damals:heute II

Das Mobiltelefon wie wir es heute benützen wurde durch die Einführung flächendeckender digitaler Mobilfunknetze Anfang der 1990er Jahre in Deutschland, Österreich und der Schweiz möglich. So gesehen ist das Handy heute der weitverbreitetste Talisman in Österreich. Als Talisman wird ein Glücksbringer bezeichnet. Macht das Handy die Menschen glücklicher und freier, darauf will ich mit einigen Argumenten eingehen? Das eigene Handy in Verbindung mit dem Internet signalisiert ich bin jederzeit, rund um die Uhr und rund um die Welt erreichbar. Diese dauernde Bereitschaft schafft Abhängigkeit, anderseits gibt es die Möglichkeit an verschiedenen Lebensbereichen gleichzeitig teilzunehmen. Von einem Standort aus verschiedene Lebenssituationen zu organisieren. Ein Beispiel: Die Mama arbeitet am Samstagvormittag in einem Drogeriemarkt in Villach und begleitet dabei via Handy ihre achtjährige Tochter auf der Bahnfahrt zur Oma nach Salzburg. Zwischen ihnen ist ein jederzeitiger Kontakt möglich. Das Handy verleitet Jugendliche aber auch dazu sich auf dieses Kommunikationsmittel zu beschränken. So kommuniziert eine Nichte täglich eine halbe Stunde per SMS mit ihrer Freundin, die nur drei Minuten entfernt wohnt, anstatt sich real mit ihr zu treffen. Das Handy ist ein Teil der heutigen Jugendkultur, ein weiteres Sinnesorgan des menschlichen Körpers, vergleichbar mit dem dritten Auge.

Für die Altersgruppe sechzig plus gibt es eigens konzipierte Seniorenhandys, einfach in der Bedienung. Damit will ich nicht ausschließen, dass ein Teil der Senioren die neuesten Smartphone verwendet. Für die oftmals alleinlebenden und alleinreisenden Senioren vermittelt das Handy ein Gefühl der Sicherheit. Damit können sie bei einem körperlichen Gebrechen jederzeit ein Familienmitglied oder jemanden vom Hilfswerk verständigen. Nach meiner Beobachtung sind sie genauso immer online wie die Jugend. Im Laufe des Tages könnte ein Sohn oder ein Enkelkind anrufen. Die  älteren Menschen sind oftmals mit sozialen Kontakten nicht verwöhnt, so will man keinen Anruf, der den Alltag aufhellt, versäumen. Nur noch Einzelne machen heute eine Wanderung ohne Handy, es könnte ja etwas passieren.  Dabei gehen Menschen seit Jahrhunderten in die Berge, früher alle ohne Handy.

Wanderschuhe.

damals:heute I

In den sechziger Jahren hatten die wenigsten Haushalte auf dem Land ein Telefon. In unserer nächsten Nachbarschaft, im mittleren Drautal, befand sich ein Gasthof und dort gab es einen öffentlichen Fernsprecher. Dieses Telefon wurde zumeist von den Bauern in Anspruch genommen um mit dem Viehhändler, Holzhändler, dem Tierarzt oder dem Lagerhaus Geschäfte zu erledigen. Bei einer Wetterkatastrophe konnte man die Feuerwehr oder bei einem schweren Krankheitsfall den Hausarzt verständigen. Der Gasthof bildete auch eine Tauschbörse für die Neuigkeiten, weil man zu den Wirtsleuten ein paar Worte darüber verloren hat, zu wem und warum man telefoniert hat. So ist der Inhalt des Telefonats nicht geheim geblieben und vorschnell könnte es mit dem Telefonieren gleichgesetzt werden, wie wir es heute in der Öffentlichkeit erleben. Heute hören wir zwangsweise viele Handygespräche von uns fremden Menschen mit, im Omnibus, im Cafe oder im Park. Wir können ihnen nicht ausweichen. Der Unterschied zu damals liegt darin, dass es sich heute zumeist um völlig fremde Menschen handelt, die vor uns ihre Probleme ausbreiten. Beim Austausch im Gasthof handelte es sich um eine Nachbarschaft, die sich gegenseitig gekannt und notfalls auch gegenseitig unterstützt hat. In dieser dörflichen Gemeinschaft hatte jeder seine ihm zugewiesene Rolle, seine Identität besessen. Für die Meisten von ihnen wurde dafür schon mit fünfzehn Jahren das Fundament gelegt, ich möchte sagen einzementiert.

