zugfahrt

Sofort, nach Freiwerden eines Sitzplatzes im überfüllten Zug hat sich jemand, zumeist mit einem Seufzer, auf den freien Platz gesetzt. Die erste Äußerung war zumeist ein Rundumschlag über die Zustände im Zug und eine Schuldzuweisung an die ÖBB. In Zeiten der vielgepriesenen und geforderten Mobilitätswende schafft die ÖBB es nicht, ausreichend Zugsgarnituren bereitzustellen.  Dazu gibt es Züge mit einem schlechten Komfort, welcher nicht mehr zeitgemäß ist. Dies ist keine Einladung zum Zugfahren. Meine Sitznachbarin berichtete, dass sie es schon öfters erlebt hat, dass an Sonntagen die Reisezüge in den Süden überbucht sind. Auch, so wie heute, nicht alle angeführten Zugsgarnituren vorhanden sind.

Für eine von ihr geführte Fahrradtour, von Salzburg bis an die obere Adria, war sie unterwegs um den Streckenverlauf, die Sehenswürdigkeiten und die Haltepunkte zu erkunden.  Orte, welche sie mit ihrer Gruppe besuchen will und wo sie eine Pause machen will. Für heute hat sie sich den Abschnitt von Mallnitz bis Spittal an der Drau vorgenommen. Der Abschnitt von Spittal bis Villach war ihr bereits bekannt. Diesen Abschnitt bin ich auch schon mehrmals mit meinem Fahrrad gefahren. Dieses Teilstück gehört zu den Anspruchslosen, man fährt ziemlich ereignislos die Drau entlang, das Landschaftsbild verändert sich kaum. Die Sehenswürdigkeiten beziehen sich hauptsächlich auf die Einkehrmöglichkeiten, Imbissbuden, Buschenschenken und Traditionsgasthöfe. Meine Radtouren absolviere ich mit einem Trekking Rad ohne E-Motor. Diesen Sommer habe ich gemerkt, dass ich zu den Wenigen gehöre, welche kein E-Bike verwenden. Die Fahrrad Gruppen sind fast ausschließlich mit E-Bikes unterwegs. Die Rad Guide hofft, dass alle Teilnehmer an der Fahrt mit einem E-Bike kommen. Ein harmonisches Miteinander ist, gibt es Teilnehmer ohne E-Bike, nicht möglich. Es sind hauptsächlich ältere Personen, welche sich zu einer Gruppe zusammenschließen.  Dabei würden Radfahrer ohne E-Motor schnell unter die Räder kommen, in diesem Fall in das Hintertreffen. 

sommerferien II

Für die Grundschüler und die Studierenden hat sich auch im 21. Jahrhundert an den Sommerferien nichts geändert. Für sie ist dies eine Zeit, um an einer Sportwoche, einem Musikfestival oder einem Symposium teilzunehmen. Mit den Eltern auf Urlaub zu fahren ist zumeist schon für Zwölfjährige uncool. Bei den Verkehrsmitteln ist die Eisenbahn die erste Wahl. Im Anblick der vielen Wartenden am Bahnsteig in Salzburg bin ich froh, dass ich eine Platzkarte gebucht habe. Der Leiter einer Jugendgruppe irrt am Bahnsteig von Wagon zu Wagon und sucht den Wagon mit der Nummer 260.  In diesem hat er für die Gruppe Plätze reserviert. Es gibt diesen Wagon einfach schlicht nicht. Aus Mangel an einsatzfähigen Zuggarnituren fehlen beim Intercityzug von München nach Klagenfurt schlichtweg zwei Wagons. Damit wird für viele Reisende die Reservierungskarte zur Makulatur. Was bei den Autofahrten der Stau vor einem Autobahntunnel oder vor einer Baustelle ist, dies ist bei den Bahnreisen die Möglichkeit, dass Wagons fehlen. Ein Pendant zum Stau auf der Autobahn. In den vorhandenen Zugsgarnituren staut es sich im Mittelgang und den Übergängen, da es an Platzkapazitäten fehlt. Für alle die ihre reservierten Plätze erreichen wollen, wird dies zu einem Hindernislauf, von Lauf ist keine Rede mehr. Es ist ein unangenehmes Durchzwängen und Vorbeischieben an stehenden Mitfahrenden. Mein vorreservierter Platz ist besetzt und mit einer Geste muss ich die Person auffordern den Platz zu räumen. Es ist eine jüngere Person als ich, ansonsten hätte ich ein Auge zugedrückt und wäre mit einem Stehplatz zufrieden gewesen.

