fern:wärme I

Autofahrer, welche auf der Bundesstraße zwischen Arnoldstein und Villach unterwegs sind spüren, dass die Fahrbahn enger wird. Es gibt einzelne Bauabschnitte, wo die Leitungen für den Transport der Fernwärme von der Müllverbrennung Gailitz nach Warmbad Villach verlegt werden. Das Ende dieser Arbeiten ist absehbar. Beim Vorbeifahren ist man überrascht, welche massiven Rohre für die Fernwärme verlegt werden. Auffallend ist die dicke Ummantelung, die Isolierung, welche den Wärmeverlust verhindern soll. Die Länge der Leitung beträgt geschätzte fünfzehn Kilometer. Einer Zeitungsnotiz entnehme ich, dass der Wärmeverlust bei dieser Strecke vierzig Prozent beträgt.Trotz dieses Handikap wird es für die Kelag, den Kärntner Energieversorger, ein Geschäft sein, die Fernwärme in Villach zu verkaufen. Effizienter, als wenn die Abwärme in die Luft geblasen wird. Ein weiterer Grund warum die Fahrbahn, gegenüber den Jahrzehnten vor der Jahrtausendwende, schmäler geworden ist, es wurde ein zweispuriger Fahrradweg entlang der Bundesstraße angelegt. Zusätzlich gibt es zwischen Bundesstraße und Radweg einen breiten Grünstreifen.

Für die Autofahrer, welche jahrzehntelang die Bundesstraße zwischen Arnoldstein und Villach benützt haben, bedeutet dies eine Umstellung ihrer Fahrgewohnheiten. Vor der Errichtung des Radweges war die Fahrbahn in manchen Bereichen vierspurig, auf jeden Fall dreispurig. Man konnte bei Bedarf gefahrlos zu einem Überholvorgang ansetzen. Jetzt bedarf es der ganzen Aufmerksamkeit, dass man nicht über die Mittellinie oder die Randlinie fährt. Kommt es zu einer Begegnung mit einem Lkw, die zumeist am Strich der Mittellinie daherkommen, rückt man aus Respekt mit dem Pkw zum Straßenrand. Erschwerend für die Autofahrer ist, dass trotz des bestehenden Fahrradweges immer noch Radfahrer mit „Rennräder“ auf der Fahrbahn unterwegs sind. Normalerweise ist die Benützung des Fahrradweges vorgeschrieben, die Straßenbenutzung nur erlaubt, wenn es sich um eine Gruppe von Rennfahrern handelt.

Radtraining

mundl:II

In den Wochen vor Silvester haben wir im Geschäft Feuerwerksraketen und Knallkörper verkauft. Nach der Ausstrahlung von Jahreswende, zwei oder drei Tage vor dem Silvester 1977, kam es zu einem überraschenden Nebeneffekt. Bis zu dieser Sendung dümpelte der Verkauf der Feuerwerksartikel vor sich hin. Nach der Sendung wurde das Geschäft gestürmt. Die Szene, wie Mundl seine Silvesterraketen abgefeuert hat, wollten ihm viele gleichtun.

In den nächsten Jahren kamen die Jugoslawen um Petardi, Deutsche Kracher, zu kaufen. Die Einfuhr und der Besitz von Knallkörpern war, in dem damals noch kommunistischen Jugoslawien, streng verboten. Zumeist waren es Gastarbeiter, welche zu Weihnachten nach Hause fuhren und die Petardi im Kofferraum versteckten. Die besten Kunden kauften einen Überkarton zu je fünfzig Packungen. Beliebte Schmugglerware waren auch Kaffee und Waschpulver.

In den achtziger Jahren kam es bei den Besucherströmen im Grenzgebiet Italien- Österreich zu einer Trendwende. Die Jahrzehnte vorher fuhren die Österreicher nach Italien um in den Märkten entlang der Staatsstraße, von Tarvis bis Udine, einzukaufen. Plötzlich entdeckten die Friulaner Kärnten. Zu dieser Zeit gab es zwischen Österreich und Italien noch die Personen- und Warenkontrolle. Um Weihnachten und Silvester kamen viele Bewohner aus dem oberitalienischen Raum nach Kärnten und besuchten die hiesigen Adventmärkte. Andere kamen zum Schifahren auf das  Dreiländereck.

Am Dreiländereckparkplatz steckten wir hinter die Scheibenwischer Flugzettel in italienischer Sprache, wo wir für die Silvesterraketen Werbung machten. Das Abfeuern und der Besitz von Raketen der Klasse II war in Italien verboten. Trotzdem blieben immer mehr Italiener nach dem Skifahren beim Geschäft stehen und deckten sich mit Feuerwerksartikel ein. Dabei legten sie Wert auf Raketen mit einer großen Steighöhe und schönem Bukett. Wer seine Gäste zu Silvester beeindrucken wollte, teilweise wurde in Berghütten gefeiert, tat dies mit einem privaten Feuerwerk. So wurde unser Geschäft bei den südlichen Nachbarn zu einem Geheimtipp für Feuerwerksartikel. Nach dem Beitritt Österreichs zur EU ging das Raketengeschäft zurück. Den Markt für Feuerwerkskörper mussten wir mit neuen Anbietern, wie Baumärkten und Direktverkäufer vor den Einkaufszentren, teilen.

