alz:heimer

Vieldiskutiert werden in der westlichen Welt Erkrankungen, welche mit der höheren Lebenserwartung zusammenhängen. Auch die, in vielen Witzen veräppelte, Alzheimer Krankheit. Ein zuerst schleichender und langsam fortschreitender Gedächtnisverlust. Ein Gegengift sei, behauptet man, sich geistig fit zu halten. Im Rentenalter wieder neuen Lerninhalten zuzuwenden, am besten in einer Gruppe, dann kommt auch der soziale Aspekt dazu. Kurse werden dafür von Erwachsenenbildungseinrichtungen angeboten. Wie ein sogenanntes Eulentraining, mit Denk- und Rätselaufgaben. Zur Lösung schwieriger Aufgaben wird jetzt von der Generation sechzig plus das Internet eingesetzt. Teils aus Bequemlichkeit, anderseits, wenn Aufgaben zu kniffelig sind. Dann suchen auch jene, welche sich über das Web, das Internet und das Smartphone kritisch äußern, bei Google danach wie ein Schüttelreim zu lösen ist. Diese Generation ist mit Kopfrechnen statt Taschenrechner, mit der Füllfeder statt mit Tastatur erwachsen geworden. Was der Lehrer diktiert hat wurde händisch mit geschrieben.

Wird sich die Alzheimerkrankheit bei den nachkommenden Generationen stärker verbreiten, da das Gehirn weniger gefordert wird? Taschenrechner, Smartphone und Laptop gibt es heute ab der ersten Volksschulklasse. Schafft es die Z-Generation in einem Kreativitätsschub, rechtzeitig bevor sie in das kritische Alter kommt, Medikamente und Behandlungen gegen die neuen Altersgebrechen zu finden? Sterben Bekannte, welche man heranwachsen gesehen hat, wird einem das eigene Alter bewusst. Solche, die jünger waren und aus einer Traueranzeige in der Zeitung in das Gesicht springen. Die Fratze mit dem Glauben an das ewige irdische Leben vom Gesicht reißen. Hinter der sonst lächelnden Gesichtsfassade erscheint ein verängstigtes und blasses Gesicht. Schnell zaubert man ein neues Lächeln auf die Wangen.

Schutzbedürfnis

kur:hotel II

Ist man im Therapiealltag angekommen stellt sich bald die Situation, wie verhält man sich im täglichen Umgang gegenüber den Anderen? Wer grüßt wen und wird überhaupt gegrüßt? Es erleichtert den Tagesbeginn, wenn man morgens von den ersten zehn Menschen denen man begegnet, mit einem freundlichen Guten Morgen begrüßt wird. Ein freundliches Lächeln, auch wenn man ansonsten im Speisesaal keinen Kontakt hat. Ich habe den Eindruck, dass manches Mal beim Grüßen auf gebrechliche und alte Leute vergessen wird. Gerade diese wissen einen liebevollen Gruß zu schätzen. Die Mühen, welche ihnen die wenigen Therapien bei denen sie mitmachen können bereiten, erkennt man an ihren angespannten Gesichtszügen. In vielen Fällen brauchen sie Krücken oder einen Rollator als Gehhilfe.

Mehrere Tischgespräche fokussieren sich auf die Fortschritte in der Medizin. Jeder hofft auf das eine und andere Wundermittel, welches seine Beschwerden heilen wird. Kaum jemand bilanziert positiv, dass er mit dem Zustand zufrieden ist, wo er gerade körperlich steht. Man spekuliert darüber, es könnte im nächsten Jahrzehnt für eine breite Masse der Bevölkerung möglich sein, die Hunderter Marke zu knacken. Es gilt die nächsten Hungerjahre gesundheitlich durchzustehen und man wird bei den jungen Hunderter dabei sein. Ob dieses medizinische Versprechen eingelöst wird, möglich könnte es sein? Von Seiten der Mediziner gab es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert immer wieder Heilversprechen, diese und jene Beschwerden werden in zehn oder zwanzig Jahren geheilt werden. Erkrankungen wie Grippe, Lungenentzündung und verschiedene Krebserkrankungen werden durch Impfungen ausgerottet. Trotzdem sterben in Europa bis heute viele Menschen an eben diesen Beschwerden. Dabei sind die Heilungschancen in anderen Erdteilen im Erkrankungsfall um vieles geringer. Bei uns kommt es durch die längere Lebenserwartung zu neuen Krankheitsbildern, wie Demenz, Parkinson oder das vermehrte Auftreten von Schlaganfällen und Herzinfarkt.