In der Folge begann die Post verbreitet öffentliche Telefonzellen auch in kleineren Ortschaften aufzustellen. Sofern man kein eigenes Festnetztelefon besaß, benützte man diese. Hierbei musste man nicht mehr den Grund des Telefonats mit den Wirtsleuten teilen und schützte so seine Privatsphäre. Für das damalige Zeitverständnis konnte  in kritischen Situationen so rasch Hilfe geholt werden.

Stammtisch.

bruder:sonne

Zum Jahresanfang wird für das kommende Jahr viel geplant und man hofft, dass ein bestimmtes Vorhaben so und so verlaufen wird. Je nachdem wie religiös der Einzelne ist, welche Beziehung er zum Schöpfer hat, wünscht er sich dessen Unterstützung. Für verschiedene Anliegen und Vorhaben gibt es in allen Religionen Schutzgöttinnen und Schutzheilige. Einerlei ob jemand eine Reise unternimmt, auf eine reiche Ernte hofft oder um einen Nachwuchs bittet. Genauso haben die verschiedenen Berufe, wie Schneider, die Zimmerleute, die Bergleute, die Matrosen ihre  bestimmten Schutzheilige. Der Hl. Franz von Assisi ist der Schutzheilige der Tiere.

Mir wurde vor einem Jahr eine mehrwöchige Kur bewilligt. Ich hoffte meine Therapie im Frühjahr oder im Sommer antreten zu können. Vom Kurhaus erhielt ich die Mitteilung, dass ein Therapieplatz erst ab Mitte Oktober frei sein wird. Der Oktobertermin war fix. Es gab die Möglichkeit mich auf die Warteliste zu setzen, um dann kurzfristig einen Kurtermin zu bekommen. Die Monate verstrichen und es gab keinen Rückruf. Als der Frühling vorbei war hoffte ich auf den Sommer. Ich haderte innerlich, doch das Kurheim meldete sich nicht. Im Juli erkrankte unsere Hauskatze Undine und nach einer schweren Operation bedurfte sie meiner Pflege. Zu den Nachbehandlungen musste ich mit ihr in die Tierarztpraxis fahren. Während dieser Wochen hoffte ich, dass vom Therapiezentrum kein Telefonanruf kommt. Ich betete zum hl. Franziskus, dass Undine zunimmt und gesund wird. Gleich nach der Operation verweigerte sie das Fressen und magerte zusätzlich ab, es war  eine dramatische Situation. Eines Tages kam die Kehrtwende, sie begann mit immer größeren Appetit zum Fressen, .

Ärgerte ich mich danach darüber, dass ich erst Ende Oktober zur Kur fahren kann, bei voraussichtlichem tieferen Temperaturen, so dachte ich an  Undine. Was wäre aus ihr geworden, wäre ich in den Wochen ihrer Rekonvaleszenz auf Kur gewesen? Heute bin ich dem hl. Franziskus dafür dankbar, dass sie durch die Wohnung düst. Kommen wir nach Hause verlangt sie ungeduldig nach dem Fressen. Manches, was wir zuerst bemängeln, hat oftmals im nachhinein betrachtet seinen Sinn. Während der Kur, Ende Oktober bis Mitte November im vergangenen Jahr war durchgehend warmes und schönes Wetter.

