsorger, der etwas auf dem Hut hatte, der Gitarre und Fußball spielen konnte, mit einer Jazzmesse Schwung unter die Kirchenbesucher brachte. Jugendseelsorger, dieses Wort habe ich lange nicht mehr gehört, vielleicht steht es noch auf der Gehaltsliste der Diözese. Die Aufbruchstimmung weicht dem Beharren. In der Sonntagsmesse fehlt bei der Verkündigung des Evangeliums der letzte Schritt, bei dem die Menschen in die Predigt eingebunden werden.

Ein Bereich wird von der Kirche noch gut abgedeckt, was kommt nach dem Tod? Was kann uns die Angst vor dem Sterben nehmen, die Angst vor dem Sterben ist wohl größer als die Angst vor dem Tod? Vom Sterbeprozess hat jeder andere Vorstellungen, wenn es dazu schmerzvolle Erfahrungen in der Familie oder im Bekanntenkreisgibt. Glücklich wer Menschen erlebt hat, die sich gegen das Sterben nicht gewehrt haben, friedlich eingeschlafen sind. Die letzten Worte von dem Philosophen L. W. sollen gewesen sein: „Sagt allen, ich habe ein gutes Leben gelebt“. Der Tod schafft eine Einheit, etwas was uns alle verbindet, er ist uns allen gewiss. Der Sterbeprozess ist unterschiedlich, so individuell wie jede Persönlichkeit, wie jede unverwechselbare Lebensgeschichte. Wer einen starken Glauben hat, wie es in der christlichen Praxis heißt, einen starken Glauben geschenkt bekommen hat, der wird die Verheißung des Pfarrers in der Predigt dankbar aufnehmen: Wir können gewiss sein, dass es für jeden von uns nach dem Tod eine Heimat bei Gott gibt. Die Art und Weise liegt jenseits unserer Vorstellungen. Wer im Leben von den Mitmenschen viel Liebe erfahren hat und sich den Menschen mit Liebe zugewandt hat, der kann auf Erden etwas spüren, wie es im Umfeld Gottes sein wird.

kurzmeldung

In Treibach-Althofen stürzte ein Dachdecker trotz eines Sicherheitsgitter vom Dach sechs Meter in die Tiefe. Der Schwerletzte wurde mit dem Rettungshubschrauber in das Klinikum Klagenfurt transportiert. Übersieht diese Zeitungsnotiz ein Leser in Feistritz im Drautal? Macht er sich Sorgen um diesen Dachdecker? Vielleicht kennt er in seiner Gemeinde oder in der Verwandtschaft einen ähnlichen Fall? Wurde er von seiner Frau schon davor gewarnt im fortgeschrittenen Alter die Obstbäume von einer Leiter aus, im Frühjahr, auszuputzen. Von einem netten Bankbeamten, welcher beim Kundenschalter in der Raiffeisenbank Feistritz im Drautal gearbeitet hat weiß ich, dass er beim Obstpflücken von der Leiter gestürzt ist. Er konnte seinen Beruf nach einer Beckenzertrümmerung nicht mehr ausüben. Bezieht man solche Erinnerungen in das Lesen einer Kurzmeldung ein, dann gewinnen diese Nachrichten an Gewicht.

Fehlt einem jeder persönliche Bezug zu einer Kurzmeldung, dann neigt man dazu diese Zeitungsnotizen als Nonsens abzutun. Schade um den Platz in der Zeitung, dieser könnte mit Wichtigerem gefüllt werden, aber was wäre dieses Wichtige? Braucht es in diesem Fall etwas Toleranz, da es sich um eine Regionalzeitung handelt, wo diese Nachrichten das Salz für die Leser sind. Vor dem Verurteilen oder dem Kritisieren sollte man für die eigene Meinungsbildung verschiedenes in Betracht ziehen. Lobt man etwas, dann kann man in der Meinungsfindung und in den Aussagen sehr großzügig sein. Großzügigkeit ist dünn gesät, zumeist bevorzugen wir es, über andere scharf und manchmal ungerecht zu urteilen.    

