zeitfenster

Ich wünsche mir das Jahr 2018 zurück.

Eine Besonderheit in der Weihnachtszeit waren die Orangen, Feigen und Datteln welche es das restliche Jahr über nicht gab. Heute werden die Orangen und Mandarinen in der Vorweihnachtszeit im Eingangs Bereich der Supermärkte in rieseigen Schütten angeboten. In Netzen zu zwei Kilo verschleudert. In meiner Jugendzeit war jede einzelne Orange in feines Seidenpapier gewickelt.  Als Kinder haben wir das Seidenpapier glatt gestrichen und gesammelt, je nach Herkunftsland gab es verschiedene Motive mit Negerinnen und Neger, sowie den Schriftzug Jaffa. In der Papierhandlung konnten wir  Zuckerlpapier kaufen und damit offene Bonbons einzeln einwickeln.   

Die Tage vor Weihnachten, Ostern oder einer Kirchtagswoche sind Zeitfenster, von denen ich hoffe, dass sie ohne Störungen ablaufen. Besonders gespannt blicken wir auf den Jahreswechsel und das neue Jahr, von dem wir uns erwarten, dass im neuen Jahr alles besser wird. Das Neue ohne die Lasten des alten Jahres betreten zu können. In meinem Fall wünschte ich mir nicht das Kommen des neuen Jahres 2025, sondern ich wünschte mir das Jahr 2018 zurück. Bei aller Retro Skepsis weiß ich, dass es im neuen Jahr 2025 mehr Stolpersteine geben wird als 2018. Die vergangenen Jahre werden auch in diesem Jahr präsent sein. Wir stehen auf einer Stiege, auf der wir Stufe um Stufe und Jahr um Jahr höher steigen, dem Gipfel entgegen. Ich werde erst auf dem vermeintlichen Gipfel einen Überblick auf mein Leben bekommen. Wenn ich ruhig werde vielleicht einen Ausblick in das bevorstehende existenzielle Leben. Manche Stufen erweisen sich als extrem hoch, andere sind niedriger und leichter zu bewältigen. Manches Mal geht es steil bergauf, dann kommt wieder ein Flachstück. Die schlimmen Teilstücke sind jene wo gefragt wird, wann endet diese Stiege, warum alles noch? Dazu der Blick eines  verletzten Rehs wie in den Bergromanen des Basteiverlag. Aus dem Tageheft… 

ki1.2

Kennen sie die Situation, sie werden im Rahmen einer Seminarwoche einen Power Point Vortrag halten? Mein Vortrag ist optimal am Laptop abgespeichert, aber zur Sicherheit übertrage ich die Datei auf einen USB Stix. Diesen transportiere ich separat, in einem Brustbeutel, zur Veranstaltung. Für Aufregung sorgt bei Älteren schon der Anschluss des Laptops an das örtliche Kommunikationsnetz. Das Zeitalter, wo eine Flipp Chart Präsentation genügte, geht zu Ende. Wie die Künstliche Intelligenz die Erstellung und die Präsentation von wissenschaftlichen Referaten noch verändern wird, kann ich nicht vorhersehen. Eine Unterstützung wäre, den Text mit Quellenhinweise zu ergänzen, um den oft an den Pranger gestellten unzureichenden Quellen- und Zitatangaben vorzubeugen. Vertrauen hieß das Thema im Sommer bei den Salzburger Hochschulwochen. Eine rare Ressource und vor allem öffnet sich damit ein Feld wo man leicht verletzt, enttäuscht werden kann.  

Die Neugierigen unter der älteren Generation denken in solchen Fällen daran, gerne würden sie es erleben was und wie sich die Technik und die Mobilität in fünfzig, hundert oder dreihundert Jahren entwickelt hat. Dabei taucht der Wunsch nach einer zweiten Chance, nach einem zweiten Leben auf der Erde auf.  Die Option eines zweiten Lebens um die Neugierde zu befriedigen. Wäre ich nach einer zweiten Chance, nach dem zweiten Leben, wirklich zufrieden? Ich glaube am Ende des zweiten Lebens gäbe es dieselbe Situation, wieder würde ich gerne wissen, wie dies und jenes sich weiterentwickelt. Der Wunsch nach einem weiteren neuen Leben würde in die nächste Runde gehen, endlos. Es hat seine Richtigkeit, dass wir generell mit einem Leben ausgestattet sind.

drohgespenst

Nicht das Schlechtmöglichste in den Focus stellen.

