weihnachts:countdown

Die Meisten sind derzeit ganz auf Weihnachten fixiert. Besorgt blicken wir auf den Kalender, wie die Tage bis zum 24. Dezember weniger werden. Mancherorts spricht man vom Weihnachtscountdown. Dazu gibt es unterschiedliche Ausgangspositionen: Ob man früh darüber nachgedacht hat, wie man die Naheliegenden beschenken will, bereits Ende September alle Geschenke beisammen hatte? Diese wohlweislich in der Wohnung oder im Kellerabteil versteckt hat und jetzt darüber spekuliert, wo genau?

Die Heftigkeit des Weihnachtscountdown hängt auch von der familiären Situation ab. Ob Single, zu Zweit, ob Weihnachten in kleinem Kreis gefeiert wird oder doch lieber das große Familienfest. Andersherum, genügt ein Ort zum Feiern oder wird ein letztes Mal auf die Tube gedrückt, weil an diesem Abend an mehreren Stellen gefeiert wird? Sei es mit den Eltern, den Enkelkindern, mit der Familie seines Partners und dann mit der eigenen Familie, die Variationen sind unendlich. Bei einigen erfordert es der Beruf, dass man früher feiert, am Nachmittag oder auch am Ersten Weihnachtsfeiertag. Nur wenigen wird es vergönnt sein, den Montagnachmittag besinnlich zu verbringen.

Es gibt Bequeme, welche sich den Aufwand für den Heiligen Abend, Wohnung schmücken und Essen vorbereiten, nicht antun wollen. Sie buchen eine Reise um im benachbarten Ausland oder Inland Weihnachten zu feiern. Man trifft dort Gleichgesinnte. Mitunter gibt es Weihnachtsverweigerer, welche sich durch die Gefühle die jetzt an die Oberfläche kommen, bedroht fühlen. Außer in der Beziehung, in der Familie, ist man es nicht gewohnt von anderen Menschen Mitgefühl zu bekommen.  Spricht man von Mitgefühl, neuerdings von Empathie, dann die in der Vorweihnachtszeit auftretende Flut von Spendenaufrufen. Oftmals entledigt man sich des Mitgefühl, indem man etwas spendet. Nicht an jedem Unheil ist man schuld und zuständig. Überall, im Inland und Ausland, gibt es Benachteiligte und Katastrophenopfer. Dabei denkt man menschliche Tragödien, wo Vater oder Mutter verunglückt oder unheilbar krank sind, wer versorgt die Kinder? Durch Feuer ein Wirtschafts- oder Firmengebäude eingeäschert wurden. Nicht immer sind es Migranten, welche unter schwierigen Bedingungen leben müssen.

Ende Oktober gab es in Kärnten ein Hochwasser und einen Sturm mit verheerenden Folgen. Besonders betroffen war das Lesach- Gailtal- und Drautal. Vom Orkan wurden ganze Waldstriche ausgelöscht. Die betroffenen Waldbauern sind in zweierlei Hinsicht geschädigt: Zum einem dauert es Jahrzehnte, bis der Baumbestand wieder nach wächst und zum anderem sind die Holzpreise für einen Festmeter um bis zu einem Drittel eingebrochen. Durch die Sturmschäden wird enorm viel Holz angeboten,  die Holzindustrie drückt den Preis.

Regentropfen

sehn:sucht II

An der Küste von Istrien fallen die Berge aus unterschiedlichen Höhen steil zum Meer ab. Die neuerbauten Autobahnen durchschneiden das Gestein und sind wie eine Felsrinne im freien Fall. Das Ucka Gebirge schützt die Kvarner Bucht vor den Wettereinflüssen aus dem Hinterland und driftet schroff zum Ufer ab. Aus dem Strand ragen größere und kleinere Felsformationen. Die Fundamente für die Häuser und Hotels mussten aus dem Felsen freigesprengt werden. Von Südkärnten kommt man hier nach einer kurzen Autofahrt an und wird mit einem bizarren Gewirr aus kleinen Buchten, gegenüberliegenden Inseln, meist kahl und unbewohnt, belohnt. Verblüffend ist der Blick, die Küste Istriens entlang, auf das Adriatische Meer. Der Horizont, wo sich die Wasseroberfläche zu wölben beginnt, ist mit freiem Auge gut zu erkennen. Kreuzfahrtschiffe, welche im Hafen von Amsterdam oder Genua wie überdimensionierte Wohnanlagen wirken, sehen von Opatija aus den Modellschiffen ähnlich. Sie bewegen sich am Rand der Wasseroberfläche als würden sie auf Schienen fahren, um ein Abstürzen zu verhindern. Frachtschiffe, welche aus dem Hafen von Rijeka auslaufen treiben immer weiter dem offenen Meer zu, sie werden immer kleiner. Zu guter Letzt ragt nur mehr der Schornstein über die Wasseroberfläche, bis auch dieser untergeht.