Sollten wir im nächsten Jahrzehnt die Hunderter Marke knacken müsste sich im Arbeitsleben, im Freizeitbereich wie auch bei den sozialen und gemeinschaftlichen Abläufen vieles ändern. Wo finden Menschen ab siebzig ihren Platz, in eigenen Stadtteilen? Wer darf bei den Aktiven bleiben und wer bekommt eine Schonhaltung in einem Sonderlebenszentrum. Der Umgang mit älteren Mitmenschen müsste ein Pflichtfach in der Schule werden.

Kältekammer

kur:hotel

Es gleicht einem Lotteriespiel kommt man sonntags im Kurhotel an und wird abends vom Saal Chef einem Tisch zugeteilt. Diesen Tisch benützt man beim Frühstück, Mittag- und Abendessen, es gibt keine freie Platzwahl. Bei einem Kuraufenthalt sind zwischen den Tischnachbarn die körperlichen Beschwerden ein beliebtes Gesprächsthema. Wie man sich mit den Tischgenossen verträgt, spielt auch für den Kurerfolg eine Rolle. Dabei findet beim ersten gemeinsamen Abendessen ein Machtkampf mit Wörtern statt, wer am Tisch den Ton angibt? Umgangssprachlich, wer am Tisch das Sagen hat, ist es der Besserwisser, die Temperamentvolle, die Gebildete oder dominiert der Unverschämte. In den Kurhotels hat man den Eindruck, dass die Sitzplätze, wie die Zimmer, nach dem Zeitpunkt des Eintreffen vergeben werden. Es wird kein Gedanke dafür verwendet, wie die Geschlechts und Altersmäßige Zusammensetzung am runden Tisch ist. Ehepaare, diese sind bei den Kassenkuren zumeist in der Minderzahl, erhalten vorweg einen Einzeltisch. Genauso wie die Lage und Ausstattung der Zimmer trägt die gute Tischnachbarschaft etwas zum Wohlbefinden bei. Von vornherein muss man annehmen, dass die Patienten der Gebietskrankenkasse nicht mit den besten Zimmern verwöhnt werden. Wirtschaftlich ist dies verständlich, da zwischen Versicherungsträgern und den Kurheimen Preisabsprachen herrschen. Wer vorbeugen will, kann sich drei bis vier Wochen vor Kurantritt mit Sonderwünschen an das Kurhotel wenden und wird auch gesondert zur Kasse gebeten.

Viel Platz nimmt bei der Garderobe der Bademantel und die Badetücher ein. Man freut sich darüber, wenn das Kurhotel für die Dauer des Aufenthaltes Bademantel, Badetuch und Badetasche kostenlos zur Verfügung stellt. Es ergibt ein schönes Bild im Therapiebereich, wenn die Patienten in einheitlichen Bademänteln und -taschen erscheinen. Es gibt ungenierte Leute, welche mit Plastiksackerln von verschiedenen Supermarktketten durch die Therapielandschaft ziehen.

