messe:messen

Mit voller Aufmerksamkeit sitze ich in der Kirchbank der Barockstadt Schärding und suche das  Gesicht des Pfarrers. Die Bewegungen des Mundes und der Augen kann ich wahrnehmen. Das Gesicht, er ist Afrikaner, ist im Halbdunkel der Kirche nicht sichtbar. Beim Vorlesen der Messtexte und erst recht bei der Predigt, ist manches durch die Aussprache unverständlich geblieben. Zudem war das Thema für mich ein unverständliches, weil man vom Tod und der Zeit danach nichts weiß. Man hofft, dass man ohne Schmerzen und quälende Gedanken sterben wird. Man erwartet Momente der Reue und des Bedauern, dass man an den Vorkommnissen der Vergangenheit nichts ändern kann.

Von den neuesten Erkenntnissen der Physik kommt Zuversicht, die Gedanken bewegen sicher schneller als mit Lichtgeschwindigkeit. So kann man Handlungen wieder ausradieren und ungeschehen machen. Sobald eine Tat, sei es eine Gute oder eine Böse, aus dem Gedächtnis gelöscht ist, ist sie auch aus der Wirklichkeit, der Welt entfernt.Bei physikalischen Untersuchungen, wie einem Blutbild oder einer Röntgenaufnahme vom Körper kann man Mängel und Fehler messen und sehen. Bei Sätzen aus der Bibel braucht es einen Interpreten, dass die Augen geöffnet werden. Die guten und schlechten Taten wird uns Gott vor Augen führen und uns sehend machen. Oder ist es unser Gewissen selbst, das Gott ist und über die Guten und die bösen Taten urteilen wird. Ist Gott in unserem Wesen eingebaut, wie ein Wiederherstellungspunkt in einem Laptop. Ein Reparatursystem unserer Taten und Gedanken, wenn einmal etwas ausfällt.

Hört man entspannende Musik, am besten Klassik, dann spürt man wie der Körper reagiert. Die Muskeln im Nackenbereich entspannen sich, der Herzmuskel beruhigt sich, über die Handfläche der rechten Hand einatmen. Bei den Kneippgüssen ist das Wasser, das über die Oberschenkel fließt, einmal warm und dann wieder kalt. Im Moment des Wechselgusses zieht sich die ganze Kopfhaut zusammen. Für einen Moment sind alle Poren der Haut gegen den Wechsel, das ganze Gehirn wird durcheinander gerüttelt, als hätte es einen Stromstoß bekommen. Man weiß nicht, ob sich dieser Sturm im Kopf wieder legt und wie sich die Gedanken wieder ordnen.

Sterbestunde.

 

wasser:geist

Bei der großen Zahl von Seen in Kärnten, angeblich 1278,  ist es nicht verwunderlich, dass zahlreiche Sagen von Nixen und Wassergeistern überliefert sind. Die Begegnung mit einem Wassergeist im gebirgigen Montafon überrascht. Unter der Kirche von Gaschurn befindet sich eine Ruhe Oase nach dem Motto: „Wasser und Geist“. Dort stehen Sitzbänke und es gibt zwei Brunnen. Überall finden sich Zitate aus der Bibel: „ Wer aus diesem Brunnen trinkt, wird niemals Durst haben.“  „Der Geist der über dem Wasser schwebte und dem Kosmos seine Ordnung gab.“ An der Friedhofsmauer  reifen die Weintrauben heran. Hier kann man seinen Gedanken nachhängen.

Den Geist schweben zu lassen ist räumlich schwierig, da der gegenüberliegende Hang nur eine Armlänge entfernt ist. Über die Berge zu blicken ist unmöglich. Den Ausweg, den Blick talauswärts zu richten, ist möglich. Dort lockt die Freiheit und die Jungen fahren zur Arbeit und zur Unterhaltung talauswärts. Die Hoffnung verspricht ein ungezwungenes Leben, aber auch Gefahren lauern dort. Solange als möglich verhindern die Erwachsenen die Flucht aus dem Tal. Der Weg aus dem Tal wird als schwierig dargestellt, eine Versuchung, der man widerstehen soll.

Wiedersagt ihr dem Teufel, ja wir wiedersagen. Draußen liegt das Verderben und mancher ist den Verlockungen, wie Drogen, Alkohol und Spielsucht erlegen. Dort leben die Einflüsterer: „Man kann beim Glücksspiel sehr reich werden“.

Saureich.

papst:wahl II

Nachdem die Kardinäle einen neuen Papst, Franziskus, gewählt haben,  blicke ich zurück, unter welchen Umständen ich vom Rücktritt des Papst Benedikt XVI erfahren habe. Es war um die Mittagszeit, am Faschingsmontag den 11.2. 2013, ich war mit dem Auto zwischen Arnoldstein und Villach unterwegs. Dabei hörte ich das Mittagsjournal und der Nachrichtensprecher betonte, dass die Meldung vom Papstrücktritt, von heute Vormittag, bestätigt wurde. Ich habe dies zuerst für einen etwas komischen, aber guten Faschingsscherz gehalten. Nie habe ich mir vorstellen können, dass ein Papst sein Amt freiwillig niederlegen könnte, freiwillig zurücktreten wird.  Er ist Papst auf Lebenszeit und wenn er zurücktritt, ist er dann noch unfehlbar und was macht ein Papst in Pension?  Fragen über Fragen. 

