Bi:lanz

Zu Jahresbeginn zieht man weitläufig Bilanz über das alte Jahr und versucht verschiedene Belastungen aus dem zu Ende gegangen Jahr für erledigt zu erklären. Gerade dort wo man mit  den zurückliegenden Ergebnissen nicht zufrieden war, ob Familie, Arbeitsplatz oder Hobby. Dies versuchen auch Unternehmer bei ihren Statements auf der Jahresabschluss Feier oder Politiker bei ihren Neujahrswünschen. Gewissheit zu verbreiten, dass wir unter manche Missbildungen im Gemeinschaftswesen einen Schlussstrich ziehen können. Dies war im vergangenen Jahrzehnt möglich, die Politiker haben sich im grellsten Scheinwerferlicht präsentiert und sich heroisch auf ihre Brust geklopft und betont, dass wir in Europa und im Besonderen in Österreich eine bessere Position haben, als viele Länder auf der Erde. Bei solchen Aussagen waren sie mit dem Lob für sich nicht kleinlich und haben für die kommenden Jahre eine Besserstellung versprochen. Dabei nicht vergessen zu erwähnen, dass dies ihrer Gesinnungsgemeinschaft, ihrer Partei in der Regierung geschuldet ist. Früher verwendete man das Wort Gesinnungsgemeinschaft, dahinter ist eine gesellschaftspolitische Idee gestanden. Damit vertrat man eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, wie Landwirte und Unternehmer, Arbeiter und Angestellte, Beamte und Staatsdiener. Für diese versuchte man im Kontext zur anderen Bevölkerung eine Besserstellung zu erreichen oder Missstände zu beseitigen.

In diesem neuen Jahr lässt es sich nicht durchstarten wie wir es gewohnt waren. Kein Firmenchef oder Politiker konnte seinen Zuhörern versprechen, dass es einen Neubeginn, unbelastet von den Ereignissen des Vorjahres, gibt. Zu sehr haben die Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine, eine Auseinandersetzung zwischen ehemaligen „Brudervölkern“,  auch den sogenannten Westen hineingezogen. Ist es soweit, dass die Ukraine stellvertretend für den  Westen einen Krieg gegen Russland führt? Geht es nicht mehr darum sich gegen Russland zu verteidigen, sondern um die Zerstörung von Russland? Wird eine alte Rechnung beglichen, weil der Zerfall der Sowjetunion nicht vollständig war.

echo:lot II

Interessant ist woher die ersten äußeren Signale kommen, dass man älter wird. Bei mir war es die Verständigung einer großen österreichischen Tageszeitung. Zwei Monate vor dem Einstieg in das siebente Jahrzehnt wird mir als Aufmerksamkeit zum siebzigsten Geburtstag ihre Tageszeitung für einen Monat gratis zugesandt. In meinen Überlegungen kommt mir der siebzigste Geburtstag nicht bedenklicher vor als der Fünfzigste oder Sechzigste. Beim 50er kann ich mich erinnern habe ich mir auf Grund der immer aggressiver werdenden Einkaufszentren Gedanken, wenn nicht Sorgen, gemacht, wie lange meine Papier- und Buchhandlung überleben kann. Es war die Zeit wo das Fachhändlersterben sein Finale gefunden hat. Im Lebensmittel-, Textil-, oder Drogeriebereich war der Wettbewerb schon zu Gunsten der Handelsriesen mit ihren Filialen entschieden. Die selbstständigen Lebensmittelgeschäfte hatten bereits vor zwei Jahrzehnten ein feierliches Begräbnis, trotz Dorferneuerung und Nahversorgungsprämie. In meinen Gedanken ging es darum, wie kann ich mich mit meiner Papier-& Buchhandlung behaupten. Dabei auch um meine Person, wo würde ich als Mittfünfziger eine Arbeitsstelle finden und als was? Bei einem Gespräch über meinen Gesundheitszustand und wie kann ich die Arbeitskraft bis zur Pensionierung erhalten, gab es ein Angebot vom Hausarzt. Bei Gelenksbeschwerden und ein wenig Psyche, sei die Bewilligung einer Frühpension kein Problem. Für meine Zukunft war dies kein Wunschziel, eher ein Schamziel .

