frauen:arbeit

Auf einem Felsen in der Nähe von Villach befindet sich die Wallfahrtskirche Maria Gail, zu deren Füßen der Tennisplatz und der Fußballplatz. Bei meinen Ausfahrten mit dem Fahrrad, von Judendorf über Warmbad nach Tschinowitz, ein Lieblingsplatz für ein kurzes Innehalten. Vor dem Vereinsgebäude des Fußballclubs laden Bänke und Tische zum Sitzen ein. Der ideale Ort um eine Pause einzulegen, einen Blick auf die Bergspitzen der Julischen Alpen zu werfen und die aufkeimenden Gedanken in meinem Notizbuch festzuhalten. Gelegentlich den Traum der vergangenen Nacht zu klären oder auch nur dazusitzen und mich in das Magnetfeld der Wallfahrtskirche ober mir einzuklicken. Im Clubhaus befinden sich die Aufenthalts- und Umkleideräume, sowie die sanitär Räume, die Duschen und die WCs.

Täglich reinigt in aller Früh eine Frau die Vereins- und Sanitärräume und den Vorplatz des Clubgebäudes unentgeltlich. So strahlt dieser Platz, wie viele andere Vereinsanlagen rund um Villach, Sauberkeit aus. Bei den meisten Vereinen herrscht die traditionelle Rollenverteilung. Die Männer kümmern sich um die öffentlichen und die organisatorischen Angelegenheiten, die Ehefrauen oder Witwen um die Sauberhaltung der Anlagen. Ihre Mithilfe wird gewünscht,  wenn es gilt ein Vereinsfest zu organisieren und die Gäste zu bedienen. Dazu kommen noch die Salate vorzubereiten und einen Kuchen zu backen.

In der Wallfahrtskirche ist die Rollenverteilung ähnlich, der Pfarrer tritt in der Öffentlichkeit auf, die Frauen erledigen die Putz Arbeit und sorgen für den Blumenschmuck im Kirchenschiff. Es ist einerlei, ob Sportler- oder Pfarrfest, es braucht die Unterstützung der Frauen.

Ein Stück weiter begegne ich auf dem Feldweg, der die Gail entlang führt, einer Hasenfamilie. Sie zeigt keine Scheu und verschwindet ohne Hast im naheliegenden Acker . Ob es bei ihnen auch die traditionelle Rollenverteilung gibt? Wer wohl bei der Hasenfamilie die Stallarbeiten macht?

Frauenarbeit.

pension:tag

Solange man im Berufsleben integriert ist kann man sich schwer vorstellen, wie man einen Monat ohne Arbeit verbringt.  Man hat Erfahrungen mit den Krankentagen, den freien Wochenenden und mit dem Urlaub. Die Krankentage kann man nicht zu den freien Tagen rechnen, da man zumeist geschwächt durch Fieber oder andere Schmerzen zu Hause im Bett liegt.  Dabei wird nicht nur die akute Krankheit auskuriert,  sondern es kommt die Müdigkeit dazu  und man ist  froh über ein wenig Auszeit. Die Wochenenden und die Urlaubstage sind zumeist mit verschiedenen Aktivitäten, sei es Sport und Unterhaltung, mit Heimwerken oder Verreisen ausgefüllt. In wenigen Fällen geht es dabei um Erholung und Auspannen, eher um Abwechslung. Für die berufstätigen Frauen trifft dies besonders zu, weil von der Hausarbeit manches unerledigt ist und vieles an den Wochenenden erledigt wird. So verfügt man  über arbeitsfreie Tage, aber diese sind zumeist verplant.

Wie stellt sich die Situation  dar, wenn man über freie Monate verfügt, wo die Tage nicht zum Großteil durch Arbeit  bestimmt werden?  Auch die Arbeitszeiten sind nicht mehr vorgegeben.  Steht man im Arbeitsleben fällt es leicht die Frage zu beantworten, was man den ganzen Tag gemacht hat. Beim Aufzählen ergibt dies eine Litanei, obwohl man keinen Wert auf Vollzähligkeit legt.  Meistens wird darüber geklagt, dass man aus Zeitmangel manches nicht erledigen konnte. 

