Beim Telefonieren vor einigen Wochen war die Zuversicht aus seiner Stimme verschwunden. Er wollte uns besuchen, sobald er sich von den Therapien erholt haben würde. Wie hätte ich mich ihm gegenüber, in seinem kritischen Zustand, verhalten? Bis zum Abend türmen sich in meinem Kopf, rund um das Sterben und den Tod, immer mehr Fragen auf. Gehört der Prozess des Sterbens noch zum Leben, wie wir es verstehen? Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Den Tod erlebt man nicht, sagte Ludwig Wittgenstein. Ab wann kann und soll man jemanden bei einer schweren Krankheit sagen, er soll sich auf das Letzte vorbereiten? Wann äußert sich der Arzt dazu und hat man als Betroffener ein Recht auf die Letzte Wahrheit? Möchte ich dies bei einer tödlichen Krankheit meinerseits wissen und wie würde dies das Verhältnis zu den Angehörigen verändern? Diese Fragen kann ich für mich nicht beantworten, wer könnte dazu eine Antwort geben?
Zumeist nehmen die Menschen ihre Empfindungen, Wünsche und offenen Fragen mit ins Grab, wie man sagt. Vielleicht kann ich einige Fragen klären, wenn ich verschiedene Ebenen des Ablaufes betrachte. Der Prozess des Sterben, ob qualvoll oder gefasst, hängt wahrscheinlich mit der Bereitschaft das Leben loslassen zu können, ab. Für wen gibt es schon den richtigen Zeitpunkt, wohl die Meisten werden sagen, der Tod kommt zu früh. Er soll in ein paar Monaten oder in ein paar Jahren wiederkommen. Danach bei den Hinterbliebenen Bestürzung und Wut. Als Angehöriger fühlt man sich allein gelassen. Dazu kommt der mahnende Finger, dieses Schicksal erfasst jeden.
Ludwig Wittgenstein