Deshalb gehörte der sechzigste Geburtstag und die Tatsache, dass es einen Nachfolger für meine Papier- und Buchhandlung gab, zu den freudigen Erlebnissen. Auch zehn Jahre nach der Übergabe existiert die Papier- und Buchhandlung weiterhin. Rückblickend nehme ich an, dass meine Arbeit geschätzt wurde und der Nachfolger hat neue Ideen eingebracht .

echo:lot

Beim monatlichen Senioren Café in der Pfarre klagen ältere Menschen darüber, Ältere würde ich mit sechzig plus festsetzen, dass vieles im Alltag beschwerlicher wird. Das Stiegen steigen, das Öffnen der Brandschutztür im Kellerbereich oder das Bücken um die Strümpfe anzuziehen. Die Ausdauer beim Sport lässt nach, noch Spaß hat man bei der Gymnastiksendung „Fit mit Philipp“.  Bei der Arbeit wird man schneller müde und die Lust an einem Freitagabend ein wenig in der Stadt zu flanieren ist nicht vorhanden. Andere kämpfen mit ersten Abnützungserscheinungen am Knochengerüst oder es gibt Einschränkungen bei der Leberfunktion. Oftmals ist es nur mit Hilfe von Medikamenten möglich den Blutdruck zu regulieren und das Herz zu schonen.

Die Spirale an Einschränkungen und Verlusten gegenüber den Jahrzehnten davor lässt sich noch lange fortsetzen. Ich gehöre nicht zu den Berufsoptimisten, möchte aber einige gute und erfreuliche Beispiele hinzufügen. Es ist nicht unbedingt notwendig in den letzten Jahren im Berufsleben noch eins draufzulegen, außer man will es. Im Berufsalltag, passen die Umstände, beginnt jeder Morgen mit Freude. Vieles kann man aus der Erfahrung besser einschätzen und wird man von Kollegen gefragt, diesen mit einem Rat zur Seite stehen. Dies bedeutet eine Wertschätzung für die eigene Person. Vielleicht spürt man schon, dass es sich bezahlt macht im mittleren Alter mit gesunder Ernährung und Bewegung zu beginnen, um im Alter eine gewisse Elastizität zu bewahren. Damit die Organe nur dem normalen Alterungsprozess anheimfallen. Gab es den Willen neben der Fokussierung auf die Berufsarbeit einen persönlichen, privaten Bereich zu schaffen, dann erweist sich dies als Glücksfall. Bei Handwerkern und Selbstständigen besteht oft die Gefahr, dass es keinen Platz und keinen Sinn für bestimmte Liebhabereien bestehen. Vorlieben, wie die Pflege von Blumen, der Umgang mit Bienen, das Basteln von Weihnachtsgrippen oder die aktive Mitarbeit bei Vereinsfesten. Viele Hobbys als Spinnereien abgetan machen glücklich und schlagen sich für eine gute Nachtruhe nieder.

zeit:fenster ll

Auch in meiner gewohnten Umgebung in Judendorf, Völkendorf und Warmbad, kommt es öfters zu einem Zweikampf mit der Zeit. Gerade sitze ich auf der Loggia und nehme mir vor etwas im Tageheft einzutragen, da ruft die Tischglocke zum Mittagsessen. Vorrang haben zumeist profane Termine, was ich oft bedauere. Im Eintrag vom 7. 9. 2021 beschreibe ich, dass ich seit drei Tagen vergeblich versucht habe etwas im Tageheft festzuhalten. Festhalten trifft sehr gut die Bemühungen etwas aufzuschreiben. Es würde nicht zum ersten Mal passieren dass, halte ich eine Beobachtung oder einen Gedanken nicht sofort schriftlich fest, ich diesen vergesse oder sie werden wie ein Stück Holz von der Gail fortgeschwemmt.

