sonntagsgewand

Das beliebte Ausschlafen am Sonntag während dem Arbeitsleben macht für einen Rentner wenig Sinn, dazu habe ich jetzt während der Woche Zeit. Nach dem Ausschlafen freute ich mich darauf etwas Besonderes zu unternehmen und am Sonntag gab es ein besonders schmackhaftes Essen. Das Besondere des Sonntags zieht sich durch mein ganzes Leben, wird bis zum Lebensende so bleiben. Die Erinnerungen an die Sonntage setzen mit den ersten Volksschuljahren ein. In den 60er Jahren gab es die sechs Tage Schulwoche und der Pfarrer fragte im Religionsunterreicht jeden danach, ob er am Sonntag in der Heiligen Messe war. Am Sonntag bekamen die Geschwister und ich am Bauernhof zum Frühstück nicht Milch und Polenta, sondern Kakao und Weißbrot mit Rosinen. Der Kirchgang war bei sommerlichem Wetter abenteuerlustig, bei Schnee und Kälte hat er uns herausgefordert. Wir bekamen ein sauberes und ein schöneres Gewand zum Anziehen. In der Kirche sind die Volksschüler, im Sonntagsgewand, in den vordersten Kirchenbänken gesessen und wir waren mucks Mäuschen still. Der Pfarrer hat dem Kirchenvolk den Rücken zugewandt, nur beim Verlesen des Evangeliums und der Predigt zeigte er sein Gesicht.

Das lateinische Gemurmel des Pfarrers blieb den meisten Gläubigen unverständlich. Nach dem 2. Vatikanischen Konzil, Ende der 60er Jahre, hat sich die Messliturgie grundsätzlich geändert. Die Priester verwenden die Muttersprache und sind dem Gottesvolk zugewandt. Eine Angleichung an den Frontalunterricht in der Schule. Im Altarraum der Priester, welcher um den Glauben Bescheid weiß, in den Kirchenbänken die Gläubigen, welche belehrt werden. Fragen zu den einzelnen liturgischen Handlungen, Texten oder zu den Inhalten der Predigt zu stellen, ist bis heute nicht möglich.

unbefleckt

Wer es über Jahre gewohnt ist die Regionalzeitung morgens vor der Wohnungstüre zu finden, der möchte diese nicht mehr missen. Manche zögern das Holen der Zeitung bewusst hinaus, sie möchten den neuen Tag nicht mit einer schlechten Meldung belasten. Es kann sehr schön sein eine Weile zu beobachten wie sich die Dämmerung verflüchtigt oder dem Aufgehen der Sonne zuzusehen. Von draußen dringen Vogelstimmen in das Wohnzimmer. Beim Aufstehen kann ich mit den Vögeln nicht mithalten, dies schafft nur die Katze Sissi. Sie liebt die Morgenstunden und sprintet nach dem Aufwachen ein paar Mal durch die Wohnung, von einem Balkon zum Nächsten, immer den Vögeln nach. Solange die Regionalzeitung vor der Tür liegt, bleibt der Tag unbefleckt von schlechten Nachrichten.  Eine Ausnahme, man hat ein Ärgernis vom vergangenen Tag des Nachts über mitgeschleppt und es meldet sich jetzt wieder. Wer gut drauf ist, macht es wie die Sonnenblume und wendet sein Gesicht der Sonne entgegen.