Anders ist die Situation in der Pension  und man wird von Verwandten mit der Frage konfrontiert, wie man den Tag verbringt?  Gibt es eine Tätigkeit, die mit den früheren Aktivitäten vergleichbar ist?  Man erzählt, dass man meistens später aufsteht, länger frühstückt und sich  entschließen muss das Frühstück zu beenden. Es wird die Zeitung aus dem Briefkasten geholt und darin ein wenig gelesen. Gelingt es noch an der Telegymnastik teilzunehmen, dann war es  ein geglückter Vormittag.  Es bleibt Zeit für ein Buch, um dann zu besprechen  was zu  Mittag  gekocht wird.  Vielleicht fehlt dafür  die eine und  andere Zutat und muss vom Supermarkt geholt werden.

Dalli Dalli.  

 

alle:zeit

Nachdem einige Lebensjahrzehnte hinter mir liegen erkenne ich, wie viel Sorgen und Leid die Zeit verursacht. Diese Einsicht habe ich heute, im letzten Drittel des Lebens, zurückblicken war früher kein Thema. Im ersten Drittel des Lebens, die ersten dreißig Jahre, gab es kein  Zeitproblem. Im Vergleich zu heute wurde vieles in der halben Zeit erledigt. Ich orientierte mich an Dingen, die mir Spass gemacht haben und dafür war keine Zeit zu kostbar und es gab keinen ungünstigen Zeitpunkt. Ist es um Unterhaltung gegangen, dann war jede Tages- und Nachtzeit recht. Die Zeit für die dringenden Arbeiten sah ich in der nahen Zukunft, nicht in der Gegenwart.

Den größten Ärger mit der Zeit gab es im zweiten Drittel des Lebens. Dort ging es um  den Erwerb, den Aufbau, ich hatte das Gefühl anderen hinterherzuhinken. Ich dachte an Dinge die ich auf keinen Fall versäumen wollte, dies hat zu Zeitproblemen geführt.  Einige  berufliche und menschliche Wünsche waren in meiner voraussichtlichen Lebenszeit nicht mehr unterzubringen. Für manche Wünsche gab es biologische Grenzen, andere Vorhaben können im Alter rein körperlich nicht mehr durchgeführt werden. Dieser Lebensabschnitt hatte auch seine gesundheitlichen Tücken, dabei konnte ich zuschauen, wie die Zeit den Berg hinab rinnt.

Wo vieles geglückt ist, ist der Moment gekommen, mit der Zeit Frieden zu schließen. Über manches, was ich  erreicht habe staune ich, ich habe nicht mehr damit gerechnet. Heute betrachte ich jeden Tag als Geschenk, der nicht ungenützt verstreichen soll, aber ich will keine Forderungen stellen. Zum bisherigen Erlebten das Eine und das Andere neu dazu fügen. Meine Einstellung zur Zeit hat sich verändert. Ich denke daran, dass sich einige Dinge durch die Zeit selbst erledigen, aber auch von mir verschiedene Handlungen und Entscheidungen verlangt werden. Ich führe keinen Streit mehr mit der Zeit, kein Hadern, einmal hat die Zeit für mich ein Ende.

Alles hat seine Zeit.    

leer:geräumt

Für uns alle spielt die Menge, die Fülle, eine große Rolle. Wir leben in einer „immer weiter und höher“ Gesellschaft.  Die Höhe des Gehalt, die Größe der Wohnung, die Fülle an Waren, wie man sie seit kurzem im Drogeriemarkt Müller im Alpen Adria Einkaufszentrum vorfindet. Die Leute kommen in das Schwärmen und die Augen fangen an zu glänzen, wenn sie von ihrem Besuch im Drogeriemarkt berichten. Man will die Fülle der Wahlmöglichkeiten bei den Drogerieartikeln, bei den Schuhen und bei den Textilien. Der Drang zur großen Auswahl setzt sich bei den Zeitungen und den Fernsehprogrammen fort. In den westlichen und östlichen Weisheitslehren, so die Vermutung, ist die Stille und die Leere ein Vorbild, statt Konsum.