Sonnengebet

sonnen:bogen

Wie das Schicksal oder die Vorsehung in ein Menschenleben eingreifen kann, zeigte sich bei einem Verkehrsunfall auf dem Gailtalzubringer. Bei Arnoldstein führt von der Alpen Adria Autobahn ein Zubringer durch die Schütt nach Nötsch. Damit wurde eine schnelle Straßenverbindung in den Zentralraum von Kärnten geschaffen. Vor dem Bau des Autobahnzubringers hat es in vielen Bürgerversammlungen große Diskussionen darüber gegeben, wo die Trasse verlaufen soll. Die Straße führt durch ein Naturreservat mit seltenen Pflanzen, Vögeln und Reptilien. Die Gegner des Gailtalzubringers argumentierten, dass wegen wirtschaftlicher Interessen Biotope und Wildreservarte zerstört werden. Eifrige Befürworter des Gailtalzubringers  waren die Tourismusbetriebe der Schigebiete im oberen Gailtal. Nach dem Bau des Zubringers wurde über der Straße eine große Holzkonstruktion errichtet, der sogenannte Sonnenbogen. Er soll ein Gruß an die einreisenden Touristen sein. Auf der kurvigen Straße ereigneten sich schon einige tödlich Unfälle, mit verschiedenen Ursachen. Ein besonders tragischen Unfall war, als in den frühen Morgenstunden ein LKW-Fahrer nach dem Abladen von Schotter vergessen hatte, seinen Kipper einzufahren. Er fuhr mit dem hochgestellten Anhänger Richtung Nötsch und streifte dabei den Sonnenbogen. Dieser stürzte in sich zusammen und begrub unter sich ein  Personenauto, welches gerade in diesem Moment auf der Gegenfahrbahn daherkam. Der Lenker wurde tödlich verletzt. Nach menschlichen Vorstellungen eigentlich unfassbar. Der Sonnenbogen wurde wieder hergestellt.

Sonnenfinsternis.

fliegen:fänger

Ein Allzweckschädlingsbekämpfungsmittel, so wie heute ein Cif- Allzweckputzmittel eingesetzt wird, war am Bergbauernhof in den sechziger Jahren eine Dose DDT Schädlingsbekämpfungsmittel. Überall  wo sich Insekten zeigten, egal ob Ameisen, Engerlinge und sonstiges, wurde es aufgetragen. Auch die sogenannten Fliegenfänger, der Marke Aeroxon  wurden in dieser Zeit  viel verwendetDiese waren mit einer süßlichen und klebrigen Masse bestrichene Streifen, welche über dem Esstisch, dem Küchentisch und der Kommode vom Plafond baumelten. Diese lockten die Fliegen an, welche daran kleben blieben, es gab für sie kein Entkommen. Sie zappelten und surrten noch eine Zeitlang, dann trat Ruhe ein. Das Mittagessen wurde von diesem Surren begleitet. Im Sommer war die Fliegenplage am größten und einmal im Monat wurden die Fliegen vergast. Alle offenen Lebensmittel wurden abgedeckt, Fenster und Türen abgedichtet und dann die vorbereiteten Räucherkegel angezündet. Für zwei Stunden durfte niemand die Küche betreten. Danach wurde gut durchgelüftet und die toten Fliegen am Küchenboden zusammengekehrt. Für ein bis zwei Wochen war die ärgste Fliegenplage gebannt. Bei diesem lockeren Umgang mit Schädlingsbekämpfungsmittel, heute würde man sagen hochgiftigen Stoffen, ist mir nichts bekannt, dass Gesundheitsschäden aufgetreten sind. Waren die Menschen damals weniger störanfällig?

Die Fliegen gehörten im Sommer am Bauernhof zum Alltag. Sie waren, wie heute es die Wohnungskatze oder der Wellensittich ist, Familienmitglieder. Den Kühen und Pferden setzten die Fliegen, besonders aber die Bremsen, arg zu. Diese saugten sich an der Haut der Tiere fest und pumpten sich voll mit Blut. Gleichzeitig verursachten sie einen Juckreiz, auf den die Tiere mit ihren zur Verfügung stehenden Mitteln reagierten. Zum einen benützen sie die Beine um zuzuschlagen, setzten ihre Hörner ein und wedelten mit dem Schweif in alle Richtungen um die Plagegeister loszuwerden. Von den Bemühungen, die Quälgeister zu vertreiben waren auch wir, die mit den Tieren Umgang hatten, mitbetroffen. Brachten wir mit dem Pferdewagen das Heu oder das Getreide in die Scheune, dann bedurfte es einiger Umsicht, dass Pferd von allen Sträuchern, welche am Wegesrand standen, fernzuhalten. Am liebsten wäre  das Pferd in die Sträucher ausgebüchst, um die Plagegeister abzustreifen. Mit dem eingespannten Heuwagen wäre dies eine Katastrophe gewesen. An den schwülen Sommerabenden passierte es, dass die Kuh beim Melken mit dem Schweif einem eines über den Kopf gab. Treffen wollte sie die Fliegen, die Bremsen und andere Plagegeister auf ihren Flanken. Krasser konnte es zugehen, wenn sie mit einem Hinterbein ausschlug und dabei den Melkeimer traf, der durch die Luft wirbelte.

Das Fliegenpapier.