corona:railjet

Wie sich innerhalb eines Jahres die gesellschaftliche Lage in vielen Bereichen für jeden veränderte, stelle ich fest, wenn ich in meinen Notizheft Nr. 243 lese. Am 17. November 2019, um drei Uhr nachmittags, notierte ich in einem Café in Gaschurn im Montafon über meine Anreise folgendes: Während der Fahrt im Railjet-Express von Wien nach Bludenz, wo ich die Buch-Wien besuchte,  kam ich mit einer Studentin, welche mir gegenüber saß, in das Gespräch. Mühsam hat sie das unförmige Format der Wochenzeitung Die Zeit versucht zu handeln. Aus meiner Sicht ist diese Zeitung ob ihrer Formatgröße für die Lektüre im Zug ungeeignet. Aus ihrer Sicht liest sie gerade während der Zugfahrt Die Zeit, weil ansonsten hat sie nicht die Muse, die vielen interessanten Artikel zu studieren. In Wien studiert sie Informatik, mit Schwerpunkt Künstliche Intelligenz. Privat ist sie verliebt in die Zeitung und das gedruckte Buch. Für sie ist ein Buch ein handgreifliches, ein sinnliches Erlebnis, als Gegengewicht zur Arbeit am Tablett und am Laptop beim Studium.

Wer im November 2020 mit dem Zug fährt muss einen Mund und Nasenschutz tragen. Zumeist versuchen die Fahrgäste den Abstand zu den Mitreisenden so groß wie möglich zu halten, an ein spontanes Gespräch mit einem anderen Fahrgast ist zurzeit kaum zu denken. Jeder versucht jeden näheren Kontakt mit fremden Personen zu vermeiden. Das Sprechen mit Maske macht Mühe und wenn, beschränkt man sich auf das Notwendigste. Nach einem dreiviertel Jahr Coronavirus sitzen mehr Zugfahrer mit  Tablets, Laptop oder Smartphone im Zug als vorher. Die Bundesregierung wirbt für eine Modernisierung von Österreich, die Digitalisierung will sie in allen Bereich vorantreiben. Vom Kinderwagen bis in die Altersheime.

Es werden nicht einmal zehn Jahre vergehen und der Entwicklungsstand bei den Babys wird daran gemessen, ab wieviel Monaten kann das Baby ein Smartphon bedienen?  Der berührende Moment wird in Zukunft sein, wenn der Nachwuchs mit seinem kleinen Fingerchen zielgerichtet eine Funktion am Smartphone bedienen kann. Dies wird den Stolz der Mama erwecken wie dazumal, als das Baby das erste Mal das Wort Mama geplappert hat.

Plappermaul 

corona:lockdown

Aus dem Tagebuch…

Für einen Monat lang war am 2. November die letzte Möglichkeit im Parkcafe einen Cappuccino zu trinken und in den Tageszeitungen zu schnuppern. Am nächsten Tag gab es den zweiten Lockdown leicht um die zweite Corona Welle, mit täglich steigenden Corona Infektionen, abzufedern. Alle Restaurants, Gasthäuser, Pizzeria und Kaffeehäuser mussten schließen. Noch weitere Bereiche sind von den Schließungen betroffen. Es ist eine Maßnahme um die Krankenhäuser, vor allen die Intensivstationen, nicht mit Covid-19 Patienten zu überfordern. Überlastet fühle ich mich von den immer neuen Vorschriften und denke mir dabei, wo wird dies enden?  Was kommt Anfang Dezember, nach vier Wochen Lockdown? Ein Weihnachtsgeschenk von der Regierung, dass die Einschränkungen des Alltages für die Weihnachtsfeiertage aufgehoben werden? Wie können wir uns den Alltag im Dezember vorstellen?  Diesen Monat machen die Krampusumzüge, die Adventmärkte und das Adventsingen zu etwas Besonderem. Die Gaumenfreuden der kleinen Leute, eine Schale Glühwein oder Glühmost, dazu eine Tüte Maroni, zum Tee ein Stück Kletzenbrot.

