Caravaggio

Wie kann ein Pfarrer über Phänomene predigen, die außerhalb unserer Wahrnehmung liegen? In dieser Situation greifen sie gerne zu Zitaten oder kurzen Ausschnitten von Literaten, wie Heinrich Böll, Peter Handke oder Rainer Maria Rilke. Die Bibel ist voll von Gleichnissen, weil es Jesus so möglich war das Wesen seines göttlichen Vaters dem Volk verständlich zu machen. Ohne die Gleichnisse vom Sämann, vom Weinbauer oder vom Fischer wäre dies nicht möglich gewesen. Ist uns die christliche Botschaft zumutbar, wenn sie nur mit Hilfe von Gleichnissen zu vermitteln ist und verständlich ist? Was der Wille des göttlichen Vaters ist, was wir tun und was wir unterlassen sollen, was uns nach dem Tod erwartet? Das Gleichnis vom ungläubigen Thomas ist den meisten Gläubigen bekannt. Thomas glaubte den anderen Jüngern nicht, dass ihnen der auferstandene Jesus erschienen ist. Er will dies erst glauben, wenn er seine Finger in die Wundmale von Jesus legen kann. So ist es dann geschehen, berichtet die Bibel. 

Der „Ungläubige Thomas“ ist bei der Kommunikation im Alltag ein fester Begriff. Kann man jemanden von einem Geschehen nicht überzeugen, dann nennen wir ihn gerne einen ungläubigen Thomas. Manche Menschen neigen zur Ungläubigkeit, sie erkennen Ereignisse oder Aussagen, welche sie nicht selbst erlebt haben, nicht an. Andere sind, ist ihnen etwas sympathisch, gleich Feuer und Flamme. Welche Methode kann ein Prediger anwenden, um diese biblische Begebenheit seinen Zuhörern nahe zu bringen? Dabei nicht in die Routine einiger zu verfallen und die Sätze aus dem Evangelium zu wiederholen. Ein Prediger in der Stadtpfarrkirche Villach hat mit einer Bildbeschreibung den Versuch unternommen, die Bibelstelle vom „Ungläubigen Thomas“, den Kirchenbesuchern nahezubringen.

Der Prediger lieferte eine Bildbeschreibung von „Der ungläubige Thomas“, wie es der italienische Maler Caravaggio in der Barockzeit gemalt hat. Auf dem Bild greift Thomas mit einem Finger tief in die Seitenwunde von Jesus, dass mir das Frösteln kommt. Er fährt mit dem Finger ungeniert in die Seitenwunde, man spürt den Schmerz, den er damit Jesus bereitet haben muss.

Cineplex

Jeder der Augen hat kann es sehen, jeder der Ohren hat kann es hören, das Smartphone begleitet uns überallhin. Dabei denke ich an die letzten drei Tage zurück, wo ich in unterschiedlichen Situationen war. Wie gestaltete sich das Handyverhalten von mir und von Menschen welche mir begegnet sind. Bei einem Kinobesuch habe ich das Smartphone im Auto gelassen. Soweit mir im Vergnügungsbereich und Gastronomiebereich aufgefallen ist, wurde im üblichen Ausmaß telefoniert. Es war ein komischer Film mit Josef Haderer in einer der Hauptrollen. Die Geschehnisse waren tragisch, aber gerade in den tragischen Minuten verhalten wir uns zumeist urkomisch. Vieles im Alltag können wir nur mit überraschenden Antworten bewältigen. Die Sitze sind im Cineplex bequem, mit breiten Armlehnen und in diese ein Ablage für das Chips Menü mit Dressing und eine Halterung zum Abstellen des XXL-Coca-Cola-Becher integriert. Im ersten Drittel vom Film war es außer dem Gelächter, welches im Hals ob der Tragik stecken zu bleiben drohte angenehm . Nach und nach tauchten auf immer mehr Beistelltische die Smartphones auf. Von da und dort war ein Vibrieren oder das Piepsen einer Pushnachricht zu hören. Ein Auge vertiefte sich in die Nachrichten am Smartphone, das Andere auf die Filmleinwand.