Unterwassergymnastik

ge:leise

Martin Heidegger hat sich damit beschäftigt: „Was heißt denken“? Zumeist schaffen wir es bei einem aktuellen Thema nicht, uns von bekannten Gedanken zu lösen. Im Kreisverkehr eine neue Richtung einzuschlagen, die Spur zu wechseln. Darin liegt  auch die Schwierigkeit  sich von negativen Gedanken und Vorstellungen zu trennen. Die Sorgen drehen sich im Kreis, man findet im Kreisverkehr die mögliche Ausfahrt nicht. Das Schablonendenken lässt sich kaum durchbrechen, wie Züge fahren wir auf vorgegebenen Geleisen dem Ziel entgegen. Eingefahrene Geleise geben Sicherheit, anderseits blockieren sie die Wege für Neues. Ein anschauliches Beispiel für Geleise sind ein Stück Römerstraße zwischen Federaun und Warmbad Villach. Auf einzelnen Abschnitten kann man die Fahrrinnen im Felsgestein sehen. Die Räder der römischen Postkutschen haben sie in das Felsgestein eingefräst.

Wer auf verschneiten Bergstraßen unterwegs ist erlebt, wie sich auf der Straße Geleise gebildet haben. Dies sind vereiste Fahrrinnen. Einerlei, ob beim Hinauf- oder Herunterfahren vom Berg, man ist froh, gibt es keinen Gegenverkehr. Problematisch ist es die Fahrrinnen zu verlassen, das Betätigen der Bremse bleibt wirkungslos. So schlittert man mit dem Pkw den Berghang hinunter, ein gewolltes Lenken des Fahrzeuges  zumeist unmöglich. Bis jetzt bin ich aus solchen Situationen noch immer glimpflich davongekommen. Berüchtigt ist ein Straßenstück am Wurzenpass, dort hat die Straße ein Gefälle von achtzehn Prozent. Am Ende des Steilstückes hat man ein Gegenstück geschaffen, einen sogenannten Ausrollweg. Hier würde das nicht mehr steuerbare, ungebremste Auto durch die Schwerkraft zum Stillstand kommen. Bis heute gibt es dafür keine bessere Lösung.

Bremsweg

meer:emotion

Von welchen Empfindungen werde ich erfasst, spaziere ich von der St. Georgskirche, die über den Dächern von Piran thront, den Wanderweg hinunter in die Bucht von Fiesa? Dabei lohnt es sich an verschiedenen Stellen inne zuhalten, zu verweilen. Einen Moment oder eine gefühlte Ewigkeit auf das Ufer mit seinen Felsblöcken zu schauen, auf die Vor- und Rückwärtsbewegungen der Wellen. In Fiesa kommt man dem Meer ganz nahe, es lässt den Wanderer an jeder seiner Regungen teilhaben. Wie viel Entspannung tut einem gut, als Vorbereitung auf das Ewige Leben im Schlagloch der Erinnerungen.

Das Meer drängt nicht zur Eile. Es läuft nicht davon, es rinnt nicht aus, obwohl es dazu die Möglichkeit hätte. Es ist mit der Erde nicht fest verbunden. Anders als die Gräser, die Sträucher und die Bäume, die mit den Wurzeln tief in der Erde verwachsen sind. Das Wasser könnte überall hinfließen und erst recht von einer Kugel müsste das Wasser abtropfen. In einem Strom in den Weltraum abfließen. Schüttet man eine Kanne Wasser auf einem Schotterweg aus, dann bahnt es sich eine Rinne, auf der es abfließt. Wird ein Wasserkübel auf einem Holzboden ausgeleert, dann verschwindet es urplötzlich in einem Spalt, der vormals nicht hier war.

Für das Anhaften des Wassers auf der Erdoberfläche gibt es eine physikalische Erklärung, wir wissen um die Erdanziehungskraft. Wir haben eine physikalische Antwort aber keine Emotionale. Ähnliches erleben wir bei anderen physikalischen oder technischen Fragen. Wir brauchen mehr emotionale Antworten statt nüchterne Physik und Technik. Die Biologie ist dem Emotionalen schon näher. Manchen natürlichen Dingen fühlen wir uns gefühlsmäßig verbunden, ich denke an Feuer und Wasser, den Mond und den Sternen.

Vernunft