Zu den Höhepunkten beim Zugfahren zählen für mich die unverhofften Gespräche mit den Mitreisenden. Bei der Fahrt von Salzburg nach Villach waren die älteren Zugsgarnituren geradezu ideal um in das Gespräch zu kommen. Bei den Viererplätzen waren die Sitze einander zugewandt. Sofort, nachdem eine Person aufgestanden ist, hat sich jemand Neuer, zumeist mit einem Seufzer auf den freien Platz gesetzt.

sommerferien

Ist die Rede von der schönsten Zeit des Jahres hat jeder andere Präferenzen. Es gibt unterschiedliche Vorlieben, manche orientieren sich an den vier Jahreszeiten. Für die einen ist es der Frühling, wenn die Aussicht besteht sich zu verlieben. Im fortgeschrittenen Alter wird der Frühling zu einem Lichtblick, der einem die Beschwernisse und die Gefahren des Winters vergessen lässt. Über Jahrzehnte war es eine Tatsache, dass der Sommer die schönste Zeit des Jahres ist. Der Sommer hat sich für immer damit verewigt, dass in den Sommermonaten die großen Schulferien stattfinden. Wenige unter uns haben die Schule mehr geliebt als die Ferien. In der Jetztzeit gibt es eine Beobachtung von mir, dass sich immer mehr Schüler während der Ferien auf den Schulbetrieb freuen. Dann begegnen sie ihre Mitschüler wieder in Echtzeit. In meiner Schulzeit war es selbstverständlich, dass wir uns auch in den Ferien mit den Mitschülern im Freien beim Spielen getroffen haben. Es gab kein Smartphone, kein WhatsApp und Instagram. Die Verlagerung von einem realen Treffen in das Internet war nicht möglich. Heute beobachte ich, treffen sich mehrere Jugendliche bei der Bushaltestelle, so verlassen sie dabei ihre virtuelle Welt nicht mehr. Sie behalten ihre Gepflogenheiten bei und kommunizieren über WhatsApp, so als würde ihr Freund ihnen nicht gegenübersitzen. Die Unterhaltung erfolgt über das Internet, als ob es nur mehr eine virtuelle Welt gibt.  

Im Sommer verbringen viele ihren Jahresurlaub, damit verbunden sind schöne und spannende Erlebnisse oder interessante Besichtigungen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war im Urlaub das vorrangige Ziel sich zu erholen. Viele der Sommerfrischler hatten an den Montagebändern in den Automobil- und Maschinenfabriken anstrengende Monate hinter sich. Heute beugen sich bei der Fertigung von Fahrzeugen an einem Montagepunkt mehrere Roboterarme über ein halbfertiges Fahrzeug. Der gebückt hantierende Montagearbeiter hat ausgedient. Nach Kärnten schwappte eine große Reisewelle über, wenn im Süddeutschen Raum die großen Automobilfabriken Betriebsurlaub machten. Ein Flaschenhals in den Süden, bei der Fahrt an die Obere Adria war der Grenzübergang Thörl Maglern. Der Stau reichte bis an den Stadtrand von Villach, welcher fünfundzwanzig Kilometer entfernt war, zurück. Für die Bewohner in Arnoldstein war es ein kriminelles Unterfangen die Bundesstraße zu überqueren.

vergnano 1882 II

Vegane und als Alternative vegetarische Speisen werden im Restaurant Veggie in Feldkirchen serviert. Für den Cappuccino gibt es Sojamilch. Wodurch sich die Speisen bei den einzelnen Begriffen unterscheiden bin ich mir nicht sicher. Bei veganen Speisen wurde mir erklärt, wird ohne Fleisch gekocht und auch tierische Produkte wie Eier, Käse und Milch werden nicht verwendet. Zur Demonstration ein Beispiel von der Speisenkarte: Zillertaler Kaskrapfen mit Kraut, dieses Gericht ist vegetarisch. Die vegane Variante sind Spinatknödel mit Kraut. Davor eine Süßkartoffelsuppe. Wie schmeckt eine Süßkartoffel? Kartoffeln verbinde ich mit Salz und Butter. Eine einfache, aber beliebte Speise für mich sind heiße Kartoffeln mit etwas Butter und Salz. Erdäpfel, wie sie umgangssprachlich bezeichnet werden, sind seit meiner Kindheit ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Am Bergbauernhof in Politzen waren sie eine oft verwendete Beilage zu den Fleischspeisen und im grünen Salat. Während der Internatszeit gab es Kartoffelpüree mit Fleischsoße, dazu ein Stück Rind- oder Schweinefleisch, Fleischleibchen oder Fisch. Kartoffelpüree mit Fleischsoße ließ unsere Kinderherzen höherschlagen. Dem Internat war eine weitläufige Landwirtschaft angeschlossen. Im Spätherbst rückten wir klassenweise zum Erdäpfel- und Äpfelklauben aus. Nach der Erntearbeit gab es für jeden Zögling eine Knackwurst mit einer Scheibe Brot und dazu einen warmen Kamillentee aus dem Klostergarten. Zwei Jahre später wollte ich mich vom Schlagwort, die Touristen sind zurück in Venedig, überzeugen