Die Wellen am Fuße des Lungomare schlagen im Herzrhythmus an das Felsgestein, schon lange bevor diese, über zehn Kilometer lange Promenade angelegt wurde. Der Himmel über der Bucht präsentiert sein schönstes Blau, ein wenig intensiver als das Himmelblau über dem Villacherbecken. Auf einer, einen halben Kilometer langen Baustelle am Lungomare, wird am Vormittag vom 24. Dezember noch fleißig gearbeitet. Das Areal wird mit fünf aufeinanderfolgenden Kränen abgedeckt, es stehen die ersten Kellermauern. Wird hier eine Hotelanlage errichtet?  Aus den Grundmauern ist dies noch nicht ersichtlich. Mit Hilfe von Google findet man bereits die offizielle Webseite der neuen Hotelanlage, ein Familienressort. Versehen mit einem Animationsbild  können  hier schon Buchungen  für einen Aufenthalt ab Juni durchgeführt werden. Die ersten Urlauber werden hier in sechs Monaten einziehen. Im Süden gibt es auf den Baustellen keine wetter bedingte Winterpause.

Tagebuch…

sehn:sucht I

Von den abendländischen Ungläubigen, die den Verlockungen der Werbung nachhecheln, droht das Weihnachtsfest ausgehöhlt zu werden, es ist aber auch vom islamistischen Terror bedroht. Die weihnachtlichen Sendungen wurden mit einem Untertitel, dass sie am 16. Dezember  aufgenommen wurden, gesendet. Produziert vor dem Terroranschlag am Berliner Weihnachtsmarkt.  Alle Aussagen der Zuweihnachtenmüssenwiretwassagenpolitikerreden  zur Befindlichkeit Deutschlands, bezogen sich auf die Zeit vor dem Anschlag. Dabei dreht sich derzeit die Diskussion um die bereits Radikalisierten. Welche Haltung werden jene einnehmen, deren Asylanträge in den nächsten Jahren abgelehnt werden, die keine Arbeit finden und keine Unterstützung mehr bekommen. Welches Echo finden die Fürbitten in der heiligen Messe, für die Flüchtlinge, die Regierenden, wobei doch nur geholfen werden kann, wenn wir helfen. Inzwischen wird man auf der anderen Seite vom Uka Gebirge und von den Karawanken jammern, dass auch dieses Jahr zu Weihnachten kein Schnee liegt. In Opatija sind wir über den Sonnenschein und über Temperaturen um die fünfzehn Grad plus froh. Wo die Weihnachtsstimmung bleibt? An Weihnachtsdekoration gibt es keinen Mangel, auf den Straßenlaternen sind Sterne, Lichterbäume und Kugeln angebracht. Über die Fahrbahn sind Lichterketten gespannt. In einigen Schaufenstern der Cafés und Boutiquen werden Krippen ausgestellt. Dem Weihnachtsmann begegnet man persönlich im Hotel und vor einem Ladeneingang dem Elektronischen.

Auf welche Art und Weise kann man die katholische Weihnachtsbotschaft zu fassen bekommen?  Das Übernatürliche ist für einen Menschen nicht greifbar und nicht zu erklären. Diejenigen, welche eine Erklärung haben, müssen beim Nachfragen eingestehen, dass ihre Erklärungen und Ausblicke in das Jenseits nichts anderes als Vermutungen sind. Jesus beruft sich nicht auf ein irdisches Fundament, ein von Menschenhand geschaffenes Fundament, wie wir es vom  Hausbauen kennen, sondern auf seinen Vater im Himmel. So bleibt beim Jenseitigen alles offen, wie zu Beginn eines Jahres für jeden alles offen ist. Dort die Eile, hier die Muße.