Beim Blättern in der Regionalzeitung stolpere ich über eine Vielzahl an Kurzmeldungen. Hier ist Platz für die Meldung, dass in Kötschach Mauthen eine junge Katze in der Nähe vom Pfarrhof mit einen Luftdruckgewehr angeschossen wurde. Sie wurde so schwer verletzt, dass sie eingeschläfert werden musste. Ist diese Nachricht auch für die Leser in Völkermarkt interessant, frage ich mich? Wer selbst eine Hauskatze hatte und sie nach achtzehn Jahren wegen Nierenversagen einschläfern musste, kann sich in diesen Fall etwas einfühlen. Wie traurig es für die Katzenbesitzerin ist, dass die vergötterte Katze wegen einem bösen Menschen oder einem Nachbarn, welchen die Katze gestört hat, eingeschläfert werden muss.

hausfassade

Wie könnte man sich eine Meinungsfindung durch den Austausch von verschiedenen Ansichten vorstellen?  Austausch signalisiert, dass man mit jemandem oder unter mehreren teilt. Ich gebe dir aus meinem Gemüsegarten Zwiebel, ich erhalte von deinem Obstgarten Kronprinz-Rudolf-Äpfel. Beim geistigen Austausch von Meinungen zu einem Thema oder einer Frage passiert ähnliches. Einen Meinungsaustausch kann es über ein neues Automodell geben, eine öffentliche Badeanlage oder das Aussehen von einem Einfamilienhaus. Ein Spaziergang an einem schönen, sonnigen und milden Frühlingstag, wie die warmen Tage im Juni genannt werden, führte auf einer Wohnstraße durch eine ruhige Vorstadtsiedlung. Die Einfamilienhäuser, zumeist inmitten einer Grünfläche gelegen, darauf ein paar Sträucher und Obstbäume gepflanzt. Die Häuser unterscheiden sich im Baustil ein wenig, nach dem Äußeren zu urteilen wurden sie in verschiedenen Zeitfolgen gebaut.  Wahrscheinlich wurde von einem Bauern sukzessive Baugrund verkauft, es gibt höchstens etwa drei Häuser in demselben Baustil.

Eine der Spaziergängerinnen stellt an die begleitenden Männern die Frage, „gefällt euch dieses Haus“? Es besticht, dass die Dacheindeckung weit heruntergezogen wurde, auch die Fassade vom ersten Stock ist mit Schiefertafeln verkleidet. Für sie ist das Haus furchtbar, weil sie an der Fassade die dunklen Schiefertafeln stören. Ein Mann äußert sich, für ihn vermittelt das Haus und der Garten einen gepflegten Eindruck. Die Frau ist brüskiert, sie habe danach gefragt, ob er das Haus schön findet? Er bleibt dabei, das Anwesen macht einen gepflegten Eindruck und die Ausführung wird dem damaligen Baustil entsprechen. Der zweite Mann äußert sich, ihm gefällt die Bauweise und der aufgeräumte Eindruck. Der zweiten Frau gefällt der Baustil nicht, es stören sie die Schiefertafeln an der Fassade, der Aussage gepflegter Eindruck stimmt sie zu. Die Meinungen variieren und die Frauen werfen den Männern vor, ihnen immer zu widersprechen.

Materialseilbahn

Die goldenen Jahre für das Heraklithwerk sind vorbei. Von vormals etwa siebenhundert Mitarbeitern sind noch etwa hundert Mitarbeiter in der Fertigung von Holzwolle-Leichtbauplatten »Heradesign« beschäftigt. Das Sirenengeheul bei Schichtwechsel, welches auch in der Politzen zu hören war, ist verklungen. Das Ortsbild von Ferndorf hat sich gewandelt, verschwunden sind zwei industrielle Einrichtungen, der Kran und die Materialseilbahn. Der Kran hat sich auf Schienen über die ganzen Werkshallen bewegt und für den reibungslosen Nachschub an Schleifholz gesorgt. Die Materialseilbahn hat das Heraklithwerk aus Radenthein mit Magnesit versorgt. Vom Rost gezeichnete Stützen der Materialseilbahn habe ich vor kurzem auf der Fahrt nach Döbrich, auf dem Glanz gesehen. Als Volksschulkind habe ich täglich zweimal die Materialseilbahn in Rudersdorf unterquert. Die Seilbahnstützen hatte ich in viel größerer Erinnerung.