Im Radio meldete sich eine Korrespondentin des österr. Rundfunk aus Rom und sie sprach von einer zuerst nicht verstandenen und dann mit ungläubigem Staunen aufgenommenen Meldung, die wie eine Bombe im Vatikan eingeschlagen hat: Der Papst hat seinen Rücktritt erklärt.  Diese Meldung ist mir noch immer unwahrscheinlich vorgekommen, dazu an einem Faschingsmontag verlautbart, wo rund um den Globus Karneval gefeiert wird.  Mir saß der Schalk im Nacken und beim Mittagessen habe ich gegenüber der Lebensgefährtin so nebenbei die Bemerkung fallen gelassen, dass der Papst zurückgetreten ist. Sie hat darauf ungläubig reagiert und dies für einen Faschingsscherz meinerseits gehalten. Einen Blöden, wie sie meinte. Ich habe bis zu den Fünfuhrnachrichten geschwiegen, dann haben wir  gemeinsam die Fernsehnachrichten angesehen, die Meldung stimmte. Kurze Zeit später ging das  Bild von einem Gewitter und wie ein Blitz in die Kuppel des Petersdoms einschlägt um die Welt. 

Kein Faschingsscherz.

fuku:shima

Während der Messfeier wurde aus dem Alten Testament die Stelle vorgelesen, wo Gott zu seinem auserwählten Volk Israel, kurz nach der Sintflut, spricht. Durch die Sintflut wurde alles was sündig war vernichtet. Nur Noah mit einer Schar auserwählter Menschen und Tiere überlebte. Nach der Sintflut sprach  Gott zu den Menschen: „Ich schließe mit euch einen neuen Bund, ich verschone euch mit Sturmflut und Sprintflut, wenn ihr meinen Gesetzen und Geboten gehorcht“. Es sind gerade zwei Jahre vergangen, seitdem durch ein Erdbeben im indischen Ozean eine Sturmflut, ausgelöst wurde und einige Küstenstreifen von Japan verwüstet wurden. Dabei wurde auch  der Atomreaktor in Fukushima beschädigt und es kam zu einer Kernschmelze. Dadurch wurde die ganze Gegend verstrahlt und unbewohnbar. Bis heute ist es ungewiss, wie viele Menschen dabei gestorben sind und wie man das verseuchte Kühlwasser entsorgen kann.

Dabei frage ich mich, wo bleibt der Bund, den uns Gott versprochen hat, wir haben ja bis heute das Wort Gottes verbreitet. Milliarden Menschen zählen zu den Gläubigen,  wenn auch in verschiedene Religionen aufgeteilt. Hat Gott bei der Katastrophe von Fukushima  sein Wort gebrochen? Der Pfarrer, den ich nach der Messe angesprochen habe, ließ anklingen, dass wir zu sündig leben. Das Gott immer einmal eine Sturmflut schickt um uns zu bestrafen, manche Katastrophen eine Folge unserer Sündhaftigkeit sind.

Da niemand von Schicksalsschlägen verschont bleibt, auch ich nicht, schimpfe ich im geheimen und auch öffentlich mit Gott. Ich bin traurig über Unglücke die mir durch Zeitungen, Fernsehen oder Nachbarn zugetragen werden. Mein Zorn richtet sich gegen Gott, weil welcher Mitmensch diesen Zorn ertragen würde. Ich erzähle ihm von meinem Leid und meiner Verzweiflung, aber auch von meinen Freuden, wer sonst ist zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar. Wir Menschen sind, trotz sozialer Bindungen einsam.  Bei der Größe des Universums, bei der Fülle der Nachbarplaneten, sind wir als Menschheit auf der Erde erst recht einsam. In diesem gigantischen Weltall ist Gott der einzige Ansprechpartner, den wir außerhalb unserer Erde haben.

Das DU-Wort.

papst:wahl

Jetzt, wo die Amtszeit von Papst Benedikt vorbei ist denke ich an meine Empfindungen, als ich das erste Mal im Radio die Nachricht vom Papstrücktritt gehört habe. Es lief mir ein Schauer über den Rücken. Ich empfand diese Ankündigung als eine Herabstufung des Papsttums zu einer Banalität. Der Rücktritt bedeutet, dass die zukünftigen Päpste von ihrem Amt zurücktreten können,  in letzter Konsequenz wieder abgewählt werden können. Eine skurrile Aussicht und wo bleibt das Göttliche? Jesus sagte: „Du bist Petrus und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Stürme des Meeres werden nichts ausrichten können.“

Ich trete dafür ein, dass die Kardinäle keinen neuen Papst mehr wählen, sondern auf einen Papst als Oberhaupt der kath. Kirche verzichten.  Ebenso auf den alleinigen Wahrheitsgehalt, den Gehorsam- und Unfehlbarkeitsanspruch. Zumindest das Wahlrecht reformieren, dass ein Papst von den Kardinälen mit einer Mehrheit auch wieder abgewählt werden kann und keine unfehlbare Person mehr ist. Einen Schritt weiter geht mein Vorschlag, dass die kath. Kirche demokratisiert wird. Dies würde bedeuten, dass jeder volljährige Gläubige das aktive und passive Wahlrecht erhält. Die Funktionäre, wie Bischöfe und Kardinäle, würden vom Kirchenvolk direkt gewählt werden. Die Wahlen würden in regelmäßigen Perioden stattfinden. Bei der entsprechenden Ausbildung in Glaubensfragen, kann jeder zum Bischof oder zum Kardinal gewählt werden. In der Bibel gibt es viele Stellen, wo Jesus danach verlangt, er möchte zum Volk sprechen, nicht zu den Schriftgelehrten. Es war ihm ein Anliegen, dass das Volk im Zentrum der Kirche steht, also auch bei den Funktionen.

Ich war von meinen Überlegungen und von dem Schritt den die kath. Kirche in die Zukunft machen könnte so begeistert, dass ich geplant habe meine Ideen beim nächsten Pfarrcafe einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen. Die Lebensgefährtin hat mir davon abgeraten, es war mehr ein Verbot.

Amen.