ufer:weg

Am Drauufer vor der Stadt  zu sitzen gehört für mich zu den schönsten Auszeiten im Alltag. Ich kann wählen, ob ich mich auf der Sonnseite oder auf der Schattseite ausruhe. In der Kindheit blickte ich von der Sonnseite, vom Politzner Berg, auf die Drau. Sie war damals ein ganz anderer Fluss als heute. Das Wasser floss mit ganzer Kraft durch das Drautal, rechts und links vom Fluss erstreckten sich die Auwälder, mit ihren Tümpel. In den Sommermonaten waren die Tümpel ausgetrocknet, nach den Regenfällen im Frühjahr und im Herbst reichten sie weit in die landwirtschaftlichen Nutzflächen, den Wiesen und den Getreidefeldern, hinein. Im Frühjahr färbte das Schmelzwasser den Fluss türkisfarbig. Die Anrainer wurden unruhig, wenn nach ausgiebigen Regenfällen die Drau bedrohlich anschwoll und immer mehr angrenzende Felder überflutete. Das Rauschen des Wassers steigerte sich zu einem Orkan. Wollte man sich in der Nähe unterhalten, musste man seine Stimme anheben. Das Wasser verfärbte sich in ein schmutziges braun und dunkelgrau. Kamen Sträucher, Bretter und bäuerliches Werkzeug in den Fluten daher war dies ein böses Vorzeichen. Trieb ein Schaf oder ein Kalb auf den Fluten daher, konnte sich diese zumeist an das Ufer zu retten.

Durch mehrere Staustufen gezähmt, ist heute die Drau ein ruhig dahinfließender Fluss. Einmal praller, einmal blaugrün und nach Gewittern schmutzig braun. Die Gehölze, Möbel und sonstiger Unrat werden bei den jeweiligen Staumauern durch einen Rechen herausgefiltert und entsorgt. Das Schwemm-holz wird am Ufer gelagert und Rentner kommen regelmäßig vorbei um das Holz abzuholen.

Beim stillen Versenken in das monoton fließende Wasser gesellt sich heute der Föhn aus Friaul, der über meine Haut streicht und sie massiert. Unterwegs sind die Frühaufsteher,die Jogger und Läufer, die Pflichtbewussten mit dem Hund und die Radfahrer. Die Kurzstreckenfahrer, sowie die Fernfahrer mit prall gefüllten Gepäckstücken auf jeder Seite des Fahrrades. Der Drau gebe ich einen Gruß für unsere ehemalige Wohnungskatze  „Charly“ mit. Er hat ein neues Zuhause in der Nähe von Lavamünd, mit Freiräumen wie er es  in der Stadt nicht hatte. Dort hat er rund um das Einfamilienhaus einen Garten wo er sich schon als Mäusefänger  bewährt hat.

Jagdfieber.

 

leer:gefegt

Bei den mehrteiligen Fernsehfilmen, wie „Die Dornenvögel“, die man als Straßenfeger bezeichnet hat, waren während der Sendezeit die Straßen und Plätze in den Orten leer, alle saßen vor dem Fernseher. Heute trifft dies noch zu, wenn ein  Abfahrtslauf übertragen wird und die Ehre der österreichischen Nation auf dem Spiel steht oder für die erste Hochrechnung bei einer Nationalratswahl. Die ältere Generation bevölkert am frühen Vormittag und am späten Nachmittag die Stadtzentren, um zwei Semmeln einzukaufen. Als „leer gefegt“ empfindet man den Hauptplatz in der Draustadt während der „toten Zeit“, wenn keine Saison- und Eventzeit ist. Man fällt in ein tiefes, undekoriertes Loch, nachdem die Weihnachtsdekoration, die Faschingsdekoration und zuletzt die Osterdekoration entfernt wurden. Beim Gehen über den Hauptplatz macht einem die Leere ängstlich, andererseits gewinnt der Platz an Größe und Ausstrahlung.

Für die Generation 20+ gibt es die Straßenfeger“ nicht mehr, sie beziehen die aktuellen Informationen vom Handy oder IPod. Das Schlendern über den Hauptplatz ist nicht die erste Wahl, außer es gibt eine Veranstaltung. Ihre Treffpunkte sind die Tankstellen, die Cafés und die Pizzerias in den Einkaufs- und in den Kinozentren. Für sie hat der Platz vor einer Autowaschanlage mehr Anziehungskraft, als eine historische Häuserzeile am Stadtplatz. Um Museen machen sie einen Bogen, weil die meisten Ausstellungsobjekte aus der Zeit vor dem Web 2.0 stammen.