Das Park Café ist bis in den hinteren Raum gut besucht, draußen schiebt sich die Sonne durch den Hochnebel und schon sitzen einige Besucher auf der Terrasse, nicht nur Raucher. Was für ein schöner Allerseelentag und ab morgen sollen alle Gast-, Rast- und Caféhäuser wieder abgewürgt werden. Der kleine Plausch, das spontane Treffen, ein Teil des zwischenmenschlichen Lebens.  Für mich ist nicht nachvollziehbar warum gerade hier die große Ansteckungsgefahr bestehen soll und nicht im überfüllten Möbel- oder Bauhaus. Die Caffeehausbesucher sind zu zweit oder zu viert, geben sich fröhlich und gesprächig. Kleine Runden, Familienangehörige und Verwandte, laut Pressemeldungen soll die Ansteckungsgefahr gerade im Verwandtenkreis groß sein. Auf der Saaltür hängt die Ankündigung zum Kärntner Dinner Krimi mit dem Versprechen: „Wir sind wieder da”. Ab heute gilt, wir sind wieder weg“. Für ein halbwegs schönes Weihnachten müssen wir bittere Pillen schlucken. Sind wir brav, gibt es von der Regierung für jeden Weihnachtskeks, Vanillekipferln und Zimtsterne.

Lockdown hart ab 17. November… 

corona:wetter

Es gibt eine Zunft, welche der Zeit immer eine Schlagzeile voraus sein wollen, die Journalisten. Ob umfangreich recherchiert, vage informiert oder nur spekuliert spielt keine Rolle, wichtig ist, dass der Titel griffig ist. So betrachtet ist der Titel einer Österreichischen Tageszeitung „Vorsicht bei Weihnachtsfeiern“ schon im Oktober keine Überraschung. Es ist nicht schwer zu erraten, dass in dem Artikel vor allzu intimen und großen Weihnachtsfeiern gewarnt wurde. Die Art der Weihnachtsfeier, wenn es denn sein muss zu überlegen oder einmal aus der Tradition auszuscheren und auf die Weihnachtsfeier zu verzichten. Wir sind seit den letzten Monaten aus dem Lot, da hoffen wir, dass das Weihnachtsfest und die volkstümlichen Bräuche Orientierung geben könnten. Es hat den Anschein als könnte das Virus, jeder weiß welches Virus  gemeint ist, einen Strich durch unsere Wünsche macht.

Vor kurzem habe ich das Buch von Peter Zimmermann, „Der Himmel ist ein sehr großer Mann“, gelesen und darin sinniert gleich zu Anfang der Buchhändler, dass die Zeit aus dem Lot ist. Wie sonst ist es zu erklären, dass es ein paar Tage vor Weihnachten in Südkärnten regnet und blitzt, wo es früher geschneit hat. Früher gab es zu Weihnachten bis zu zwei Meter Schnee. Die Handlung der fantastischen, skurrilen Weihnachtsgeschichte spielt im Grenzort Arnoldstein. Schauplatz der Erzählung ist unter anderem eine Buchhandlung, einer der Romanfiguren ist der Buchhändler. Ist heute die Natur aus dem Lot oder schätzen wir die Natur falsch ein? Wir ärgern uns darüber, wenn sich die Natur nicht an unsere Lebensabläufe und das Wetter sich nicht an unsere Freizeitaktivitäten anpasst.

