Unsere Firma lieferte der Konditorei für den Verkauf die Tortenschachteln. Als Lehrling war es meine Aufgabe, unter Einbeziehung der Druckerei und Buchbinderei, welche von den Brüdern des Chefs betrieben wurden, diese Schachteln zu fertigen. Aus Karton wurden die Schachtel ausgestanzt, gerillt, gefalzt und der Deckel mit dem Firmenlogo der Konditorei bedruckt. Die vorgefalteten Kartons wurden von mir im Schuppen der Papierhandlung, an einer ausrangierten Heftmaschine, zusammengeheftet. Wöchentlich habe ich einen halben Tag lang Tortenschachteln geheftet. Der Schuppen diente auch als Sammellager für das Altpapier und ist vergleichbar mit einem Kellerabteil. An drei Seiten hatte er ein offenes Lattengerüst. An warmen Tagen war es eine willkommene Abwechslung und die Heftmaschine funktionierte klaglos. Für die kalte Jahreszeit gab es einen elektrischen Strahler, der ein wenig die Füße wärmte, keinesfalls den Schuppen. So bin ich mit Weste, Mütze und mit Mantel an der Heftmaschine gesessen und habe mit klammen Fingern die Kartons zusammengeheftet. Der Beginn war mühsam, er erforderte viel Geduld. Bei tiefen Temperaturen funktionierte die Heftmaschine nur im Zeitlupentempo. In den beweglichen Teilen musste das Öl erst warm werden.
Bei Bedarf wurden die Tortenschachteln vom Chef und mir, mit dem Opel Caravan in die Backstube der Konditorei am Spittaler Hauptplatz geliefert. War der Chef nicht vor Ort und die Konditorei hatte einen dringenden Bedarf musste ich, rechts und links fünf Kartons in der Hand, zu Fuß vom Bahnhof in die Stadt marschieren. Bei meinem letzten Besuch verabschiedete ich mich bei der Thekenfrau mit der Bemerkung, dass ich vor fünfzig Jahren für die Konditorei Tortenschachteln geheftet habe.
Kirschentorte