Wie geht man mit einer Situation um, wenn man glaubt sich in ein Aus hineinmanövriert zu haben? Glaubt aus dieser Spirale nicht mehr herauszukommen, sich eine spirale vorstellt von der man immer weiter hineingezogen wird? Es gibt Begebenheiten wo man anderen zu wenig Menschlichkeit zutraut, dass sie einen straffen Maßstab anlegen, wie man es selbst tut. Eine Situation ergab, dass ich gegenüber einem Orthopäden, der mir sehr respektvoll begegnet ist, das Gefühl hatte, dass ich ihn bei meiner Suche nach einer kompetenten Klinik für eine Hüftoperation übergangen habe. Er hat mir mit Infiltrationen das Leben mit meiner lädierten Hüfte erleichtert. In meinem Innersten fühlte ich mich verpflichtet, über die Möglichkeiten einer Hüftprothesen Implantation in seiner Klinik zu informieren. Vordergründig dieser Klinik meinen Zuschlag zu geben. Ich wählte eine andere Klinik und hatte dort einen fixen OP-Termin. Davor benötigte ich nochmals eine Schmerzlinderung und meldete mich in seiner Ordination an. Er erkundigte sich, ob ich einen OP-Termin habe und wo? Ich musste wohl oder übel bekennen, dass ich eine Klinik in Salzburg Land gewählt habe. Er gab sich wertschätzend und wünschte mir für die OP alles Gute. Sollte ich danach eine Hilfe benötigen, könnte ich mich jederzeit an ihn wenden.   

Dies ist für mich ein Lehrbeispiel, dass ich nicht zu früh eine Drohkulisse, einen negativen Ausgang aufbauen soll. Keine Gespenster an die Wand malen, innerliche Gespenster sind etwas für den Halloween Abend. Wichtig für ein gutes Leben ist, im hier zu leben und für die Zukunft keine Drohgespenster an den Himmel zu malen. Erst einmal abzuwarten, was die nächsten Tage passiert. Vor allem nicht das Schlechtmöglichste in den Focus stellen, dies verursacht nur einen gestörten Schlaf. Hat man Situationen mit einem guten Ausgang präsent, kann man mit den nächsten Problemen besser umzugehen. Vorbei sind die Wochen, wo der Hüftschmerz alle anderen Empfindungen, glückliche und unglückliche, überlagert hat. Aus den Tageheften…

sterndeuter

Im letzten Jahrzehnt hatten wir bei Beginn eines Neuen Jahres zumeist das Gespür, dass die Probleme des vergangenen Jahres abgehackt sind. In diesem Jahr gibt es diese Hoffnung nicht. Nach der Corona Welle gibt es eine Grippewelle, mit verschiedenen Broschüren werden wir auf ein mögliches Blackout vorbereitet und die Jugendlichen bezeichnen sich voreilig als „Letzte Generation“. Wie ein dichter Nebel liegt der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine über Mitteleuropa. Die Politiker der EU feuern mit schweren Geschützen, mit Sanktionen und Waffen, in die Nebelsuppe. Niemand kann genau vorhersagen, wo diese Geschoße im Nebelmeer einschlagen und wie sie wirken werden.

In diesen Tagen ziehen die Sternsinger, auch als Friedensbotschafter, von Haus zu Haus: „Friede den Menschen auf Erden, der Wunsch soll Wirklichkeit werden“. Der Evangelist Matthäus erzählt in einfachen Worten von Sterndeutern aus dem Osten, die einem Stern gefolgt sind, um dem König der Juden zu huldigen. Mit der Geburt Jesus hat sich für alle Menschen der Himmel einen Spalt geöffnet, damit wir in Zuversicht leben können.