Wie er die Unzufriedenheit in der Pension beseitigen konnte, hat ein Neurologe in der „Kleinen Zeitung“ geschildert: „Nach dem Genuss von einigen Jahren Rentnerdasein ist er dankbar, für einige Zeit in seinen Beruf zurückkehren zu können“. Treffend beschreibt er die Fahrt mit dem Auto zu seiner neuen Arbeitsstelle, einer Klinik im Gegendtal. Im morgendlichen Autoverkehr wird er von dem Gefühl überwältigt wieder dazuzugehören. Die Position, dass wir uns über die Arbeit definieren besteht noch immer. Die Forderung nach einem arbeitslosen Erwerbseinkommen ist ein Zukunftsmodell einiger weniger. Die Aussagen der Politiker schwanken zwischen dem Versprechen in Zukunft weniger zu arbeiten und dem Gegenteil. Um unseren Wohlstand zu erhalten, mit den staatlichen Beihilfen und Sozialleistengen müssten wir in Zukunft länger arbeiten.  

Schnellen Zugriff auf die Sozialleistungen haben die Migranten. Arbeitswillige Asylanten beklagen, dass sie bis zur Bewilligung des Asylantrages keine Arbeitserlaubnis bekommen. Beim Herumlungern fühlen sie sich in ihrer Ehre beschädigt.

Heraklithwerk

Sind dies schon Gründe alles schlecht zu reden oder wie gesagt wird, schlecht zusehen? In der besten Konditorei der Draustadt, nach eigenen Angaben, ist der Cappuccino zu zwei Drittel Milchschaum, den Kaffee findet man als Bodensatz in der Kaffeeschale. Zu jeder Tasse Cappuccino gibt es einen Beutel Zucker, früher waren es zwei. Das obligate Kecks oder Bonbon wird weggelassen. Die Welt steht nicht mehr lang, der Untergang hat längst eingesetzt. Mit dem Besuch eines Kaffeehauses verbinde ich die Muse ein wenig in den Tageszeitungen zu lesen, diese Zeit gönne ich mir. Seit der Coronapandemie hat sich dabei das Angebot ausgedünnt, eine ausländische Tageszeitung findet man in der Draustadt nicht mehr.  

Ist dies der Niedergang der Kaffeehauskultur? Auf einer anderen Ebene machen die Möbelhäuser immer mehr Werbung für ein billiges Frühstück in ihren Restaurants. Ein großes guten Morgen Frühstück bekommt man laut Werbung um € 7.90.  Viele Frauen nützen, nachdem Mann und Kind aus dem Haus sind, dies für ein gemeinsamen Frühstück mit Freundinnen. Das Frühstücken den ganzen Tag über Saison hat, zeigt sich auch in der Draustadt, zwei Neueröffnungen in der Gastronomie werben damit, dass man bei ihnen bis um vier Uhr nachmittags frühstücken kann. Ich kann mir als Frühaufsteher nicht vorstellen, dass ich nach zwölf Uhr mittags noch Lust auf ein Frühstück habe. Diese Zeiten wären einstmals optimal für Schichtarbeiter gewesen, wenn sie die Bude, wie die Fabrik genannt wurde, um zwei Uhr Nachmittag verlassen haben. Unter lautem Sirenengeheul haben die Arbeiter von der Frühschicht das Heraklithwerk in Ferndorf verlassen und sind durch das Werkstor in das Freie geströmt. Die Geschäfte und Wirtshäuser welche im Ortszentrum angesiedelt waren, Tabak Trafik, Gemischtwarenladen, Fleischhauerei und Gastwirtschaft haben bei Schichtwechsel an den Werksarbeitern verdient. Es war ähnlich, als ob ein Bus mit Touristen in den Ort gekommen wäre um die Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Für eine halbe Stunde bevölkerten die Schichtarbeiter den Ortskern bis sie mit den Bussen in die Täler zurückgebracht wurden.