PAPIER:müll

Von traditionsreichen Firmen, die über Jahrhunderte Bestand haben, kennen wir in Museen die handschriftlich geführten Journale und Geschäftsbücher, wo genaue Aufzeichnungen geführt wurden: Was wem, wann, verkauft wurde und wie bezahlt wurde, ebenso was von wem, wann, eingekauft wurde. Strenger gehandhabt wurden diese Aufzeichnungen bei den  Geldverleiher. In der Schifffahrt wurde in den Bordbüchern jede Fracht und alle Vorkommnisse vermerkt. Irgendwann muss jemand dafür Verständnis aufgebracht haben, dass Geschäftsunterlagen, die Finanzbuchhaltung nicht für immer aufgehoben werden muss. Hätte es damals schon die sieben Jahresfrist gegeben, wären diese Aufzeichnungen nicht mehr vorhanden.  

Dieses Jahr können die Buchhaltungsunterlagen aus dem Jahre 2002 in die Papiermülltonne gegeben werden. Dabei sieht man, dass manche Firma nicht mehr existiert oder das man keinen geschäftlichen Kontakt mehr hat. Solche Veränderungen passieren schon in sieben Jahren, wie vieles wird sich in siebzig Jahren ändern? Hinter diesen Papieren versteckt sich viel Arbeit: Bestellungen, Lieferungen, Auspacken und Einräumen. Viele Verkaufsgespräche mit den Kunden. Jetzt kommt alles in den Müll, auch die Erinnerungen.

Insiderwissen.  

ALTERS:zeit

In den ersten Wochen eines neuen Jahres fällt es mir schwer die aktuelle Jahreszahl zu merken. Heutzutage ist im Rechnungswesen oder beim Kassiervorgang alles automatisiert, das Datum wird von selbst eingefügt. In früheren Zeiten musste ich das Datum händisch eintragen oder am Datumstempel weiterdrehen. Beim Kassieren wurden Paragonzettel geschrieben. Damals habe ich mir nach drei Tagen die Jahreszahl  gemerkt. Der Vorteil dieses Jahr ist, dass es eine runde Zahl ist, ein Zehnerjahr. Wehmütig denke ich  daran, dass  zehn Jahre vergangen sind, seitdem die Jahrtausendwende gefeiert wurde. Sie wurde begleitet von vielen Befürchtungen, was die Datumumstellung bei elektronischen Systemen hervorrufen kann. Einige Experten meinten, dass es zu Ausfällen in der Energieversorgung oder zu Flugzeugabstürzen kommen könnte, weil die Computerprogramme die Jahreszahl 2000 nicht erkennen würden. Sie wären nur bis zum Jahr 1999 programmiert, um dann wieder bei 1900 anzufangen. Zu Silvester habe ich mich geweigert  außer Haus zu gehen. Ich wollte zuhause sein, sollte die Steuerung der Heizung oder die Energieversorgung ausfallen. Meine Zugreise habe ich auf den zweiten Jänner verschoben, da ich befürchtete,  es könnte im Zugsverkehr wegen falsch gesetzter Signale zu Verspätungen oder zu einem Zusammenstoß kommen. Von den weltweiten Katastrophen, das Ende der Welt, ein Weltengericht oder dem  jüngsten Tag,  wie es manche Astrologen prophezeiten, ist nichts eingetreten. Dazu muss ich sagen, dass wir unser Unglück, Wirtschaftskrise, Hungersnot, Kriege und Umweltprobleme selbst schaffen.

In diesem Jahr wird es keine drei Monate dauern, bis ich mir die Jahreszahl merke. Gedanken mache ich mir darüber, ob es sich auszahlt, dass ich mir das Datum vom Tag merke, weil morgen gibt es ein neues Datum. Eine Trägheit, die etwas mit dem Alter zu tun hat.

Altersteilzeit.