Bei meiner Nordic-Walking-Runde treffe ich Kollegen, die plötzlich stehen bleiben, das Handy klingelt. Am Gail Radweg halten Radfahrer mit einer Hand das Handy ans Ohr, die andere gestikulierend in der Luft. Geht es heute darum die Leine zur Aktualität zu bewahren oder hat die Natur in der Wahrnehmung ihren Platz. Gehen wir in die Pizzeria essen bin ich peinlich berührt, weil unser Tisch ist einer der wenigen auf dem kein Smartphone liegt. Exotischer weise unterhalten wir uns ohne Smartphone, anstatt abwechselnd dem Gegenüber das Smartphone vor das Gesicht zu halten. Beim Mittagessen in einem Restaurant schäme ich mich, habe ich kein Smartphone am Tisch liegen. Wird dies Grund einer Bewertung: Bekommt dieser Gast keine Anrufe, hat er keine Freunde? Wahrscheinlich steht dieser Herr außerhalb der Betriebsamkeit und hat kein Smartphon, bestenfalls ein Tastentelefon.  Er gehört sicher zu den wenigen, welche eine öffentliche Telefonzelle benützen .

Hotlines III

Frau Finken unterbricht mich: „Es tut ihr leid aber besagter Herr hat sich vom System abgemeldet. Die ist ein Hinweis, dass er nicht in seinem Büro ist, er könnte auf Grund der Gleitzeitarbeit schon nach Hause gegangen sein oder er verbringt den heutigen Tag im Homeoffice. Möglich wäre es auch, dass er sich in einem anderen Büro aufhält, dies könne sie von Salzburg aus nicht feststellen.“ Ich bat Frau Finken, mir eine Verbindung in die Landesstelle Kärnten der Sozialversicherung herzustellen. Vor Ort werden sie besser Bescheid wissen, wo sich besagter Herr Trauonig aufhält?

Mit diesem Argument konnte ich die Dame in der Vermittlung überzeugen. In Klagenfurt erklärte mir die nächste Gesprächspartnerin, dass Herr Trauonig derzeit Dienst im Kundeninfocenter macht. Sie werde ihm ein E-Mail schreiben, dass er mich zurückruft. Jetzt konnte ich mein Smartphon weglegen, das Ohr und die linke Hand konnte sich erholen. Während der Entspannung, welche sich nach den zwanzig Minuten Hotline im Körper ausbreitete meldete sich ein dringendes Bedürfnis. Erleichtert saß ich am WC, als im Vorraum das Telefon klingelte.

Von den öffentlichen Thermalbädern wird das Abschalten, dass Loslassen vom Alltagsstress auf ihre Fahnen geheftet. Zumeist gibt es einen Ruhebereich, noch besser einen Ruheraum. Beim Zugang zur Ruhe Oase wird mit einem Piktogramm Telefonieren mit dem Smartphon verboten darauf hingewiesen. Schön zu erleben, wenn dort Eltern auf ihre Kinder einwirken, dass sie sich in der Lautstärke zurücknehmen. Es fehlt in den öffentlichen Bädern nicht an Fun-Bereiche, wo sich Kinder und Jugendliche bei attraktiven Wasserspielen austoben können. Beim vor mich hindösen werde ich von einer lauthalsen Erwachsenenstimme gestört, welche mit einem Bekannten telefoniert, dass er den Nachmittag in der Therme verbringen wird und sich gerade im Ruheraum befindet.

