corona:glaube

Mich fasziniert in Pandemiezeiten der unerschütterliche Glaube von Jakob, in der Erzählung Die Freiheit der Fische, an die einzige Stabilität die wir haben, an die Regelmäßigkeit der Natur. Sein Glaube an die Wiederkehr des Frühlings nach dem Winter, den Sommer, dem der Herbst folgt. An die Abfolge des Lebens, ist eine Katze verendet, wurde sie durch die Geburt einer jungen Katze ersetzt. Diese Gewissheiten, welche wir in unserer technischen und bespaßten Gesellschaft oft übersehen, teilweise nicht mehr wahrnehmen, haben für mich in Coronazeiten einen sinnstiftenden Wert. Woran hat man sich in den letzten Monaten festhalten können? Nicht an den Aussagen der Virologen, nicht an den Maßnahmen der Politiker, die sozusagen unter einer Handlungsneurose litten, etwas musste geschehen, verordnet werden. Dies waren sie der Bevölkerung, ihrer Wählerschaft schuldig. Manche Verordnung die abends verkündet wurde, hat das Morgengrauen des nächsten Tages nicht mehr erlebt.  Beständigkeit ist, wenn in der Nachbarschaft im Frühling die Bäume  frische Blätter bekommen, zu Blühen anfangen, über den Sommer die Äpfel reifen und im Herbst geerntet werden. Der Mittagskogel auf das Villacher Becken blickt und im wechselnden Licht der Jahreszeiten sein Antlitz verändert. 

In Politzen lebte eine Magd, für uns Kinder war sie ihrem Äußeren nach eine Hexe. Sie hatte langes, strähniges Haar, eine zerschlissene Kleidung, hinkte und lallte ständig vor sich her. Für Unterkunft und Kost hat sie bei einem Bauern bei der Feld- und Stallarbeit mitgeholfen. Ihre Kammer war ein Bretterverschlag im Kuhstall. Dort schlief sie auf einer Matratze mit einer Decke zum Zudecken. Eine Koje, ähnlich wie sie für die jungen Kälber im Viehstall verwendet wird. Zum Waschen ist sie zum nahegelegenen Bach gegangen, egal ob Sommer oder Winter. An manchen Tagen ist sie abends, gefolgt von einer Schar Katzen, zu den umliegenden Bauern gezogen, in der Hand eine kleine Blechkanne. Schaffte sie es bis in den Kuhstall, wurde sie nicht vorher vom Hof verscheucht, dann hat sie mit der ausgestreckten Hand um a Schalele Mülch für ihre Katzen gebettelt.

Katzenliebe

corona:lesezeit II

Die Frage, wie schafft es die Autorin Sophie Reyer die Gedankenwelt eines Autisten nachzuvollziehen, stellte ich mir bald? Ein Roman ist eine Fiktion, es könnte so gewesen sein, es geht nicht um eine funktionelle Wahrheit, eher um die Erschließung einer neuen Welt? Sie öffnet eine Dose, darin unzählige Gedanken von in sich zurückgezogenen Menschen eingeschlossen sind. Seine Weigerung zu sprechen, sich gegen die Neugier zu wehren mit der wir einem Schulkind gegenübertreten, ist mir bekannt vorgekommen. Wir wollen von einem Kind zumeist Alles wissen. Eine der schamlosesten Fragen die mir gestellt wurden und die heute wiederum Kindern gestellt wird, ist die Frage: „Wie war es in der Schule? Was hat euch die Lehrerin erzählt, was habt ihr im Unterricht gelernt“? Als Kind ist man diesen Fragen schutzlos ausgeliefert, außer man steht außerhalb des Gängigen und sagt einfach Aaa oder es war toll. Was toll war will man auf keinen Fall preisgeben. Für sich selbst genügt, es war toll. Die Fragenden sollen sich selbst darüber Gedanken machen, was toll gewesen sein könnte. Es war toll, ein absoluter Gedanke, der keine Zweifel aufkommen lässt. Diese Sprachlosigkeit erzürnt den Vater bis zur Weißglut und lässt ihn handgreiflich werden. Das Schlimmste für den Vater ist, dass der Bub augenscheinlich keinen Schmerz verspürt, die Hiebe in das Leere laufen. Dies kann dazu führen, wie in der Verwandtschaft der Fall, dass man ein in sich geschlossenes Kind vor Verletzungen schützen muss. Vor gefährlichen Werkzeugen wie Messer, Hammer und allen spitzen Gegenständen, sowie von Feuer und heißen Wasser fernhalten, weil sie keinen Schmerz verspürt.

