HOF:lieferant

Noch heute gibt es Firmen, die ihr Firmenpapier und ihre Produkte mit der Aufschrift, „Kaiser- und Königlicher Hoflieferant“, versehen. Viele Jahre war in Österreich jede Erwähnung von kaiserlichen, von monarchistischen Gedankengut verboten. Jetzt sehnt sich mancher nach Ordnung, nach einem Machtwort, nach Symbolen, die länger Bestand haben als eine Frühjahrs- oder Herbstkollektion. In unserer nüchternen Gegenwart flüchten viele in eine Nostalgiewelle. In Kärnten verweist eine Firma die Senf herstellt darauf, dass man Kaiser- und Königlicher Hoflieferant war. Kauft man dieses Produkt, dann hofft man, dass man ein Naturprodukt kauft, ohne chemische Zusätze, die nur die Haltbarkeit verlängern.

Zum Hoflieferanten kann man werden, wenn man spezielle Waren im Sortiment hat. Als „Vielseitiger“ Artikel anbietet, die in den Einkaufszentren ausgelistet wurden, weil die Umschlaghäufigkeit nicht gegeben ist. Da wird jeder Kunde zu einer kaiser- königlichen Person. Selbst kommt man in den Status einer Majestät, der gegenüber Höflichkeit bewahrt wird, wo man aus Tradition vorbeikommt.

Höflichkeitsformeln.

GELI:modell

Es wird oft behauptet, dass ältere Menschen gerne von den früheren Zeiten schwärmen: “Damals war vieles besser”. Das sich in den letzten vierzig Jahren manches verändert hat, spürt man täglich beim Autofahren. In den größeren Städten gibt es am Morgen und am Abend den obligatorischen Stau, die Autofahrer sind zueinander oft rücksichtslos. Die wichtigsten Dinge für das tägliche Leben, wie Lebensmittel, Kleider oder Eisenwaren kaufte man früher beim Gemischtwarenhändler im Ort. Heute muss man in ein Einkaufszentrum oder in einen überdimensionierten Baumarkt fahren um ein paar Bilderhacken zu besorgen. Die große Auswahl bei den Lebensmittel, dabei ist es einerlei ob es sich dabei um Joghurt oder Käse, um Thunfisch oder Marmelade handelt, macht  das Einkaufen nicht leichter. Es schmeckt auch nicht besser, vielleicht war manches früher bei den Lebensmittel natürlicher, trotz der Werbung mit dem Slogan: „Ja natürlich“. Bei der Bekleidung gab es nicht alle Vierteljahr eine neue Mode. Die Kleider und Hosen konnte man  drei Jahre lang tragen. Das Freizeitverhalten der Jugend hat sich geändert. Wurden damals viele Spiele gemeinsam gespielt, so sind durch die elektronischen Spiele am PC und das Internet viele einsam geworden. Die Kinder verständigen sich über das Handy, jeder bleibt in seinem Zimmer. Mit zwei Fernsehprogrammen war man  zufriedener  als heute, wo man aus fünfzig Programmen wählen kann.

Das Nostalgie schon früh einsetzen kann, zeigte sich bei einem Gespräch mit einem dreißigjährigen Mann. Er wollte von mir wissen, ob es noch die Möglichkeit gibt, GELI – Flugzeugmodelle zu bestellen. Dies waren Bastelbögen von allen bekannten Zivil- und Militärflugzeugen, zum Ausschneiden und Zusammenkleben. Es war eine Geduldsarbeit, die mit schönen, maßstabgetreuen Modellen belohnt wurde. Die Bastelbögen erhielt man für wenige Schillinge, von 2,90 bis 24,90. In vielen Wohnzimmern konnte man ein GELI- Flugzeug auf dem Fernseher oder im Wohnzimmerschrank sehen. Er möchte jetzt, in seinen mittleren Jahren, wieder mit GELI Modellen basteln.

Wiedereinsteiger.

SCHWEINE:grippe

Lese ich in älteren Tagebücher, in meinen sogenannten Notizheften, dann komme ich manchmal aus dem Staunen nicht heraus. Dabei genügt es schon, wenn ich ein Jahr zurück blättere. Viele werden meinen dies ist kein nennenswerter Zeitraum, auf keinen Fall ein historischer. Bei einem Besuch eines Meeres Aquarium in Crikvenica  konnten wir zusehen, wie ein Krebs mit seinen Zähnen einen Fisch zerkleinert und gefressen hat. Es gab bei den Fischen eine ungeheure Muster- und Farbenvielfalt, dass wir glauben konnte, sie sind für die Besucher extra mit diesen schillernden Farben bemalt worden. Danach einen Abstecher in den „Konzum“. Unter gleichem Namen „Konsum“ war dies einmal die führende Handelskette in Österreich. Die Geschäftseinrichtung hatte das Ambiente der siebziger Jahre. In der Warenvielfalt herrschte ein Chaos, die Artikel wurden wahrscheinlich gerade dort eingeräumt, wo Platz war. Keine Spur von Warengruppen.