Wie angenehm die Leere ist erlebe ich,  wenn ich in diesen Tagen über den Villacher Hauptplatz spaziere. Noch vor acht Wochen war der Hauptplatz als solcher nicht zu erkennen, überall standen die Punschzelte, die Holzhütten des Weihnachtsmarktes, dazwischen die Würstel- und Glühweinstandln. Eine Kindereisenbahn,der Christbaum, aus allen Ecken leuchteten die Weihnachtssterne und die Lichterketten. Jetzt ist alles weggeräumt und der Platz als solcher zu erkennen und zu genießen. Die Weite des Platzes berührt mich. Sorgenvoll blicke ich auf das Faschingswochenende, wo alles wieder dekoriert und beflaggt wird.

Leergeräumt erlebe ich die Pfarrkirche Völkendorf, nachdem am Tag der Maria Lichtmess die Krippe und die mit Strohsternen geschmückten Christbäume verräumt wurden, um vieles intensiver. Auch in der Wohnung genieße ich es, dass die üppige Weihnachtsdekoration wegräumt wurde. Nach der Fülle an Dekorationsartikel, die oft  die innere Leere überdecken, genieße ich jetzt die Leere.

Wurfschlangen. 

geschäft:gründung II

Der Schritt das Papiergeschäft zu übernehmen und die Entscheidung zur Selbstständigkeit mit zwanzig Jahren erfolgte sehr spontan. Dabei waren einige Fragen offen, wie meine Kündigung in einer Spittaler Damenschuhfabrik. Eine Woche vor meiner Neuübernahme überraschte ich den Personalchef bei seinem morgendlichen Kontrollgang durch die Fertigungshalle damit, dass ich ihm mitteilte, ich werde am Montag nicht mehr zur Arbeit kommen, da ich am Mittwoch mein eigenes Geschäft eröffne. Der Personalchef wurde ungehalten und bestand von Firmenseite darauf, dass ich eine vierzehntägige Kündigungsfrist einhalten müsste. Für mich, als „Absatzschrauber“, müsste zuerst ein Ersatz gefunden und jemand neu eingeschult werden. Ich arbeitete in der Endfertigung am Montageband in Akkord. Jeder Ausfall eines eingeschulten Arbeiters oder Arbeiterin bedeutete einen Rückgang bei den Produktionszahlen. Allein  dadurch, dass manche Lederteile ungenau zugeschnitten waren, ist es zu Verzögerungen bei der Montage gekommen und hat zu gegenseitigen Schuldzuweisungen geführt, weil jeder sein maximales Pensum erreichen wollte. In den siebziger Jahren wurde jeder Schuh „gebraucht“ und war bereits vorbestellt. Ich hielt an meiner Ankündigung fest.

Etwa zehn Minuten später kam der deutsche Betriebsleiter zu mir und machte mich darauf aufmerksam, dass, sollte ich die Kündigungsfrist nicht einhalten, jeder Schuh, der durch meinen spontanen Abgang weniger produziert wird, von meinem Lohn abgezogen wird.

Als ich vor kurzem diese Episode bei Freunden erzählte, berichtete ein Zuhörer von einer ähnlichen Erfahrung. In einer Fabrik von Fernseh- und Radiogeräten ist es bei der Montage zu ähnlichen Szenen gekommen. Es hat soweit geführt, dass sich die Frauen gegenseitig an den Haaren gezogen haben, wenn eine am Montageband zu langsam war.

Solidarität