DIE:krise

Noch kann niemand etwas genaues darüber sagen, ob mit dem Jahreswechsel auch das Ende der Wirtschaftskrise gekommen ist, oder ob es nur eine kurze Entspannung gibt. Eine andere Frage ist, ob wir etwas ändern wollen und was wir aus der Krise gelernt haben. Viele hoffen, dass das Wirtschaftsmodell der letzten fünfzig Jahre noch einmal fünfzig Jahre funktionieren wird und erwarten sich neue Spekulationsgewinne. Flüchten bei hohen Seegang alle auf die selbe Seite, dann kann das Boot kippen. Das Herdenverhalten kann die Weltwirtschaft abstürzen lassen. Wachstum lässt sich nicht endlos fortsetzen. Eine Studie belegt, dass jährlich um zwanzig Millionen Autos zu viel erzeugt werden. Trotzdem sind von den Staaten Milliarden von Dollars und Euros für die Stützung der Autoindustrie aufgewendet worden. Der Physiker Isaac Newtons, der auch englischer Schatzmeister war, sagte: „Wissenschaft ist einfach, aber Wirtschaft unberechenbar“.

Ob uns in unseren Breitengraden schon die Krise erreicht hat, bleibt offen. Nach  den Feiertagen kämpfen wir mit dem Übergewicht. Muss man nach den Familienfeiern feststellen, dass man zwei Kilo zugenommen hat, dann bekommen viele von uns eine Krise.

Krisenalarm.

DIE:zeit

Soll man eine Arbeit besonders rasch erledigen, dann gibt es den Spruch: “Die Zeit drängt”. Im Winter hatte man es früher am Bauernhof nicht eilig.  Drängender war es im Sommer, wenn es darum ging, eine Schönwetterperiode für die Heu- oder Getreideernte zu nützen. Gleiches  galt für das  Ausbringen der Saat. Dies brachte es manchmal mit sich, dass man das Mittagessen verkürzte oder auf die Jause verzichtete. So konnte man vor einem heranziehenden Gewitter das Heu in das Trockene bringen. Diese Eile war  nicht  alltäglich und beschränkte sich auf den Sommer. Heute sagt niemand mehr, die Zeit drängt, wir leben in einer beschleunigten Welt und sind selbst oft in Zeitnot. In der selben Zeit soll mehr erledigt und gearbeitet werden, weil wir wollen um vieles mehr besitzen und erleben als frühere Generationen. Da kann es verwundern, wenn man sich weigert ein Buch zu lesen, nur weil man es im Reisegebäck hat. Mir für etwas Zeit nehmen, Musik hören oder Lesen, bedeutet für mich, dafür mindestens  eine Stunde Zeit zu haben. Eine Tageszeitung oder Illustrierte durchzublättern, das Wort durchblättern klingt wie das Durchschleusen von Massen auf einem Fest, ist etwas anderes.

Denke ich an  meine Notizhefte  mit den  Aufzeichnungen aus den letzten dreißig Jahren, dann könnte ich sagen: “Die Zeit drängt”. Bei der Fülle von Notizen wird es mir nicht möglich sein, alles aufzuarbeiten. Ich sehe mein Glück darin, einen Teil  zu  verwenden.

Jahresanfang.

IM:gebirge IV

Im Tal war es in den letzten Tagen sonnig und kalt, der Schnee abweisend und unberührt, nur etwas für das Auge. Diese Landschaft konnte als Vorlage für ein Bühnenbild dienen. Auf dem Brautkleid der Wiesen glitzerten die Schneekristalle. Das Leben hatte sich aus der Flusslandschaft zurückgezogen. Heute hat sich das Wetter geändert, graue Wolken am Himmel, trübes Licht, die Luft ist mild. Ich fahre mit den Langlaufskiern die Ill entlang. Der Schnee ist stumpf und verschluckt die Geräusche. Zwischen den Sträuchern tauchen Hasen und Fasane auf. Von den Bergen weht der Föhn, der Schnee rieselt von den Bäumen. Es ist eine gedämpfte Stimmung, wie an manchen Silvestertagen in der Kindheit. Am frühen Abend ging man über den verschneiten Hof, öffnete die Scheunentür und trat in den dunstigen Viehstall ein, um die Tiere zu versorgen. Der Geruch von Heu und frischer Milch breitete sich im Stall aus. Die Kühe begannen behaglich am Heu zu kauen. Die Zufriedenheit der Kühe übertrug sich auf uns aus. Wir waren mit dem zufrieden was war und was ist. Die Umstände waren eindeutig. Das alte Jahr wird zum neuen Jahr wechseln, kein Ereignis wird das Leben auf diesem Fleck der Erde verändern.

 ALLEN MEINEN LESERINNEN, LESERN, KOMMENTATOREN UND ABONNENTEN EINEN STIMMUNGSVOLLEN JAHRESWECHSEL UND EIN GLÜCKLICHES NEUES JAHR !