Aufrufe zur Mäßigung und Verzicht sind schon lange nicht mehr eine Domäne der Religionen. Die Hotelerie hat den Mehrwert, sprich die zusätzlichen Umsatzmöglichkeiten in der Fastenzeit erkannt. In Vitalzeitschriften und in den Gesundheitsbeilagen der Tageszeitungen wird für Basenfasten, Heilfasten und andere Schlankheitskuren eifrig Werbung gemacht. Diese werden garniert mit Angeboten aus dem Wellnessbereich. Versehen mit dem Hinweis, dass trotz Kalorienreduktion die Gaumenfreuden nicht zu kurz kommen. Zu sehr will man den wohlstandsverwöhnten Menschen nicht herausfordern, höchstens was die Kosten eines solchen Fastenurlaubs anlangen. Mit ihren Angeboten stehen sie in Konkurrenz zu den Kurheimen und den Klöster, welche schon seit Jahrzehnten Fastenwochen anbieten und dabei auch den spirituellen Aspekt mit einbinden. Dabei wird der Versuch unternommen nicht nur den Körper von Schlacken zu reinigen, sondern auch die Gedanken vom geistigen Müll und Unrat zu entsorgen. Wir kämpfen heute nicht nur für eine reine Umwelt, sondern auch gegen eine geistige Umweltverschmutzung. Einige Kurhäuser haben sich auf Behandlungen nach Pfarrer Kneipp spezialisiert, welche die Wiederherstellung des seelischen Gleichgewichts miteinschließen. Neben den Anwendungen nach alten Weisheiten der Europäischen Medizin, fließen Behandlungen von östlicher Medizin, wie Ayurweda und Traditionelle Chinesische Medizin mit ein. Im Allgemeinen hat man die Erfahrung gemacht, dass Fasten und Verzichten in der Gruppe oder im Rahmen eines Kuraufenthalts leichter fällt, als wenn man es als Einzelperson durchführt.
Neben der Kurhotelerie lässt auch die Gastronomie und die Lebensmittelindustrie das Segment Fasten und Diät nicht aus ihrem Blickwinkel. Aktive Gastronomen bieten nicht nur rund um den Aschermittwoch Fastenspeisen an, in manchen Lokalen gibt es täglich ein Fastenmenü. Passend dazu das alkoholfreie Fastenbier. Im Genussmittelhandel sind die fett- und kalorienreduzierten Lebensmittel schon lange kein Nischenprodukt mehr. Sie füllen im Supermarkt eigene Abteilungen. Auch das beliebte Coca Cola gibt es ohne Zucker, laut Werbung mit demselben Geschmack.
Wem dies alles noch zu wenig ist, der findet in den Fitnessstudios spezielle Coach, die ihren Teil zum Abnehmen und Schlankwerden beitragen. Vornehmlich zielt die Werbung dabei auf die weibliche Kundschaft. Im selben Atemzug gibt es die passenden, schlankmachenden Pillen aus der Apotheke. Bis zur Badesaison sind es nur mehr drei Monate. Von der Fastenzeit geht man nahtlos zu den Frühlingskuren, zum schnellen Abnehmen, über. Ich bin gespannt, welche neue Diät in diesem Frühjahr auftauchen wird. Mit einer einzigartigen Fastenidee überraschte uns eine Bekannte, sie werde in den nächsten Monaten Männerfasten. Nach einer unglücklichen Beziehung werde sie im nächsten Zeitraum die Männer keines Blickes würdigen.
Ausschweifungen