Ich habe sie beide lieb, keines von beiden darf geschlachtet werden. Es besteht eine heimliche Freundschaft zwischen uns. Komme ich in den Stall und nähere mich der Schweinebox, dann kommen sie laut grunzend herbei und ich kratze sie vorsichtig zwischen den Ohren. Sind die Eltern nicht in der Nähe, dann erzähle ich ihnen von meinen Schwierigkeiten beim Lesen, von der schlechten Note bei der Ansage. Auch von der Strafarbeit, weil ich zwei Mal die Hausaufgabe vergessen habe. Schuld daran waren die neue Schaukel und die Strickleiter, die Steffis Vater bei ihnen im Garten montiert hat. Mit Steffi habe ich bis zum Abend auf den Spielgeräten herumgeturnt. Kaum habe ich den Schweinen etwas erzählt, heben sie ihre Schnauze und stoßen einen Grunzer aus, als Bestätigung dafür, dass sie mich verstehen. Sie stimmen mir zu, dass ich Paul, der im gelben Haus wohnt, blöd finde, weil er an meiner Schultasche gezogen hat und mich umstoßen wollte. In der Schule kann ich mich vor ihm hinter der Garderobetür verstecken. Fordert uns die Lehrerin auf, eine Scheune oder eine Wiese zu zeichnen, zeichne ich zu den Kühen und Schafen immer auch zwei Schweine dazu. Oft habe ich in den letzten Monaten beim Füttern der Schweine geholfen, ich leerte aus dem Kübel Milch in den Futtertrog. Jeder von den Beiden will beim Fressen der Erste sein. Aus den putzigen Ferkel sind zwei kräftige Schweine geworden.
Mit gesenktem Kopf und traurigen Gedanken sitze ich am Tisch und verspüre keinen Hunger mehr. Ich bin zornig auf Papa, er ist ein böser Papa und ich bekomme Bauchweh, wie vor einem Lesetest. Ich kaue lange am Marmeladebrot, es will den Hals nicht hinunterrutschen. Die Schlucke aus dem Kakaobecher werden immer kleiner. Ich habe mich so darauf gefreut mit der Mama die Ostereier zu färben, jetzt ist alles anders. Vielleicht kann ich mit dem Osterhasen verhandeln, ihm einen Tausch vorschlagen? Ich verzichte auf meine Osterwünsche, eine Jacke und einen bunten Regenschirm und er schickt dafür ein fremdes Schwein. Fridolin und Hansi könnten weiter leben. Ganz fest denke ich daran und drücke beide Daumen. „Schmeckt dir das Frühstück nicht“?, fragt der Papa, steht auf und geht aus der Küche. Durch das Fenster sehe ich, dass ein Auto in der Hauseinfahrt stehen bleibt und kurz danach wird eine Autotür zugeschlagen. „Du bleibst solange in der Küche bis ich dich hole und iss dein Brot“, fordert mich die Mama auf und geht hinaus. Nach einiger Zeit ertönt ein dumpfer Knall und ich presse beide Hände fest gegen meine Ohren. Der Osterhase kann manchmal die Wünsche der Kinder nicht erfüllen, hat Mama einmal gesagt. Aus der Tischschublade nehme ich ein Blatt Papier und zeichne mit meinen Buntstiften einen Stall und auf der Wiese davor Kühe, Schafe und ein Schwein.