Als junger Bursche wendet sich Jakob vom Dorf ab, findet zuerst in einer Scheune und später in einer Höhle im Wald eine Unterkunft. Ohne dies anzuzweifeln, ist dies praktisch möglich? Kann es ein so selbst bestimmtes Leben geben, von Beeren, wilden Früchten und vom Getreideanbau zu leben?  Die Körperpflege passiert im nahegelegenen Bach, ob Sommer oder Winter. Einige Katzen teilen seine Isolation.

Tollkühn

corona:impfmodus

Jetzt wird appelliert noch ein paar Monate die Coronamaßnahmen mitzutragen und durchzuhalten, dann wird die Impfung gegen das Coronavirus seine Breitenwirkung entfalten. In großen Mengen werden Impfstoffe produziert, wie viele sich sofort impfen lassen und wie lange die Wirkung des Impfstoffes anhält, diese Fragen bleiben offen. Wir werden in den nächsten Jahren immer wieder mit dem SARS Virus konfrontiert sein. Entwickelt unser Körper keine spezielle Immunität gegen das Virus, sind wir im neuen Jahrzehnt im Impfdauermodus und was passiert in der Impfpause? Im Spätherbst habe ich mich erstmals gegen die echte Grippe impfen lassen, obwohl ich mich an keine Grippeerkrankung erinnern kann. Zwischendurch litt ich an einem typischen Schnupfen. Dabei schonte ich, soweit als möglich meinen Körper und versorgte ihn mit viel Flüssigkeit, um damit das eigene Immunsystem zu unterstützen. Zeitweise war ich ungeduldig, wenn sich nach drei Tagen die Symptome einer Erkältung nicht verabschiedet haben.

Bekannte erzählten, dass sie zu Jahresbeginn an einem hartnäckigen Husten oder Halsschmerzen gelitten haben, die durch Antibiotika nicht gebessert wurden. Die Ärzte erklärten, es handelt sich dabei um einen hartnäckigen Virus, sie müssten Geduld haben. Mit dem heutigen Wissensstand sind sich die Bekannten einig, dass sie vom Coronavirus infiziert waren. Zu diesem Zeitpunkt hat bei uns noch niemand das Virus erkannt.

Die Pandemie trägt nichts zur Erhellung der menschlichen Ursuppe bei. Die Pandemie hat die Vorstellung, dass es gibt Gewissheiten in Frage gestellt. Manche belehrt welche behaupten, wir haben die Natur im Griff. Derzeit hat uns ein winziger Virus im Griff und er ist  nicht bereit, uns aus seiner Umarmung, loszulassen.