Der erste Eindruck am Obst- und Gemüsemarkt bei der Rialtobrücke ist, dass die Verkaufsstände Großteils wieder voll sind, das Angebot ist üppig. In der Fischhalle ziehen die exotischen Meerestiere den Blick der Alpenbewohner an. Der Zustrom an Marktbesuchern ist spärlich, liegt es an der fortgeschrittenen Uhrzeit? Vor der Markthalle gibt es wieder reihenweise Verkaufsstände mit Kleidern. Bei einem Stand kaufe ich FFP2 Masken mit dem Wappen von Venedig. Die Gäste vom Café Vergnano, gegründet 1882, sitzen am Kai mit Blick auf den Canal Grande. Bei angenehmen Temperaturen trinken sie zumeist ein Coca-Cola oder einen Aperol Spritz mit vielen Eiswürfeln. Dazu wird ein Schälchen Chips gereicht. Die meisten wischen fleißig am Smartphon, ich schreibe eifrig im Tageheft. Um das bestmögliche Foto mit dem bestmöglichen Hintergrund zu bekommen, der Rialtobrücke, wagen sich manche ganz nahe an die Uferkante vom Canal Grande heran. Durch ein Missgeschick könnte es passieren, dass die betreffende Person in den Canal stürzt. Wahrscheinlich hätte dies keine so dramatische Folgen wie auf einem Osttiroler Berggipfel. Dort ist vor kurzem ein Wanderer beim Fotografieren mit dem Smartphone in die Tiefe gestürzt, tot. Auf der Touristenautobahn, zu und von der Rialtobrücke wird es immer belebter.

vergnano 1882

Das Umland von Feldkirchen prägen große landwirtschaftliche Flächen. Viele Bauern in der Region betreiben Rindermast. Unter großem Zuspruch der Bevölkerung finden in der Tiebelstadt mehrere kulinarische Schmankerln, wie das Gulasch- und Rindfleischfest, statt. Über mehrere Tage wird beim Amthof von den Rinderbauern und der Gastronomie gekocht und gefeiert. Es gibt lokale Betriebe, welche sich dem Fleischgenuss entgegenstemmen. In der Tiebelgasse befindet sich das Café und Restaurant Veggie, im Lokal wird der Kaffee der Rösterei vergnano 1882 serviert. Das gleichnamige Café vergnano 1882 gibt es bei der Rialto Brücke in Venedig. Mir ist das Café sehr präsent, da ich während der Coronapandemie zweimal in Venedig war, im Jahre 2020 und im Jahre 2022. Auszug aus meinen Tageheften.  

Nach dem Bummel durch den Obst- und Fischmarkt am Fuße der Rialtobrücke besuche ich das Café Vergnano. Ich gönne mir einen Sitzplatz, für denselben Cappuccino gibt es  zwei unterschiedliche Preise. Er ist billiger, wenn man ihn stehend an der Theke trinkt und teurer, wenn man sich niedersitzt. Viele Cafés und Restaurant in der Nähe der Realtobrücke haben geschlossen. Rechts und links von mir sitzen Italiener, in Vorcoronazeiten brauchte man etwas Glück um hier einen Sitzplatz zu ergattern. Das ältere Ehepaar liest in den Zeitungen, der Herr liest die Il Gazettino, die Frau die La Repubblica. Sie stehen für verschiedene politische Richtungen. Die Titelschlagzeile der Zeitung Il Gazettino „Virus carabineri al centro migranti“. Meine ersten Venedig Fotos auf WhatsApp werden von der Verwandtschaft reserviert aufgenommen. Abwartend, mit welchem Corona Risiko ich in Venedig unterwegs bin. Ein Post in der Verwandtschaftsgruppe lobt die Kärntner Seen und Berge, was braucht es Venedig? Ich beginne mit dem Sammeln von Erinnerungsstücken aus den Cafés, als ungewolltes Souvenir könnte ich ein Coronavirus mitbringen. Mit rotem T-Shirt, schwarzer Hose und einem Strohhut am Kopf, spricht der Gondolieri die vorbei flanierenden Besucher an, und wirbt für eine Gondelfahrt mit Spezialpreisen. Um 11.45 Uhr breche ich vom Café Vergnano auf.