Tagebuch…

speck:seiten II

Das Aufschneiden des Speckes gehört seit meinen Kindheitstagen zum täglichen Ritus. Heute noch wird von mir der Speck händisch, mit einem scharfen Messer, in feine Scheiben geschnitten. Nie würde ich dafür eine elektrische Schneidmaschine benützen. Die Lust am Schnippseln fördert die Essenslust eines gschmackigen Speckes. Der selbstgemachte Speck war auf dem Bauernhof ein fester Bestandteil der täglichen Jause. Bis der Speck am Bauernhof  auf den Teller, auf das Jausnbrettl kam, habe ich als Jugendlicher meinen Teil beigetragen. Nach dem Schlachten eines Schweines, dies geschah nach dem ersten Kälteeinbruch, wurden Teile vom Schwein zum Speckselchen vorbereitet. Die Speckseiten wurden mit einem Gemisch aus Gewürzen und Salz eingepökelt und in dieser Surr mehrere Wochen gelagert.

Am Dachboden des Bauernhauses befand sich eine aus Ziegeln errichtete Selch, deren Abzug an den Hauskamin angeschlossen war. Die Speckseiten und die Hauswürstel wurden in der Selch aufgehängt und die Selch stundenweise eingeheizt. An den Wochenenden überwachte ich das Feuer und gab dabei Obacht, dass sich das herabtropfende Fett nicht am Feuer entzündete. Auf die  Buchenscheite wurden zwei bis drei Kranewittzweige gelegt, das Feuer köchelte in der Selch vor sich hin. Diese Sonntagnachmittage liebte ich, beim Hüten des Feuers konnte ich in Ruhe die Wochenendausgabe der Volkszeitung lesen und vor mich hinträumen. Von Mittag bis zum Einbruch der Dunkelheit. Am Sonntagnachmittag ruhte die schwere Arbeit am Bauernhof und im Dorf. Gab es Mitte Dezember bereits Schnee, herrschte rundum eine zauberhafte Stille. Der Dachboden war nicht beheizt, aber die Selch versprühte ein wenig Wärme. Das Selchen war eine bäuerliche Einstimmung auf das Weihnachtsfest. Ein paar Kränze der Hauswürstel wurden nur vorgeselcht, als grüne Hauswürstl waren sie erst nach dem Erhitzen genießbar. Sie bildeten mit Sauerkraut serviert die Hauptspeise am Heiligen Abend.

Schlittenfahrt

fest:essen II

Zu Weihnachten kann das Schicksal einem robusten Jugendlichen die Freude am Festessens vergällen. Am Bergbauernhof, wo die Delikatessen keinesfalls reichlich gesät sind. Einige Wochen vor dem Weihnachtsfest verursachte mein Bruder einen Verkehrsunfall und wurde dabei unbestimmten Grades verletzt. In den siebziger Jahren waren die Ärzte mit der Diagnose unbestimmten Grades verletzt, schnell bei der Hand. Man diagnostizierte bei ihm eine schwere Gehirnerschütterung und setzte in einem abgedunkelten Zimmer auf Bettruhe. Bei einem Besuch im Krankenhaus, in der Mittagszeit, zeigte er sich mir gegenüber ganz erschrocken. Er erzählte, dass der Pfarrer bei ihm war und ihm die Letzte Ölung verabreicht hätte. Bedeutet dies, dass sein Zustand sehr kritisch sei und er sterben müsste? Ich war selbst verunsichert, beruhigte ihn aber und meinte, dies war wohl ein Routinebesuch des Geistlichen. Er klagte darüber, dass er vieles doppelt sieht, der zugezogene Augenarzt stellte einen Kieferbruch fest. Eine Woche lang wurde dies von den behandelten Ärzten übersehen.

Einen Tag später wurde er auf die Kieferstation nach Klagenfurt verlegt, wo das gebrochene Kiefer chirurgisch versorgt wurde. Mit vielen Schrauben und Drähten im Mund fixiert. Ein paar Tage vor Weihnachten konnte er das Spittal verlassen, aber die nächsten drei Wochen nichts Festes essen. So saß er am Weihnachtsabend und zu den Feiertagen am Esstisch und hat mit traurigem Blick auf die weihnachtlichen Köstlichkeiten geschaut. Er durfte nur Flüssiges und Breiartiges zu sich nehmen. Die einzige Freude die wir ihm bereiten konnten war, dass wir ihm die verschiedensten Sorten von Säften auf den Tisch stellten. So hatte er diesbezüglich viel Abwechslung. Woraus seine breiartige Nahrung, darunter Suppen, genau beschaffen war, kann ich mich im Detail nicht mehr erinnern.

Wie schrecklich müssen jene leiden, die hungern. Wir dürfen in unserem Bemühen, alle Menschen satt zu machen, nicht lockerlassen.

Kletzenbrot