Hotlines II

Frau Finken: „Wie ist der Vorname und wie ist die richtige Schreibweise des Herrn? Ich kenne nur den Nachnamen und diesen nur vom Hörensagen. Vor einer Woche erhielt ich die Auskunft, dass für meine Bewilligung ausschließlich Herrn Trauonig zuständig sei, aber er hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon vom System abgemeldet. Eines kann ich ergänzen, ich rufe aus Villach an und der Herr arbeitet in der Verwaltung in Klagenfurt. „Sie telefonieren mit der Leitstelle in Salzburg, ich werde im Verzeichnis der Kärntner Mitarbeiter nach dem gewünschten Herrn suchen. Ist der erste Buchstabe ein D wie Dora oder ein T wie Theodor? Handelt es sich beim letzten Buchstaben um ein G wie Gustav oder ein K wie Konrad?“ Bei mir Ratlosigkeit. Frau Finken bittet für die Suche um etwas Geduld, sie kenne die Mitarbeiter in Klagenfurt nicht persönlich.

Derweil erzähle ich Frau Finken, dass ich im Herbst an zwei Wochenenden in Salzburg war, mir hat es in der Stadt sehr gut gefallen. An einem Wochenende besuchte ich die Aufführung vom Salzburger Adventsingen und den Weihnachtsmarkt am Domplatz. Für eine Wohnungsnachbarin habe ich ein Mitbringsel gesucht und bin in einem Geschenkshop gelandet. Sie verkaufen ausschließlich Unikate, erklärte mir die Geschäftsfrau. Dort wurde ich fündig, eine Schale für Duftöle. Weitere Kundschaft wartete, das Verpacken als Geschenk könne ich selbst besorgen, ich habe eine fünfundvierzigjährige Erfahrung als Kaufmann. Die Frau Finken in der Vermittlung ersuchte noch um ein wenig Geduld.  Die Geschäftsfrau wollte wissen wo ich als Kaufmann tätig war? In Arnoldstein, sagte ich. Dieser Ort ist ihr von der Fahrt nach Italien bekannt. Bekannte aus Wien haben gerade eine Wohnung im autarken Wohndorf in Pöckau bei Arnoldstein gekauft. Bei einem Blackout können die Bewohner sich selbst mit Wasser und Energie versorgen.  Gehört habe sie auch, dass es einen allgemeinen Luftschutzbunker gibt, der bei einer kriegerischen Auseinandersetzung Schutz bietet.

Hotlines

Seit der Jahrtausendwende wird bei Behörden, Institutionen und Firmen im Kundenverkehr eine Hotline, ein telefonischer Auskunfts- und Beratungsdienst, eingesetzt.  Die zuständigen Gesprächspartner sind nicht direkt zu erreichen. Die wenigsten Anrufer wollen erfahren, was die Institution für Dienstleistungen oder die Firma für Produkte anbietet. Zumeist ist man über das Gegenüber informiert, weil man schon öfter mit ihm zu tun hatte oder sich vorab im Internet informiert hat. Von der Telefonstimme kommt zuerst die Aufforderung, dass man sich auf der Webseite über dieses und jenes selbst informieren könnte oder selbst aktiv werden könnte. Bei der Sozialversicherungsanstalt werde ich mit der Signage: „Ihre SVS ist um ihre Gesundheit bemüht. Beweisen sie, wenn es um ihre Gesundheit geht, Selbstständigkeit. Dies und jenes können sie selbst auf unserer Homepage erledigen. Haben sie noch etwas Geduld, wir sind um ihr Anliegen bemüht.“ Damit sind nicht ein paar Minuten gemeint, es sind schon zehn Minuten vergangen. Inzwischen kenne ich alle Tipps auswendig, auch den Hinweis, dass es wegen des erhöhten Kundenaufkommen zu einer längeren Wartezeit kommt. Gesünder ist es, wenn man zurückgerufen wird, drücken sie die drei um einen Rückruf zu aktivieren. Ich atme erleichtert durch, als es endlich heißt: „Legen sie nicht auf, ihr Anruf ist bereits gereiht, ihr Gesprächspartner meldet sich in Kürze. Um ihr Anliegen schneller erledigen zu können, drücken sie bitte für Fragen zur Bewilligung einer Therapie die Eins, für Auskünfte zur Beitragsvorschreibung die Zwei, für alle anderen Anliegen bleiben sie in der Leitung, die Vermittlung meldet sich in Kürze“.