Ein Taxifahrer machte mich auf dem Weg von Warmbad Villach zum Hauptbahnhof darauf aufmerksam, dass seine Kinder für die voraussichtlichen Schneefälle gerüstet sind. Sie sind abgehärtet, nicht jeden Meter werden sie mit dem Auto gefahren. In seiner Jugendzeit, in den 70er Jahren, waren bei ihm Zuhause nicht alle Räume geheizt. Meinerseits konnte ich zwei Jahrzehnte weiter zurückschauen, in die 50er und 60er Jahre. Im Bergbauernhaus gab es einen beheizten Raum, dies war die große Küche. Der Holzherd wurde jeden Morgen neu eingeheizt, patzte man beim Feuermachen verzögerte sich die Erwärmung. Dort stand in einer Ecke die Waschschüssel für die Morgentoilette. Unser Schlafzimmer konnte nicht beheizt werden, auf den Zimmerfenstern bildeten sich im Winter Eisblumen. Abends diente uns ein Schamotteziegel, welcher im Backrohr erwärmt und dann in ein ausrangiertes Flanellhemden eingewickelt wurde, als Wärmeflasche. Während der Lehrzeit erwärmte ich in den Wintermonaten meine Füße und Hände an der warmen Luft, welche aus dem Kanalschacht aufstieg. Zuflucht suchte ich über die Mittagszeit im beheizten Warteraum vom Spittaler Bahnhof. Den teilte ich mit Unterstandslosen und einigen Alkoholikern. Dort verzehrte ich die selbstgebackenen Schwarzbrote, bestrichen mit Butter und belegt mit Käse und Speck.

wolldecken

Die Überschwemmungen vom Herbst rufen in Kärnten bei älteren Semester die Erinnerungen an die Hochwasser in den Jahren 1965 und 1966 wach. Einige können von dramatischen Erlebnissen erzählen. Ein pensionierter Eisenbahner erzählte während einer Zugfahrt nach Wien, wie er in den 1960er Jahren nach Arbeitsschluss von Lienz mit dem Zug nach Oberdrauburg, seinem Wohnort fährt. Der Zug hält plötzlich auf freier Strecke, die Eisenbahnlinie war durch Überflutungen unterbrochen. Die letzten Kilometer ist er zu Fuß gegangen. In Oberdrauburg drohte die Brücke über die Drau einzustürzen. Bäume, Sträucher, Möbel, vieles hatte sich hinter den Brückenpfeilern verkeilt. Auf der anderen Seite vom Fluss befindet sich sein gerade erst fertiggestelltes Haus. Seit einem halben Jahr wohnt er darin mit seiner Frau, wie kommt sie mit der Situation zu recht? Die Polizei wollte ihn daran hindern die einsturzgefährdete Brücke zu überqueren, er setzte sich über alle Bedenken hinweg. Er war seit einem Jahr verheiratet und seine Frau erwartete ein Kind. Der Gailbergbach, welcher in der Nähe vorbeifließt, ist über sein Bachbett getreten und hat Garten und Haus verwüstet. Der Keller und das Erdgeschoss sind voll von Schotter und Geröll. Die Frau ist in den ersten Stock geflüchtet, erleidet ein paar Tage später durch den Schock eine Fehlgeburt. Beim Aufräumen halfen ihnen Verwandte und von den Überschwemmungen nichtbetroffene Nachbarn.

Für ihn gab es keine öffentlichen Entschädigungen finanzieller Art, auch nicht von der Gebäudeversicherung. In den 60er Jahren mussten die meisten Hochwasseropfer mit ihren Schäden alleine zu Rande kommen. An einem regnerischen Novembertag im selben Jahr befand sich die Kommission zur Wildbachverbauung in einem Gasthof in Oberdrauburg. Sie berät darüber, ob und in welchem Ausmaß der Gailbergbach reguliert werden soll. An diesem Nachmittag trat der Bach abermals über die Ufer. Damit gab es über die Notwendigkeit den Bach zu verbauen keine Diskussion mehr. Im Dezember haben sie von einer Wohlfahrtsorganisation aus Wien zwei Wolldecken erhalten.