schnitzel:jagd l

Wer das erste Mal Venedig besucht wird andere Prioritäten setzen als jemand, der schon einige Male in Venedig war. Es gibt die verschiedensten Gründe für eine Venedigreise. Kommt man mit dem Zug nach Venedig und verlässt den Bahnhof, dann blickt man auf den Canale Grande. Man wundert sich darüber, wie breit und wie stark befahren der Canal ist. Mit Frühlingsbeginn strömen täglich tausende Menschen nach Venedig und alle wollen befördert werden. Dieses Jahr wurden neue Vaprettos  in Betrieb genommen. Sie sind zweifärbig gestrichen, ein dunkleres und ein helleres Grün. Neu sind auch Passagierschiffe mit Elektroantrieb.

Der erste Weg in Venedig führte mich zum Postamt, welches in einer kleinen Seitengasse, in der von mir so bezeichneten Bahnhofsstraße, versteckt ist. Um ein paar Briefmarken zu besorgen muss ich eine Nummer ziehen und mich in der Reihe anstellen. Man kann zwar an allen Ecken und Enden, in jedem der vielen kleinen Geschäfte in der Bahnhofstraße, weiteres bei den mobilen Verkaufsständen, Ansichtskarten erwerben, aber nirgendwo gibt es die Briefmarken dazu. Ich habe Touristen beobachtet, dass sie die ausgesuchten Postkarten wieder hingelegt haben, nachdem sie erfahren haben, dass dazu keine Briefmarken verkauft werden. Briefmarken sind nur bei der Post erhältlich. Der Verkauf von Ansichtskarten ist, wo das Handy bei jeder verzierten Türschnalle für ein Foto gezückt wird,  kein Geschäft mehr, noch weniger der Verkauf von Briefmarken. Die Post gewährt für den Verkauf von Briefmarken drei Prozent Wiederverkaufsrabatt. Es ist von Vorteil, sich mit kleinen Euroscheinen einzudecken. Man erntet nur Kopfschütteln, versucht man einen Betrag von zehn Euro mit einem Hunderteuroschein zu bezahlen. Auch die Kassiererinnen vom Billamarkt weigern sich den Schein anzunehmen. Mit einigen Euromünzen in der Hosentasche hat man einen Triumpf  in der Hand. Ein Euro kostet die Benützung eines öffentlichen WC, und um einem Euro kann man aus einer Fülle von Mitbringsel wählen. Entlang der Hauptgehwege finden sich überraschend in regelmäßigen Abständen die „Ein Euro Shops“.

Zufallstreffer.

kunden:falle ll

Von den Jahreszeiten und Jahresfesten wird man in den verschiedenen Branchen, egal ob Textilbranche, Sport- und Buchhandel,  Blumen- und Schuhgeschäft, angetrieben. Hier spricht man vom Saisongeschäft, man denke an die Eisdielen im Sommer und den Maronibratern im Winter. Bei den zwei Letzteren ist man großen Verkaufsanstrengungen ausgesetzt, hat man nicht ein diametrales Geschäft in einer anderen Jahreszeit. Wie bei einem Hamster, man sitzt im Käfig und wird von den saisonalen Produkten angetrieben, es gibt kein Entrinnen. Privat ist man es oft überdrüssig den Zeilenwechsel mitzumachen, bis zum Überdruss hat man diesen beim Verkauf im Geschäft erlebt. Wer in einem Einkaufszentrum von September bis Dezember arbeitet und täglich sechs Stunden lang Weihnachtslieder hört, will am Weihnachtsabend kein „ Stille Nacht, heilige Nacht“ mehr hören.Diese Dauerberieselung kann eine „Stille Nacht, heilige Nacht Allergie“ auslösen. Mit allen möglichen Folgen, gerade wenn sich die Familie unter dem Christbaum versammelt hat. Bei einer Geburtstagsfeier mit einem Eisdessert als Nachtisch wird es denen ähnlich ergehen, die täglich in der Eisdiele stehen.

Erträglich wird die Arbeit ist eine Saison vorbei, die Artikel verräumt werden.Im Alltag sieht es so aus, dass die Artikel von zwei oder drei Saisonen gleichzeitig präsentiert und verkauft werden. Das mehrdimensionale Saisongeschäft: Halloween, Krampus, Nikolo, Weihnachten und Silvester, alles gleichzeitig. Wer viele verschiedene Speisen gleichzeitig isst, verdirbt sich den Magen. Wir verderben uns mit dem Trend, alle Feste gleichzeitig, das Gemüt.