Alles hat seine Zeit.

mundl:I

In einem Alt Wiener Caféhaus sehe ich auf einem Plakat die Ankündigung für ein Theaterstück, Orgien im Gemeindebau.  Dies dürfte ein Volksstück, ein Schwank sein? Als Nichtwiener denke ich an die Fernsehserie, Ein echter Wiener geht nicht unter. In der zweiten Hälfte der 70er Jahre waren die Folgen mit dem Mundl als Hauptdarsteller ein Aufreger, inzwischen hat die TV-Serie Kultstatus erlangt. Bei der Erstausstrahlung habe ich mich über die deftigen Ausdrücke schon ein wenig gewundert. Ob dies daherkam, dass wir in Kärnten zur Provinz zählten und für uns die Wiener die Gscherten oder Goscherten waren? So hat man sich gegenseitig mit Kosenamen verwöhnt. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden die Highlights der Serie öfters wiederholt. Die Folge, Jahreswende, gehört zu den Fixpunkten im österreichischen Silvesterprogramm.

Wie es damals der Fall war wurden die Männer, um den Hausfrauen in der Küche nicht im Wege zu stehen, am Silvestertag zum Friseur oder in ein Gemischtwarengeschäft geschickt. Zumeist gab es eine kleine Besorgung zu erledigen. So konnten die Frauen ungestört mit den Vorbereitungen für das Festessen beginnen. Dies war auch in den Landgemeinden üblich. Während des Vormittags waren in der Stadt und auch im Dorf vor allem Männer unterwegs. Im Friseursalon wurde den Herrn ein Glas Sekt oder ein Schnaps angeboten, es gab einen Grund zu feiern, Jahreswechsel. Auf offener Straße begegnete man seinen besten Freund und ging gemeinsam in eines der Gasthäuser oder zu einer Silvesterpunschhütte und stieß auf das neue Jahr an. Derweil bereitete die gute Seele von einer Ehefrau das Silvestermenü vor. Am späten Nachmittag meldete sich bei den meisten Ehemännern das schlechte Gewissen und mit einer Packung Leuchtraketen steuerte man, leicht schwankend, das Zuhause an. Angeheitert trafen sie in der Wohnung ein und ernteten einen strafenden Blick der Ehefrau. Es erschien nicht nur der Christbaum in einem schiefen Licht, auch der Haussegen geriet in Schieflage.

Bei der Fernsehserie kommt Herr Sackbauer, Mundl, am späten Nachmittag vom Friseur nach Hause, wo schon die ersten geladenen Gäste eintrudeln. Frau Sackbauer weiß nicht was sie zuerst tun soll, sich um den angeheiterten Ehemann kümmern, die Gäste begrüßen oder in der Küche weiter das Menü zubereiten. Zudem gibt es Turbulenzen bei den Kindern und Schwiegerkindern. Dramatisch wird es, als Mundl kurz vor Mitternacht seine Feuerwerkskörper vom Balkon aus abschießt. Diese zertrümmern die Fensterscheibe der gegenüberliegenden Wohnung und explodieren dort im Wohnzimmer. Polizei, Feuerwehr und Seitensprünge, bis das Geläute der Pummerin alle versöhnt.

Goldregen.

schnecken:tempo II

Tagebuchnotizen verlieren kaum an Aktualität, da sie meistens keine Ansage an die Zukunft sind, sondern etwas Erlebtes oder Erdachtes festhalten. Verfeinert um eigene gesponnene Gedanken. Dies wirft die existenzielle Frage auf, ob wir uns vorwärts bewegen?  Vorwärts im Sinne wie wir es oft zu hören bekommen: Die Zeit vergeht so schnell, noch aktueller, alles verändert sich so rasch. Man kann mit den Neuerungen, die uns täglich via dem Medienstrom zugespielt werden, nicht Schritt halten. Nebenbei spotten wir über jene, welche sich darüber beklagen, dass sie nicht mehr mit allen Trends klar kommen. Sich bei den digitalen Neuerungen wie Onlinebanking, Fahrkartenautomaten oder dem Einscannen von Lebensmittel, nicht zurechfienden. In Österreich werden wir in naher Zukunft von den Behörden keinen Brief mehr per Post erhalten. Nicht mehr der Briefträger kommt, sondern alles wird per elektronischen Brief mitgeteilt. Der e-Brief ist das neue Zauberwort, geht es um Neuheiten aus der Digitalen Welt.

Ich erinnere mich an die Löschung meiner Gewerbeberechtigung, dabei wurde ich vom Amtsfräulein darauf aufmerksam gemacht, dass die Löschung der Gewerbe per Email bestätigt wird. Meine antiken Gewerbescheine, Urkunden wie wir sie in den Museen sehen, habe ich wieder mit nach Hause genommen. Nicht vom Papierwolf der Behörde zerreisen lassen. Zuhause habe ich sie in einem Ordner mit vielen anderen Dokumenten, Werbezettel und Fotos, abgelegt. Meine vierzigjährige Kaufmannschaft analog dokumentiert. Trotz meiner digitalen Präsenz bin ich ein nostalgischer Mensch, zwischen Bewahren und Erneuern. Das Technische entwickelt sich über Lichtfaserkabel mit Lichtgeschwindigkeit vorwärts, das Menschliche bewegt sich im Schneckentempo hinterher. Ansonsten hätten wir es schon geschafft, Kriege, Hungersnöte und Ungerechtigkeiten auszumerzen.

Sahelzone