Freundschaft

corona:lesezeit I

Ein Buch für die frühen Morgenstunden in diesem Jahr war die Erzählung von Sophie Reyer, „Die Freiheit der Fische“. Es stand auf der Leseliste zu einem Literaturseminar. Die Geschichte: Ein Dorf zu Beginn der 80er Jahre, ein Bauernhof, die Bauersleute haben drei Kinder, zwei Mädchen und einen Buben. Der Bub, der selbstverständliche Hoferbe, ist ein in sich zurückgezogenes Kind. Durch sein schweigsames Verhalten wird er zum Ärgernis für die Familie, besonders für den Vater. Seinem Verhalten nach hält er den Buben untauglich für die Arbeit in der Land- und Forstwirtschaft. Nicht nur dass, er sieht in ihm eine Schande für die ganze Familie. Die Mutter nimmt es als ein Übel hin, dass der Bub sich anders verhält als alle übrigen Kinder im Dorf. Eine Schwester kann seine Empathie wecken, die andere steht auf der Seite des Vaters und bezeichnet ihn als nutzlosen Krüppel. So nimmt dieses teilweise tragische und teilweise berührende Leben seinen Lauf.

Es geht nicht darum die Geschichte nachzuerzählen, das Buch kann jeder, wer will selbst lesen. In einem Roman finde ich meistens zweierlei, er kann mir eine fremde Welt erschließen und zum Anderen kann es Berührungspunkte zu meinem eigenen Leben, Erfahrungen oder Gedankengut geben. Beim Lesen eines Buches interessiert mich immer, wo kann ich mit meiner Lebensgeschichte an die Romanfigur, die Romanhandlung andocken. Dies ist für mich das Faszinierende, dies macht ein tolles Leseerlebnis aus. Im Klappentext vom Buch ist zu lesen, dass es für die Romanfigur einen Fall in einem Tiroler Dorf gegeben hat. Beim Protagonisten Jakob handelt es sich um einen Autisten. Aus meiner Sicht hätte es eine solche Zuordnung nicht gebraucht, die Beschreibung des Anderseins ohne Zuordnung hätte für den Leser mehr Möglichkeiten offengelassen. Was sagt das Wort Autismus, auch hier gibt es eine Bandbreite von bis, wie bei jeder Krankheit.

Autonom

corona:morgen

Meine beste Lesezeit ist am frühen Morgen nach dem Aufstehen. Noch ist es um mich und in mir ganz still. Mit einer Tasse Cappuccino sitze ich im Wohnzimmer, schalte einen Radiosender mit klassischer Musik ein und beginne in einem Buch, je nach Auswahl zu lesen. Zumeist ist es die Wohnungskatze Sissi, welche mir dabei Gesellschaft leistet. Die Tageszeitung bleibt vor der Wohnungstür liegen und wird erst am fortgeschrittenen Vormittag geholt. Keinesfalls will ich mir von den zumeist alarmierenden Titelgeschichten den schönen Teil des Tages zu Nichte machen lassen. Besonders, seitdem das Coronavirus Österreich lahmlegt.

Den Drang zum frühen Aufstehen verspüre ich auch nach zehn Pensionsjahren noch. In meiner Zeit als Selbstständiger war es selbstverständlich um etwa sechs Uhr morgens aufzustehen. Während des Schuljahres öffnete das Papiergeschäft um sieben Uhr, rechtzeitig vor Schulbeginn. Zeitweise noch etwas verschlafen war ich sofort hellwach, wenn die Schulkinder mit den Schulbussen ankamen und schüppelweise in das Geschäft stürmten. Die frühe Öffnungszeit war beliebt, da wir neben Schulartikel ein kleines, aber spezielles Angebot an Süßwaren führten, sowie eine reiche Auswahl an Jugendzeitschriften, allen voran das Bravo. In den neunziger Jahren dazugekommen sind Zeitschriften mit Computerspielen. Es war ein Muss am Freitag das druckfrische Bravo am Verkaufspult bereit zu halten, zwanzig Stück wechselten schnell die Besitzerin. Immer gefragt waren die aktuellen Paninni Stickers, einerlei ob TV-Serien oder Sportevents. Mit Anfang der Jahrtausendwende gab es einen Knick bei den Kindern vor der Schule, weil der Sparmarkt neben der Bushaltestelle auch um sieben Uhr geöffnet und Kinder- und Jugendzeitschriften in sein Sortiment aufgenommen hat

Konkurrenz