Stillenachtallergie.

kunden:falle l

Alle Handwerksbetriebe, sei es Spengler, Installateur, Automechaniker oder Konditor, haben im Jahresverlauf eine ganz unterschiedliche Anzahl von Aufträgen zu bewältigen. Der Idealfall wäre, eine gleichmäßige Auslastung das ganze Jahr über, dies ist ein Wunschdenken. Bei einer Anhäufung von Aufträgen kann es für den Chef, den Werkstattmeister und die Bürokraft zu Stresssituationen kommen. Genauso wie für den  Arbeiter vor Ort, auf der Baustelle oder in der Backstube. Oft wird gerade in dieser Zeit zusätzlich jemand krank oder es kommt zu Schwierigkeiten bei der Durchführung der Arbeit. Nicht selten gibt es von Kundenseite massiven Druck, wenn man nicht rechtzeitig vor Ort ist und nicht termingemäß fertig wird. Diese Situationen werden dadurch verschärft, dass man mit dem Handy überall erreichbar ist und dadurch oftmals der Arbeitsfluss gestört wird. Wer nicht ständig erreichbar ist befürchtet, dass er den Einen und den anderen Auftrag versäumen könnte. So schaukeln wir uns gegenseitig hoch und üben gegenseitig Druck aus. Wir wundern uns dann, wenn es zu Leidenszuständen kommt.

Nur am Festnetz und während der Geschäftszeiten war ich bis zu meiner Pensionierung erreichbar. Zur Abstimmung der Termine mit der Frau braucht es jetzt in der Pension ein Handy. Von vornherein bemesse ich die Zeiten für die Aufgaben großzügig ein.

Handyklingelton.

wien:splitter V

Ist man für einen Messebesuch ein paar Tage in Wien, dann kann man abseits der Ausstellung viele Beobachtungen machen. Vorteilhaft ist es, wenn man den beruflichen Aufenthalt verlängern kann, um ziellos durch die Stadt zu flanieren. Richtet man dabei seinen Blick nicht auf die Bauwerke und geht dabei mit nach oben gerichteten Augen durch die Kärntnerstraße und die Mariahilferstraße, sondern richtet man dabei den Blick auf die Menschen in der Fußgängerzone, so lässt sich manches kurioses beobachten.

Kommt man aus der Provinz nach Wien gewinnt man den Eindruck, dass es hier eine Fülle von Behörden, Museen, Theater, Forschungsstätten und anderen Institutionen gibt. Diese öffentlichen Einrichtungen, im Kultur- und Kunstbereich, im Forschungsbereich und auch im sozialen Bereich verschlingen einen großen Teil vom Budget des österreichischen Staates. Ohne diese Geldmittel gäbe es wohl um zwei Drittel weniger öffentliche Institutionen. Auf einer Seite Litfaßsäule klebt ein Plakat, welches zu den Jelinek – Dialogen einlädt, veranstaltet vom Jelinek Forschungszentrum. Elfriede Jelinek ist die österreichische Literaturnobelpreisträgerin des Jahres 2004.

Im Café Griensteidl steht in einer Ecke eine Telefonzelle mit Münzapparat und Telefonhörer, wie es sie früher auf öffentlichen Plätzen gegeben hat. Nach dem Einwerfen der Münzen tippte man die Rufnummer ein und die Telefonverbindung wurde hergestellt. In einem Sichtfeld wurde das vorhandene Guthaben angezeigt. Die älteren Münzapparate hatten eine Wählscheibe und beim Melden des gewünschten Teilnehmers musste man die „Verbindungstaste“ drücken. Jetzt steht vor der öffentlichen Telefonzelle ein Kleiderständer und sie ist nicht mehr zugänglich. Heute hat jeder sein Handy dabei, die Telefonzellen sind überflüssig. Ein Drittel der Cafebesucher unterhält sich nicht mit den Freunden am Cafetisch, sondern über das Handy mit Menschen die weit entfernt sind. Die Touristen schicken ihre Fotos vom Cafesalon um die halbe Welt.

In der Mitte des Cafés sitz ein junges Paar mit einem Kind und dieses isst aus einem Glas mit einem Löffel Nutella.

Nutella pur.

wien:splitter IV

Um in der Stadt seine Kleider zu wechseln, braucht es nicht unbedingt ein Hotelzimmer, dies kann man auch in öffentlichen Gebäuden machen. Meine Beobachtungen beziehen sich nicht auf das Umziehen in einem Schwimmbad oder in einem Fitnesscenter.

Eines der schönen Gebäude in Wien ist das Musikvereinshaus mit dem prunkvollen Konzertsaal, der auch der Aufführungsort für das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker ist. Dieses Konzert wird jährlich von vielen Fernsehstationen in alle Welt übertragen. Kann man einen Wienbesuch mit dem Besuch eines Konzertes im Musikvereinssaal verbinden, Interesse vorausgesetzt, so soll man sich dies nicht entgehen lassen. Die prunkvolle Ausstattung, man möchte sagen kaiserliche Eleganz, schließt auch die Toiletten ein. Überall wacht das Personal auf die Einhaltung der Etikette. So ist man irritiert, wenn man auf der Toilette einen jungen Burschen antrifft, der sich gerade seinen Oberkörper wäscht und seine Sportklamotten gegen Freizeitbekleidung für eine Beiseltour tauscht. Danach wundert man sich nicht mehr darüber, wenn gegenüber vom Hotel Imperial in der Kärntnerstraße, um etwa 23 Uhr im klimatisierten Kundenfoyer der Bank Austria ein junges Paar steht und das Mädchen sich des Tageskleides entledigt und ein „Abendkleid“ überstreift.

Umkleidekabine.