Videofilme.

oster : frieden

Vor dem Blumengeschäft standen die Menschen bis auf den Gehsteig und nur wenn ein Kunde das Geschäft verließ, konnte ein anderer eintreten. Dazu ist zu bemerken, dass es ein kleiner Laden ist, aber mit tollen Blumenkreationen aufwartet, sowie mit einer kompetenten und freundlichen Beratung.  Dieses Anstellen erinnerte mich an meine Anfänge als Papierhändler. Ich begann mit einer Verkaufsfläche von ca. 20 m2, der Platz für die Kunden betrug  gerade 4 m2. Damals ist es auch vorgekommen, dass an stärkeren Verkaufstagen die Leute vor dem Geschäft warten mussten. Ich ging weiter zum nächsten Blumenhändler um die Ecke und die dortige Auswahl an Gartenblumen entsprach meinen Kaufabsichten. Viele Gartenblumen hatten sie in Vasen, Schalen und kleinen Weidenkörben bereits zum Verkauf vorbereitet. Zusätzlich fertige Blumensträuße und Gestecke. Ich wurde bald fündig und reihte mich vor der Kassa ein. Zu den Blumenkörbchen brauchte ich noch einen Blumenstrauß und wendete mich an die Verkäuferin. Ich hatte keinen bestimmten Blumenwunsch und sagte, ich überlasse die Zusammenstellung des Blumenstraußes ihrem Geschmack. Nachdem die Verkäuferin, die sich später als Floristin bezeichnete, einige Blumen in die Hand genommen hatte, meldete sich die Dame hinter mir zu Wort. Sie äußerte sich gegenüber der Verkäuferin, dass die Farben der Blumen auf keinen Fall zusammen passen würden. Diese Farbzusammenstellung sei total unharmonisch. Die Floristin fühlte sich in ihrer Berufsehre gekränkt und konterte, dass sie eine zwanzigjährige Berufserfahrung hätte. Die Dame solle sich in ihre Arbeit nicht einmischen, dies sei ihr in ihrem Verkäuferdasein noch nicht vorgekommen. Es war eindeutig zu bemerken, dass sowohl die Verkäuferin und die Kassiererin, wie auch die wartenden Kunden und Kundinnen unter Stress litten und ungeduldig waren. Die Dame erwiderte, dass sie sehr wohl etwas von Farben verstehen würde, sie sei nämlich Malerin und habe ein Gefühl für Farbzusammenstellungen.

Ich versuchte zwischen den beiden Damen zu vermitteln und bemerkte, dass ein Blumenstrauß es nicht wert ist, dass man sich in die Haare gerät. Noch dazu feiern wir morgen das Osterfest, wo Jesus sagt, der Friede sei mit euch. Gerade in der Osterzeit wird man immer wieder aufgefordert für den Frieden in der Welt zu beten und jeder Friede beginnt im Kleinen. Die anderen Kunden reagierten auf meine Versuche den Streit zu schlichten und den Verweis auf Ostern mit Schmunzeln.

Die beiden Frauen ließen in ihrer Auseinandersetzung nicht ab, bis die Malerin das Blumengeschäft verließ. Die Verkäuferin rief ihr noch nach, dass sie kein Bild von ihr kaufen möchte, da sie sich vorstellen könne, wie sie malen würde. Der Blumenstrauß ist bei der  Empfängerin gut angekommen, auch die farbliche Zusammenstellung. Der Strauß entspreche dem derzeitigen Trend, wo die unterschiedlichsten Farben kombiniert werden.

Osterfriede.

oster:jause

Wer sich am späten  Vormittag des Karsamstags in die Drau Stadt begibt um einige Besorgungen für das Osterwochenende zu  machen, darf sich nicht wundern, dass in fast allen Geschäften viele Kunden sind. Bei den Frequenzbringern, wie Apotheke, Lebensmittelmarkt, Blumenhandlung und Konditorei haben sich die Leute bei der Kassa angestellt um ihre Waren zu bezahlen. Verstärkt wurde diese Situation dadurch, dass in Kärnten und sonst in keinem anderen Bundesland in Österreich, die Geschäfte am Karsamstag ab 14 Uhr geschlossen halten. Damit hat der Karsamstag in Kärnten, von den Geschäftsöffnungszeiten betrachtet denselben Stellenwert wie der 24. Dezember, der Heilige Abend. Dafür gibt es ein Abkommen zwischen Wirtschaft, Arbeiterkammer und katholischer Kirche. Der Grund dafür ist, dass in Kärnten am Nachmittag in den Kirchen und Kapellen die Speisensegnung stattfindet, im Volksmund wird sie Fleischweihe genannt. Diesen Brauch gibt es in Österreich  nur in Kärnten. Dabei werden im „Weih Korb“, es ist zumeist ein geflochtener Einkaufskorb,  Schinken, Haus Würste, Eier, gekochter Speck, Rippalan und Kren hineingegeben und zur Segnung durch den Pfarrer in die Kirche gebracht. Dieser Brauch hat bei den Menschen einen so hohen Stellenwert, dass sich auch die großen Handelskonzerne bereit erklärt haben, die Geschäfte am Ostersamstagnachmittag geschlossen zu halten. So ist es nicht verwunderlich, dass die Hektik in den Geschäften an diesem Vormittag besonders groß war. Dazu legte der neuerliche Wintereinbruch eine Pause ein und der Himmel hatte sich etwas aufgelockert, bevor es in der Nacht auf den Ostersonntag wieder Schnee geben soll.  