unbefleckt

Wer es über Jahre gewohnt ist die Regionalzeitung morgens vor der Wohnungstüre zu finden, der möchte diese nicht mehr missen. Manche zögern das Holen der Zeitung bewusst hinaus, sie möchten den neuen Tag nicht mit einer schlechten Meldung belasten. Es kann sehr schön sein eine Weile zu beobachten wie sich die Dämmerung verflüchtigt oder dem Aufgehen der Sonne zuzusehen. Von draußen dringen Vogelstimmen in das Wohnzimmer. Beim Aufstehen kann ich mit den Vögeln nicht mithalten, dies schafft nur die Katze Sissi. Sie liebt die Morgenstunden und sprintet nach dem Aufwachen ein paar Mal durch die Wohnung, von einem Balkon zum Nächsten, immer den Vögeln nach. Solange die Regionalzeitung vor der Tür liegt, bleibt der Tag unbefleckt von schlechten Nachrichten.  Eine Ausnahme, man hat ein Ärgernis vom vergangenen Tag des Nachts über mitgeschleppt und es meldet sich jetzt wieder. Wer gut drauf ist, macht es wie die Sonnenblume und wendet sein Gesicht der Sonne entgegen.

Beim Blättern in der Regionalzeitung stolpere ich über eine Vielzahl an Kurzmeldungen. Hier ist Platz für die Meldung, dass in Kötschach Mauthen eine junge Katze in der Nähe vom Pfarrhof mit einen Luftdruckgewehr angeschossen wurde. Sie wurde so schwer verletzt, dass sie eingeschläfert werden musste. Ist diese Nachricht auch für die Leser in Völkermarkt interessant, frage ich mich? Wer selbst eine Hauskatze hatte und sie nach achtzehn Jahren wegen Nierenversagen einschläfern musste, kann sich in diesen Fall etwas einfühlen. Wie traurig es für die Katzenbesitzerin ist, dass die vergötterte Katze wegen einem bösen Menschen oder einem Nachbarn, welchen die Katze gestört hat, eingeschläfert werden muss.

widerspruch

Als außenstehender Beobachter denke ich, dass es bei einem Meinungsaustausch nicht darum geht, dass jemand recht hat. Wichtig ist, dass jeder Beteiligte seine Meinung äußert, ohne jemand anderen zu bevormunden oder seine Meinung aufzuzwingen. Eine andere Meinung zu haben oder das Thema mit anderen Ansichten zu erweitern bedeutet nicht, es geht um des Widersprechens willen. Ich kann mir vorstellen, dass es einen Konsens gibt, für ein gepflegtes Erscheinungsbild und über die Ausführung des Daches und die Fassadenverkleidung trifft nicht aller Geschmack. Muss immer jemand Recht haben und Recht behalten?  Zu einer Sache kann es ein breites Spektrum an Ansichten geben, was kann falsch sein, wenn man eine Sache anders beurteilt. Wie soll ein Wissensaustausch funktionieren, wenn jemand den Anspruch stellt, dass nur sein Standpunkt richtig ist.

Etliche Jahre wurde der kleinwüchsige Ober ob seines originellen Haarzopfes und seiner Kompetenz gelobt. Seine umsichtige und flotte Art garantierte, dass er das Service im Griff hat. Sein Auftreten gegenüber den Gästen war weder abwertend, noch von einer unnatürlichen Höflichkeit geprägt. Alle extra Wünsche wurden an die Küche weitergegeben, ob Salat ohne Dressing und nur mit Essig und Öl oder das Rinderburger durchgebraten und das Leitungswasser angewärmt. Für alle Wünsche war er offen und man konnte sich darauf verlassen, dass sie erfüllt wurden. Hatte der Gast einen Sager auf den Lippen, so ist er darauf eingegangen, hat nichts zurückgewiesen oder abgelehnt.  All dies wurde an ihm geschätzt, nach dem letzten Besuch im Restaurant war die anschließende Meinung, der Ober sei unfreundlich. Hofiert in übertriebener Art wurde man von ihm nie, man hat sein solides Service geschätzt. Könnte es der Fall sein, dass nicht der Ober einen Minuspunkt verdient, sondern dass man selbst in das Minus gerutscht ist. Beim Restaurantbesuch einen unfreundlichen Tag hatte und dies auf den Ober projiziert hat? Ehrlichkeit tut gut.