Donner und Blitz

corona:krampus

So regelmäßig wie wir Weihnachten feiern, versperren zu Beginn des Herbstes die Verkaufsschütten mit den ersten Christstollen, getarnt als Traditionsstollen, in den Supermärkten die Gänge zwischen den Regalen. Angeboten wird auch das Früchtebrot, kärntnerisch Kletzenbrot. Am Bauernhof hat es die Mutter selbst gebacken. Als Füllung dienten die eigenen Dörrbirnen und Dörrzwetschken. In den Möbelhäusern haben die Verkäuferinnen in der Eingangshalle die Aufbauten mit dem neuesten Weihnachtsschmuck bestückt. Hier wurden die ersten Tischdekoration für den festlichen Weihnachtstisch, der vorweihnachtliche Schmuck für das Wohnzimmer, arrangiert. Ein Paradies für die an den neuesten Weihnachtstrends interessierten Frauen. In diesem Jahr soll es, bei denen es die Brieftasche erlaubt, ein besonderes Weihnachtsfest geben. So will man für ein paar Tage sicherstellen den Jahresregenten, den Coronakrampus, vom Haus fern zu halten. Im Alpenraum treiben seit jeher Perchten, die saligen Frauen, die wilde Jagd und andere Dämonen in den Rauhnächten zwischen Weihnachten und Neujahr, ihr Unwesen. Die Männer finden in den Baumärkten auf Holzpaletten stimmungsvolle Lichterketten, den Weihnachtsmann auf seinem Schlitten, Weihnachtssterne und Christbäume für die Gartendekoration. Dieses Jahr gibt es eine Neuheit, die Silhouette eines Babyelefanten als Weihnachtsschmuck für die Hausfassade.

Während die Händler eifrig dabei sind etwas Normalität zu verbreiten, indem sie bei herrlichem Herbstwetter die Weihnachtartikel auf der Verkaufsbühne platzieren, gibt es eine zweite Normalität bei den Leserbriefen der Tageszeitungen. Da wird lamentiert, dass es gegenüber Kindern unverantwortlich ist, schon so früh die Weihnachtsware zu zeigen. Die ganze Spannung, der Zauber, welcher Weihnachten innewohnt werden in der Spätherbstsonne verheizt. Von welchem Zauber die heurigen Weihnachten begleitet werden, weis heute niemand.

Coronakrampus

corona:herbst

Im Sommer war es von Vorteil, dass sich unser geselliges Leben vor allem im Freien stattgefunden hat. Die Ansteckungszahlen durch das Coronavirus waren niedrig. Immer, wenn man im Sommer auf einen Cappuccino oder auf ein kleines Bier gegangen ist, sind die Menschen in den zumeist erweiterten Gastgärten gesessen. Hätte ich öfter einen Blick in das Innere des Cafés geworfen oder wäre im Inneren niedergesessen, dann wäre ich mit den Tischen und Stühlen allein gewesen. Noch nie wurde das Spazierengehen entlang eines Flusses, an der Seepromenade oder durch einen Mischwald so geschätzt wie in diesem Jahr. Die Fitness wurde über den grünen Klee gelobt, das Joggen, das Radfahren, das Schwimmen und das Wandern. Dagegen hatte das Reisen und die Ausflugsfahrten mit dem Pkw im Corona Sommer ein schlechtes Image.

Wer die Möglichkeit hatte ist mit seinem Besuch im Garten oder auf den Balkon gesessen. Bei einem Spaziergang durch den Warmbader Kurpark konnte man sich gut miteinander unterhalten. Ganz instinktiv haben wir das Richtige gemacht um den Coronaviren zu entkommen. Dafür hat es keine speziellen Verordnungen gebraucht.  Mit den sintflutartigen Regengüssen und Herbststürmen, den ersten Schneefällen in höheren Tallagen, die Vorboten des Winters, wurden wir gezwungen unseren Aufenthalt im Freien einzuschränken. So wie wir Unterschlupf vor dem unwirtlichen Wetter in geheizten Räumen suchten, so hat sich auch das Coronavirus in den warmen Stuben neue Opfer gesucht. Gleich den aufgetürmten, dunkelgrauen Wolkenfeldern türmten sich die Sorgenfalten auf der Stirn der Gesundheitspolitiker. Es war absehbar, dass die Infektionszahlen, wie die Laubblätter durch einen Herbststurm, in die Höhe gewirbelt werden.

Herbstwetter