In der Apotheke am Oberen Hauptplatz hatte man aus dem Kundenandrang zu schließen den Eindruck, als erreicht die Grippewelle zu diesem Wochenende ihren Höhepunkt. Zudem gibt es die Situation, dass gerade vor den Feiertagen dieses und jenes Medikament zu Ende geht oder jemand in der Familie ist plötzlich erkrankt. Ich versuche Apotheken und Ärztewartezimmer in Grippezeiten zu meiden, weil meinem Gefühl nach herrscht in diesen Räumen ein Luftgemisch aus Viren und Bakterien. Nicht alles Unangenehme ist im Leben vermeidbar.

Im Lebensmittelmarkt zeigte sich ein ähnliches Bild, dort scharrten sich die Leute um die Fleisch- und die Gemüseabteilung  und dem Aufsteller mit den letzten Schokoladeosterhasen und  – Eier. Ein Teil der Kunden war mit Handy und Einkaufswagen unterwegs, es wurden  Termine für die Zeit nach dem Einkauf ausgemacht. Einige holten sich per Telefon Ratschläge, welches Fleisch und Gemüse es für den Ostersonntag sein soll. In Österreich ist gerade eine Verordnung in Kraftgetreten, welche beim Radfahren das Telefonieren mit dem Handy verbietet.  Zum Anderem schafft es die Exekutive nicht, das Handytelefonieren beim Autofahren zu kontrollieren. Manches Mal habe ich das Gefühl, dass dadurch gefährliche Situationen für alle entstehen, wenn während des Abbiegens auf einer Kreuzung oder beim Überholen am Handy telefoniert wird. Vielleicht ringt man sich in Österreich zu einem ähnlichen Gesetz durch wie in Italien, wo das Telefonieren mit dem Handy in Cafés und Restaurant, sowie in Supermärkten verboten ist. Die Strafgelder bei der Überschreitung dieser Vorschriften könnte der österreichische Staat gut brauchen.

In der Konditorei drängeln die Schokoladehasen und -hennen, die verschiedenen Sorten von Oster Pralinen und Schokoladeeier rund um den Eingang und lassen niemanden vorbei, ohne etwas mitzunehmen. So steuerte alles auf Mittag zu und die Kinder erfreuten sich am Bummelzug und dem Ringelspiel, welche das Stadtgartenbauamt liebevoll auf dem Rathausplatz eingepflanzt haben. An diesem Vormittag war alles mit einer dünnen Schneedecke an gezuckert. Dieses Jahr werden die Osterhasen auf Skiern oder auf dem Schlitten unterwegs sein um den Kindern die Geschenke zu bringen, geradeso wie das Christkind. War dies gegen meine Aufgeklärtheit gerichtet, dass mir am Abend des Gründonnerstags bei der Heimfahrt vor der Wohnung ein Hase über den Weg gelaufen ist.

Nicht vergessen, Blumenstrauß.

WIEN:splitter II

Kommt ein Wienbesucher in die Verlegenheit, gleich ob er aus einem Bundesland angereist ist oder einem europäischen Land, eine typische Haltung oder Geste der Wiener zu beschreiben, dann könnte er sagen: „In der U-Bahn auf den Oberschenkeln verschränkte Arme, welche die Handtasche oder den Stadtrucksack festhalten. Die U-Bahn ist ein modernes öffentliches Verkehrsmittel, man kommt mit ihr schnell zu den wichtigsten Zentren und Plätzen der Stadt. Beim genauen Hinschauen gibt es verschiedene Eigenheiten, eine ist das Misstrauen gegenüber dem Sitznachbar. Alle Taschen werden krampfhaft mit beiden Armen festgehalten. Oder ein plötzlicher Platzwechsel, wenn jemand dem Äußeren nach nicht ordentlich aussieht. Immer wieder zu beobachten ist, dass jemand seinen BicMäc mit dem Hund teilt. Ein Problem sind die Gratiszeitungen, die beim Eingang zur U-Bahnstation mitgenommen werden, durchgeblättert werden und im Waggon liegengelassen werden und später  am Boden landen. Man muss in der U-Bahn über einen Zeitungsblätterwald darübersteigen.

Gleich rechts und links vom  Eingang in den Stephansdom befinden sich die Altäre der Heiligen, wo man gegen Bezahlung ein Teelicht vor dem Altar anzündet, umso die Fürbitte zum Heiligen zu verstärken. Wer es bequemer haben will, kann gegen eine Gebühr einen Zettel ausfüllen und darauf seine Bitte schreiben und in einen Korb werfen. Von kirchlicher Stelle wird versichert, dass für alle Bitten im Korb zu einem bestimmten Zeitpunkt, am 8. 12., gebetet wird.

Alles bezahlt.