In einem Café blätterten wir nach einer Woche Zeitungsabstinenz in der Süddeutschen Zeitung und stellten fest, dass sich noch immer alles um die Schweinegrippe drehte und Berlusconi von seiner Frau verlassen wird. Bei der Heimreise habe ich meine Lebensgefährtin davor gewarnt, bei der Grenzkontrolle zu husten, ansonsten die Gefahr besteht, dass wir in Quarantäne müssen. In Kroatien gab es die ersten Schweinegrippefälle und in den Nachbarstaaten herrschte „Schweinegrippealarm“. Im vergangenen Winter hatte fast jeder dritte Bekannte eine leichte Form von Schweinegrippe.

Der Nächste bitte.

PAPIER:müll

Von traditionsreichen Firmen, die über Jahrhunderte Bestand haben, kennen wir in Museen die handschriftlich geführten Journale und Geschäftsbücher, wo genaue Aufzeichnungen geführt wurden: Was wem, wann, verkauft wurde und wie bezahlt wurde, ebenso was von wem, wann, eingekauft wurde. Strenger gehandhabt wurden diese Aufzeichnungen bei den  Geldverleiher. In der Schifffahrt wurde in den Bordbüchern jede Fracht und alle Vorkommnisse vermerkt. Irgendwann muss jemand dafür Verständnis aufgebracht haben, dass Geschäftsunterlagen, die Finanzbuchhaltung nicht für immer aufgehoben werden muss. Hätte es damals schon die sieben Jahresfrist gegeben, wären diese Aufzeichnungen nicht mehr vorhanden.  

Dieses Jahr können die Buchhaltungsunterlagen aus dem Jahre 2002 in die Papiermülltonne gegeben werden. Dabei sieht man, dass manche Firma nicht mehr existiert oder das man keinen geschäftlichen Kontakt mehr hat. Solche Veränderungen passieren schon in sieben Jahren, wie vieles wird sich in siebzig Jahren ändern? Hinter diesen Papieren versteckt sich viel Arbeit: Bestellungen, Lieferungen, Auspacken und Einräumen. Viele Verkaufsgespräche mit den Kunden. Jetzt kommt alles in den Müll, auch die Erinnerungen.

Insiderwissen.  

ALTERS:zeit

In den ersten Wochen eines neuen Jahres fällt es mir schwer die aktuelle Jahreszahl zu merken. Heutzutage ist im Rechnungswesen oder beim Kassiervorgang alles automatisiert, das Datum wird von selbst eingefügt. In früheren Zeiten musste ich das Datum händisch eintragen oder am Datumstempel weiterdrehen. Beim Kassieren wurden Paragonzettel geschrieben. Damals habe ich mir nach drei Tagen die Jahreszahl  gemerkt. Der Vorteil dieses Jahr ist, dass es eine runde Zahl ist, ein Zehnerjahr. Wehmütig denke ich  daran, dass  zehn Jahre vergangen sind, seitdem die Jahrtausendwende gefeiert wurde. Sie wurde begleitet von vielen Befürchtungen, was die Datumumstellung bei elektronischen Systemen hervorrufen kann. Einige Experten meinten, dass es zu Ausfällen in der Energieversorgung oder zu Flugzeugabstürzen kommen könnte, weil die Computerprogramme die Jahreszahl 2000 nicht erkennen würden. Sie wären nur bis zum Jahr 1999 programmiert, um dann wieder bei 1900 anzufangen. Zu Silvester habe ich mich geweigert  außer Haus zu gehen. Ich wollte zuhause sein, sollte die Steuerung der Heizung oder die Energieversorgung ausfallen. Meine Zugreise habe ich auf den zweiten Jänner verschoben, da ich befürchtete,  es könnte im Zugsverkehr wegen falsch gesetzter Signale zu Verspätungen oder zu einem Zusammenstoß kommen. Von den weltweiten Katastrophen, das Ende der Welt, ein Weltengericht oder dem  jüngsten Tag,  wie es manche Astrologen prophezeiten, ist nichts eingetreten. Dazu muss ich sagen, dass wir unser Unglück, Wirtschaftskrise, Hungersnot, Kriege und Umweltprobleme selbst schaffen.

In diesem Jahr wird es keine drei Monate dauern, bis ich mir die Jahreszahl merke. Gedanken mache ich mir darüber, ob es sich auszahlt, dass ich mir das Datum vom Tag merke, weil morgen gibt es ein neues Datum. Eine Trägheit, die etwas mit dem Alter zu tun hat.

Altersteilzeit.