Das Scheitern der letzten Tage, wenn man dies als Scheitern bezeichnen kann, ist genau beschrieben. Nach dem Rückentraining, dem anschließenden Besuch der Therme und Mittagessen war mir am Freitag nicht mehr zum Schreiben zu Mute. Am Samstag habe ich die Wohnung aufgeräumt, mich danach auf das Fahrrad gesetzt und bin in die Nudelfabrik nach Finkenstein geradelt. Die Viertelstunde für ein aktuelles Festhalten der Eindrücke, ein Statement wollte nicht gelingen. Freitag und Samstag kehrte ich so rasch wie möglich in die Schreibstube zurück. Vorrang hatte das Verfassen von Blogeinträgen, um etwas von den Wiener Eindrücken auszuformulieren. Zu dieser Zeit lässt sich in jedem Beitrag ein Bezug mit dem Coronavirus herstellen. Zu kurz gekommen sind Bezüge zum Corona Management der Bundesregierung. Gibt es derzeit außer schönen Worten ein Pandemie Management ?  Alle freuen sich über das anhaltende schöne Wetter. Aus den Tageheften…

zeit:fenster

Ein Großteil der Beiträge für das Blog schlagloch hat ihren Ursprung in den Notizen in meinen Tageheften. Diese Vornotizen haben ihre eigene Geschichte. Manchmal frage ich mich bei einer Besichtigung, einem Kuraufenthalt oder einer Urlaubsreise, wann gibt es ein Zeitfenster, damit ich mit meinen Einträgen, Notizen beginnen kann. Ende August bin ich von Wien zurückgekehrt, dort habe ich erlebt, dass nach einer Besichtigung schon der nächste Termin auf mich gewartet hat. Zwischen den einzelnen anvisierten Terminen ist oft keine Zeit geblieben etwas in das Tageheft einzutragen. Am Donnerstagvormittag Belvedere 21, Fritz Wotruba, Lois Weinberger, Maja Vukoje; am Donnerstagnachmittag Albertina, von Monet bis Picasso und am Donnerstagabend im Pygmalion Theater Thomas Bernhard – Die Wiederholung.

Bei einem Stadtbesuch kommt erschwerend hinzu, dass der Ortswechsel mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr Zeit beansprucht, als es sich laut Fahrplan anhört. Danach eine gewisse Suchzeit bis zum nächsten Event Ort. Orte, welche man schon öfter besucht hat bilden eine Ausnahme. Für Zugreisende ist die Lage von Hotels in Bahnhofsnähe optimal, einige wurden am Wiener Hauptbahnhof neu errichtet. Ungünstig gestaltet sich der Gang durch den Hauptbahnhof in die Untergeschoße bis man die U-Bahn-Station erreicht. Ein ziemlich langer Weg, der sich am Morgen gefühlsmäßig kurz anfüllt, beim Nachhause kommen am späten Nachmittag sich in die Länge zieht, wie nach dem Besuch der Wotruba Kirche in Mauern. Nach dem Orgelkonzert in der Franziskanerkirche am Abend kein Ende nehmen will, bis man den Ausgang zur Sonnwendgasse erreicht. Etwas hat dies mit der Müdigkeit zu tun, welche die Kulturtouristen vor Mitternacht befällt. Zusätzlich drücken die Schuheinlagen auf die Fußsohlen. Zu einem Gewissenskonflikt kann es bei Besichtigungen zu Zweit kommen. Es wird als unhöflich angesehen, wenn ich bei einer Kaffeepause in der Albertina das Tageheft zücke um die Eindrücke, genauer die Abdrücke auf der Seele, in das Tageheft zu schreiben. Mich sozusagen vom Partner abwende und für fünfzehn Minuten mich zuwende, um das Diagramm von der Seele festzuhalten. Aus den Tageheften…